Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
befürwortete einen schnellen, konzentrierten Schlag gegen das fränkische Zentrum. Dort würden sich zweifellos die Panzerreiter befinden, eine andere Formation hatte keinen Sinn. Gelang es, die von ihnen ausgehende Gefahr rasch zu bannen, würde der Rest der Schlacht nichts weiter sein als blutiges Handwerk.
Die andere, größere Gruppe von Offizieren jedoch hatte sich strikt gegen ein solches Vorgehen ausgesprochen. Sie erinnerten an die lange zurückliegende Schlacht bei Cannae, in der die römischen Legionen gleichfalls versucht hatten, mit einem besonders schnellen, harten Stoß das Zentrum des Feindes zu zerbrechen. Damals hatte Rom eine furchtbare Niederlage gegen die karthagische Armee unter Hannibal erlitten, und seither hatte nie wieder ein römisches Heer einen Gewaltstoß dieser Art gewagt.
Der Imperator hatte schließlich auf einen Entschluss gedrängt, und da General Aventinius einsehen musste, dass die Angst vor einem zweiten Cannae übermächtig war, hatte er schließlich einem Kompromiss zugestimmt. Die schweren Kohorten sollten sich auf das fränkische Zentrum konzentrieren, die übrigen Truppen sollten gleichmäßig mit ihnen vorrücken und auf breiter Front die Flanken sichern, um eine Umklammerung wie bei Cannae zu verhindern. Das würde zwar die Attacke merklich verlangsamen, aber sicherlich würde man die Franken dennoch überraschen können, da sie sicher nicht mit einem so frühen Angriff rechneten und ihre Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen haben würden.
Ein wenig abseits der scheinbar chaotischen, in Wahrheit jedoch bis ins kleinste perfekt aufeinander abgestimmten Bewegungen der unter Fackeln marschierenden Kohorten, standen Andreas und Franklin und sahen hinaus in die Nacht, dorthin, wo der Tanz der flackernden Lichter Zeugnis davon ablegte, dass auch die Franken keinesfalls schliefen.
»Unsere Gegner wollen nun wohl auch nicht mehr länger warten«, meinte Andreas leise.
Franklin zuckte mit den Schultern. »War doch vorauszusehen. Klar, wenn ihr euch entschieden hättet, hinter dem Kanal zu bleiben, dann würden die sich auch weiterhin nicht rühren. Ihre mörderische Kavallerie könnten die dann nicht einsetzen, und jeder Versuch, mit der Infanterie durchzubrechen, würde in einem Blutbad enden. Aber es geht ja nicht anders. Es sieht in Rom jetzt schon schlimm genug aus.«
Für eine Weile sagte keiner von beiden etwas.
Dann hustete Andreas kurz, als wollte er seinen Hals reinigen, und fragte ein wenig unsicher: »Franklin, was meinst du? Was haben die Franken vor, welche Strategie werden sie morgen anwenden? Du hast doch die Geschichte ihres Volkes studiert, vielleicht …«
»Keine Chance«, antwortete der Zeitreisende und schüttelte entmutigend den Kopf. »Das da sind nicht die Franken, von denen mir meine Professoren erzählt haben. Die Franken meiner Welt hatten Heere von wenigen Tausend Mann, bunt zusammengewürfelt, uneinheitlich ausgerüstet und schlecht organisiert. Und wenn sie Krieg führten, war das nichts weiter als ein brutales Drauflosschlagen, keine Spur von Strategie. Die Burschen da hinten haben eine eisern gedrillte Armee von über sechzigtausend Mann, und ihre Offiziere beherrschen das komplette Repertoire spätantiker – ich meine, römischer Kriegskunst. Was ich an der Uni über die Franken gelernt habe, ist hier so überflüssig wie ein Kropf.«
Andreas seufzte kurz, blieb aber hartnäckig. »Und dein Apparat, mit dessen Hilfe man im Dunkeln sehen kann? Wir könnten uns unbemerkt anschleichen und beobachten, welche Aufstellung die Franken einnehmen. Das würde uns darüber Aufschluss geben, was sie vorhaben.«
»Tja … prinzipiell eine gute Idee. Aber leider macht uns da die Technik einen Strich durch die Rechnung. Den gleichen Einfall hatte ich vorhin auch, aber ich musste feststellen, dass die phantastischen Vierhundert-Dollar-Batterien meiner Nachtsichtgeräte leer sind, und mein Akku ebenfalls. Da ist ein knallharter Beschwerdebrief an den Hersteller fällig, denke ich.«
Wenn er auch mit diesen Worten wenig anzufangen wusste, so hatte Andreas doch genug verstanden, um zu wissen, dass die Geräte nicht funktionierten. Aber er hatte auch nicht wirklich geglaubt, dass Franklin bei der Besprechung mit den Legionskommandeuren und dem Imperator vor einigen Stunden diese naheliegende Möglichkeit verschwiegen haben könnte. Wieder verfiel Andreas in Schweigen. Er kratzte mit der Fußspitze in der trockenen Erde. Zu viele Gedanken gingen ihm durch
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