Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
Vom Netzwerk:
Große Wunder offenbart wurde. Ich will dem göttlichen Plan folgen, denn gewiss hat dieses Datum eine tiefere Bedeutung. An jenem Tag wird mir der Papst das Diadem aufsetzen und mir den Purpur überreichen.«
    Die Vorstellung, dass die Insignien der Macht von einem Bischof überreicht werden sollten, erschien Wibodus fremdartig. Zwar war es bei den Franken üblich, dass einer der höchsten Kirchenmänner bei der Königskrönung anwesend war, um den Segen zu sprechen; doch die römische Kaiserwürde war von kirchlicher Zustimmung gänzlich unabhängig. Denn schließlich gebot der Kaiser in Konstantinopel als Oberhaupt aller nicaeischen Christen der Kirche, nicht die Kirche ihm. Und eben diese Tatsache bereitete Wibodus Sorgen.
    »Majestät, der Papst mag das Haupt der Nicaeischen Kirche des Westens sein. Aber er ist auch nur ein Untergebener von Kaiser Konstantin. Würde das nicht bedeuten, dass Eure Thronbesteigung der Zustimmung des Oströmischen Reiches bedarf?«
    »Das wäre in der Tat ein höchst unbefriedigender Zustand, nicht wahr, Wibodus?«, sagte Karl lachend und lehnte sich zurück. Er strich sich mit der Hand über den Schnurrbart und sprach weiter: »Ja, das würde mir wirklich nicht zusagen. Darum ist an dem Tag, an dem Ihr in Rom einzieht, Schluss mit dieser Ordnung! Ich werde eine neue Kirche begründen, die Römisch-Lateinische Kirche. Ihr Oberhaupt wird der Papst sein, und dessen Oberhaupt … ich und meine Nachfolger. Es ist schon lange an der Zeit, dass die Kirche des Westens sich aus dem Griff der Griechen befreit, sich von ihren spitzfindigen theologischen Diskussionen, den dekadenten orientalischen Bräuchen und der Kriecherei gegenüber dem angeblich apostelgleichen Kaiser am Bosporus losreißt.«
    »Aber … denkt Ihr, dass die Oströmer das so einfach hinnehmen werden, mein König?«
    »Die Oströmer?« Karl grinste spöttisch. »Die werden sich glücklich schätzen müssen, wenn ihr Reich in drei Jahren überhaupt noch existiert und Konstantinopel nicht zu einer persischen Provinzstadt degradiert worden ist. Nein, Ostrom ist keine Gefahr mehr. Ich habe keinen Zweifel, dass es jetzt bereits verzweifelt um sein Überleben bettelt«, sagte der König und lachte laut.
        
     

32
     
    In der Wüste
Zweihundert Meilen östlich von Jerusalem
     
    Als im Jahr zuvor die Nichte des oströmischen Kaisers mit dem Bruder des Chans der Chasaren vermählt worden war, hatte der Herrscher über das jüdische Steppenvolk nördlich des Pontus Euxinus das zum Anlass für ein ungewöhnliches Freundschaftsgeschenk an Konstantin VI. genommen. Achttausend Reiter waren in der Metropole am Bosporus eingezogen, Krieger in bunten, flatternden Gewändern und mit pelzbesetzten, spitzen Helmen. Nun zeigte sich allerdings, dass diese Männer weitaus mehr waren als nur eine farbenprächtige Ergänzung der Leibgarde des Kaisers der Griechen. Gemeinsam mit den Cataphracten und Arabern griffen sie immer wieder von den Seiten her die fliehenden Perser an, während das Fußvolk der leichten Kohorten unablässig von hinten nachdrängte. Es war, als drücke man auf einen Weinschlauch, sodass der Wein zwangsweise aus der Öffnung strömen musste. Die Perser waren gezwungen, immer weiter ostwärts zu flüchten, und die Römer ließen ihnen keine Ruhe.
    Die Anzeichen dafür, dass die Armee des Shahinshah immer tiefer ins Chaos stürzte und der völligen Auflösung entgegenging, mehrten sich mit jedem Tag. Eine Spur des Todes markierte für die Römer den Weg ihrer Gegner durch das öde Land, Meile um Meile lagen unzählige Leichen im steinigen Wüstensand, Scharen von Geiern saßen auf den Körpern und rissen mit ihren hakenartigen Schnäbeln das Fleisch von den Knochen. Manche der Männer waren verdurstet, aber die Zahl derer, die eindeutig eines gewaltsamen Todes gestorben waren, wurde stetig größer. Es konnte keinen Zweifel geben, dass sie um das wenige Wasser gekämpft und verloren hatten. Die Vermutung lag nahe, dass unter den Persern nun jeder, der noch einen halb gefüllten Wasserschlauch besaß, damit rechnen musste, hinterrücks ermordet zu werden. Das Faustrecht triumphierte über die letzten Reste der Disziplin und ließ das Perserheer in Anarchie versinken. Und immer häufiger lagen auch die sterblichen Überreste von persischen Offizieren am Boden, umgebracht von ihren Soldaten. Von den Indern, Baktriern oder Türken, die man zum Waffendienst für das Sassanidenreich gezwungen hatte.
    Das römische Heer

Weitere Kostenlose Bücher