Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
hatte ihn das nicht allzu sehr beunruhigt; zumindest mit dem Erscheinen der Langobarden hatte er sogar fest gerechnet, bedachte man den Hass, den sie für König Karl empfanden. Doch die Ankunft der Legionen hatte ihn vollkommen unvorbereitet getroffen. Er war der festen Überzeugung gewesen, das Heer des Weströmischen Reiches sei im Osten von persischen Panzerreitern niedergetrampelt worden, und nun kehrte es mit Trommeln und Posaunen heim. Kein Zweifel, die Perser mussten geschlagen worden sein. Und welche Unfähigkeit, welches bodenlose Versagen musste ihr Vorgehen bestimmt haben, wenn sie besiegt worden waren, obwohl sie doch jeden nur erdenklichen Vorteil auf ihrer Seite gehabt hatten.
»Und sie kommen gerade zur rechten Zeit, um mir den Tag zu verderben«, knurrte Wibodus.
Die Nacht war hereingebrochen, und da der Mond schon bis auf eine schmale Sichel verschwunden war, herrschte beinahe völlige Finsternis. Doch ruhig war es nicht, im Gegenteil. Beide Heere nutzten die Nacht, um sich für den nächsten Tag zu formieren. Das Klirren der Waffen und Rüstungen, das Stampfen von Abertausenden eisenbeschlagener Soldatenstiefel, das Schnauben der Pferde erfüllte die Ebene, wo die Armeen im Schein von Fackeln zur Schlacht aufmarschierten.
Von den römischen Linien aus war nicht viel von den Bewegungen der Franken zu erkennen, sah man vom Tanz unzähliger unruhig flackernder Lichter in der tiefschwarzen Ferne ab. Doch die meisten Soldaten hatten ohnehin keine Gelegenheit, sich um die Vorbereitungen des Feindes zu sorgen, waren sie doch vollauf damit beschäftigt, die ihnen zugewiesenen Positionen einzunehmen. Einheit um Einheit überquerte den Kanal auf hölzernen Übergängen, die Pioniere in aller Eile gezimmert hatten, damit es nicht zu Stockungen an der engen steinernen Brücke kommen konnte.
Die römischen Kommandeure waren sich bei ihrer Besprechung mit dem Imperator rasch einig geworden: Es war unumgänglich, die Franken anzugreifen, um Rom endlich aus ihrem Würgegriff zu befreien. Die Möglichkeit, sich hinter dem breiten Graben zu verschanzen und auf den Angriff des Feindes zu warten, hatte man nie ernsthaft in Betracht gezogen. Niemand nahm wirklich an, dass der Gegner sich auf das verlustreiche, kaum Erfolg versprechende Wagnis einlassen würde, einen gewaltsamen Übergang zu erzwingen. Eher schon würden die Franken die Belagerung bis in alle Ewigkeit fortsetzen, oder – sollte der erste Herbstregen dem Wassermangel Roms ein Ende setzen – Italia Superior verheeren, um die Legionen hervorzulocken und zur Schlacht zu zwingen. Unter diesen Umständen erschien es klüger, die Entscheidung so bald wie möglich zu suchen, dieser Ansicht war selbst der junge General Marcus Aventinius, der sonst zur Zurückhaltung mahnte, wenn der Ruf nach offensivem Vorgehen zu laut wurde.
Die leichte zahlenmäßige Überlegenheit der Franken bereitete keinem der römischen Befehlshaber ernstliches Kopfzerbrechen. Das eigentlich Problem bestand in der völlig unterschiedlichen Zusammensetzung beider Heere und der Frage, welche Strategie daher angemessen sein mochte. Die Franken führten gut achtunddreißigtausend Mann schwerer Infanterie und etwa siebenundzwanzigtausend Panzerreiter ins Feld, während das Imperium – abgesehen von einer Handvoll leichter ostgotischer Auxiliarkavallerie und einigen langobardischen Reitern – keine berittenen Truppen zur Verfügung hatte. Die römische Streitmacht bestand aus gut einundsechzigtausend Mann Fußvolk, von denen etwas weniger als die Hälfte schwere Kohorten der regulären Legionen waren. Beim Rest handelte es sich um leicht bewaffnete und weniger gedrillte auxiliarii und um Langobarden, die zwar einen guten Ruf als Kämpfer hatten, aber mit den Gefechtsformen der römischen Infanterie wenig vertraut waren. Hinzu kam, dass sie sich eher als Verteidiger denn als Angreifer einen Namen gemacht hatten.
Jeder der Generale wusste um die Folgen, die ein mit Wucht vorgetragener Angriff schwerer Reiterei auf Infanterie im offenen Gelände haben konnte. Man musste dementsprechend schnell vorrücken, den Abstand zum fränkischen Heer rasch verkleinern, damit den Panzerreitern kein Raum blieb, auf dem sie zu einer schwungvollen Attacke hätten ausholen können. Man musste sie vorher packen, im Nahkampf würden sie dann wenig Chancen haben.
Bei der Besprechung hatten sich unter den römischen Kommandeuren zwei Lager gebildet. Das eine, angeführt von Marcus Aventinius,
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