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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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schließlich hätten sich ja auch seine machthungrigen Gegner, von denen es in jener unruhigen Zeit nicht wenige gab, ihrer bedienen können. Um solches zu verhindern, befahl er, alle Bücher zusammenzutragen, deren Inhalt die Zauberei war. Sie wurden unter strenger Bewachung in der Festung Spalato archiviert, und nur wenigen Befugten war der Einblick gestattet. Später, als das Imperium viele seiner vorübergehend an die Barbaren verlorenen Provinzen wieder zurückgewonnen hatte, wurden auch von dort die Zauberbücher nach Spalato gebracht. So blieb durch die Weisheit des Imperators …«
    Andreas täuschte nur aus Höflichkeit gegenüber dem Abt Interesse vor, langweilte sich aber in Wahrheit furchtbar. Seit den Tagen seiner Kindheit hatte er immer und überall das Lob auf Rufus I. hören müssen, dessen Klugheit, Weitblick und Tapferkeit ständig gepriesen wurden, obwohl das Kaiserhaus selber dieser Verherrlichung eher ablehnend gegenüberstand; persönliche Bescheidenheit und Misstrauen gegenüber allzu enthusiastischen Lobreden zeichneten schon seit jeher alle Scorpii aus.
    Franklin hingegen lauschte fasziniert. »Unglaublich … ich meine, äußerst interessant. Und wie kam es zur Gründung Eures Ordens?«
    »Durch einen Fingerzeig Gottes, und zwar durch eine Offenbarung, die unserem Ordensgründer zuteilwurde«, antwortete der Abt. »Spicarius von Biterrae hat sich oft in die Einsamkeit der Berge zurückgezogen, um zu meditieren. Im Jahre 1326 verbrachte er mehrere Tage auf dem Gipfel dieses Berges und suchte in der Abgeschiedenheit die Nähe des Herrn. Und hier geschah es, dass er in tiefer Selbstversenkung mehrere Visionen erfuhr, wodurch er sich seiner hellseherischen Fähigkeiten bewusst wurde. Ihm wurde offenbart, dass es seine Aufgabe sei, die alten magischen Künste der Heiden in den Dienst des christlichen Glaubens zu stellen. Und so kam er zu der Überzeugung, dass die Magie selber keinesfalls verwerflich oder gar häretisch sein kann, sondern eine Kraft, die Teil von Gottes Schöpfung ist. ›Der Wind treibt auch die Schiffe der Heiden, die Sonne wärmt auch sie, der Regen fällt auch auf ihre Felder und das Feuer gart auch ihre Speisen. Verzichten wir auf Wind und Sonne, auf Wasser und Feuer, nur weil auch Heiden sich ihrer bedienen?‹, sagte er. Mit diesen Gedanken zog er nach Rom und trug Kaiserin Constantia seinen Plan vor, einen Orden zu gründen, in dem alle magisch Begabten Aufnahme finden sollten, um ihre Fähigkeiten erweitern und zum Wohle der Menschen nutzen zu können.«
    »Und die Kaiserin hat einfach zugestimmt?«, fragte Franklin erstaunt.
    »Nein, keineswegs. Aber der heilige Spicarius konnte sie durch seine Prophezeiungen davon überzeugen, dass es sich um ein höchst gottgefälliges Werk handeln würde. Er erhielt die Erlaubnis, den Orden zu gründen und hier ein Kloster zu errichten. Unsere Gemeinschaft war von Beginn an einzigartig, da sie als einziger nicaeischer Orden auch Arianer aufnimmt, ohne von ihnen einen Wechsel des Glaubens zu verlangen. Die gesammelten Schriften zur Zauberkunst wurden hierher überführt, damit wir uns des Wissens der Alten bedienen können. Als Einzigen im Weströmischen Reich ist es uns gestattet, Magie zu praktizieren, und wir sind durch Eid verpflichtet, zum Schutz gegen Missbrauch unsere Fähigkeiten ausschließlich in den Dienst des Imperiums zu stellen. Natürlich geht es dabei hauptsächlich um die Kunst der Prophezeiung, denn sie ist für den Staat ausgesprochen wichtig. Übrigens war der Orden ohne den Segen des Metropoliten von Konstantinopel oder des oströmischen Imperators gegründet worden, denn im Ostreich galt Zauberei als verdammungswürdiger Ausdruck des Heidentums. Erst siebzig Jahre später wurde unsere Gemeinschaft von Kaiser Herakleios offiziell anerkannt.«
    Franklin stutzte. »Wie kam es dazu, dass man in Konstantinopel plötzlich bereit war, einen Orden von Magiern zu akzeptieren?«
    »Es blieb nichts anderes übrig«, antwortete Albericus mit hintergründigem Lächeln. »Die Spicarianer konnten im Jahre 1357 den Angriff der Perser voraussagen, sodass der Osten – allen Vorbehalten gegen die Wahrsagerei zum Trotz – nicht unvorbereitet war, als der Krieg begann. Er dauerte zwar dennoch viele Jahre, aber ohne die Prophezeiung wäre Ostrom gewiss dem persischen Ansturm erlegen. Und kurz nach dem Sieg über die Perser haben wir vor der Erhebung der Anhänger des Häretikers Mahometus gewarnt, sodass auch der Arabische Aufstand

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