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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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gibt nicht viele Frauen, mit denen man so tiefsinnige und faszinierende Gespräche führen kann.« Einhard überlegte einen Moment und fügte dann mit sanfter Resignation hinzu: »Und auch nicht viele Männer.«
    Theodulf lachte. »Oh, Onkel, dir macht die Einsamkeit zu schaffen. Du hättest heiraten sollen, dir fehlt eine Ehefrau.«
    Der Oberkämmerer seufzte unhörbar. Sein Neffe kannte ihn gut, Theodulf hatte einen seiner wenigen wunden Punkte berührt. Sicher, wenn er ein gewöhnlicher Priester geworden wäre, hätte er heiraten können. Die Nicaeische Kirche sah es nicht gerne, aber sie duldete es, wenn niedere Geistliche in den Ehestand traten. Aber er hatte sich für den Eintritt in das für seine Schule berühmte Kloster von Fulda entschieden, um dort das Wissen und die Gelehrsamkeit erlangen zu können, nach denen sein Geist verlangt hatte. Und das Gelübde der Ehelosigkeit, das er als Mönch ablegen musste, war ihm damals als geringer Preis erschienen, wenn sich dafür im Tausch doch ein Universum des Intellekts auftat.
    In meinem Hochmut habe ich doch tatsächlich geglaubt, nur aus Geist zu bestehen, dachte Einhard mit bitterem Spott über sich selbst. Wie dumm war ich doch. Dass Einhard auch einen Körper besitzt, daran habe ich keinen Gedanken verschwendet. Die Folgen habe ich ganz alleine mir zuzuschreiben.
    Er wusste zwar, dass er nun eine Position erreicht hatte, in der er sich eine Konkubine hätte nehmen können, ohne dass sich irgendjemand daran gestört hätte. Doch zu tief saß die klösterliche Erziehung und lenkte noch immer sein Moralempfinden. Und obwohl er sich dessen bewusst war, konnte er nicht dagegen ankämpfen. Die Machtlosigkeit der Vernunft quälte Einhard fast noch mehr als die Jahrzehnte der erzwungenen Enthaltsamkeit.
    »Es gibt einen bestimmten Grund, wieso ich hier bin«, sagte der Oberkämmerer in einem abrupten Wechsel des Themas. »Du hast doch die Männer meiner Leibwache, die meine Ländereien schützen, in der Umgebung angeworben, nicht wahr?«
    Dass sein Onkel das Gespräch so plötzlich in eine andere Richtung gelenkt hatte, wäre für Theodulf normalerweise Anlass für einen spitzen Kommentar gewesen. Doch er bemerkte an Tonfall und Gesichtsausdruck Einhards, dass diese Frage einen sehr ernsten Hintergrund haben musste, daher antwortete er: »Ja, das ist richtig. Die meisten der vierzig Männer, die ich hier habe, stammen aus dieser Gegend.«
    »Ich brauche fünf Soldaten. Sie müssen geschickt sein und sich auch auf der römischen Seite der Grenze auskennen, in Septimanien. Und sie müssen großen Mut besitzen, denn die Aufgabe, die ich ihnen stellen werde, ist nicht nur riskant und schwierig. Sie ist sehr wahrscheinlich sogar eine schwere Sünde.«
        
     

40
     
    Mons Securus
In der Provinz Septimania
     
    Die kürzer werdenden Tage erinnerten daran, dass der Sommer seinen Zenit schon überschritten hatte; doch das schien nur den Kalender zu betreffen. Die Wärme hingegen, die nun schon so lange herrschte, hatte sich um nichts vermindert. Ganz im Gegenteil, es schien fast, als wollte sich der Sommer durch noch gnadenlosere Hitze dem Unvermeidlichen mit aller Macht entgegenstemmen.
    Für Andreas und Franklin wurde unter diesen Umständen die Reise nach Septimanien weitaus beschwerlicher, als es die Durchquerung des Frankenreiches gewesen war. Das wahrlich nicht kühle Rheintal erschien wie ein Eiskeller im Vergleich zu den Provinzen am Mare Internum, die sie auf der Küstenstraße durchreiten mussten. Trotz der Nähe des Meeres, das meist in Sichtweite azurblau im Sonnenlicht glitzerte, nahm sich das Land zwischen Genua und Narbo wie ein Backofen aus. Nachdem sie sich westwärts ins Landesinnere gewandt hatten, war es sogar noch schlimmer geworden.
    In Carcaso waren sie der Straße nach Süden gefolgt, die sie bald darauf in die Ausläufer der Pyrenäen geführt hatte. Hier, im Bergland von Septimanien, verlief die Straße auch nicht mehr so gerade, wie es sonst üblich war. Vielmehr wand sie sich durch schmale Täler, schmiegte sich eng an bewaldete Hänge und schien ein Teil der Landschaft zu werden. Die aufragenden Bergkuppen wurden immer schroffer, viele von ihnen bestanden aus Fels, den Regen und Sonne in zahllosen Jahrhunderten blank gewaschen und gebleicht hatten, spärlich bewachsen von zerrissenen Grasflecken und magerem Buschwerk.
      
    Captain Vincent gefiel die Landschaft überhaupt nicht. Er hätte nicht sagen können, was ihm Unbehagen bereitete;

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