Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Preis aufzuhalten.«
Rufus starrte ratlos auf die zwei bunten Steine und dachte angestrengt nach. Die Lage, dessen war er sich bewusst, war verzweifelt. Er griff nach einem silbernen Glöckchen und läutete. Kaum dass der helle Ton verklungen war, öffnete sich die Tür und Marcus Aventinius kam herein.
»Ihr wünscht, Imperator?«
»Centurio, lasst Flaggensignale setzen, dass ich die Legionskommandeure auf das Flaggschiff beordere. Es ist ungemein wichtig, sie sollen sich beeilen!«
Marcus kannte seinen Herrn lange genug, um den Ernst der Situation an Mimik und Tonfall zu erkennen. Er salutierte knapp und entfernte sich schnell, um dem Befehl nachzukommen.
»Das ist die Lage, gentilii«, schloss Rufus seine kurze, aber aufrüttelnde Schilderung ab. »Das Ostreich ist der gefährlichsten Bedrohung seit dem Krieg mit Chrosoes ausgeliefert, seitdem war es nie in größerer Gefahr. Was können wir tun? Ich erbitte Eure Vorschläge.«
Um den Kartentisch herum standen jetzt die Befehlshaber der Legionen mit ihren Stellvertretern, links und rechts von Rufus befanden sich die Generale Victor und Siegericus. Der Kontrast zwischen den schimmernd vergoldeten und mit Siegessymbolen verzierten Brustpanzern und den sorgenvoll verdüsterten Gesichtern hätte nicht größer sein können. Allen war klar, dass das oströmische Heer die Perser niemals einzuholen imstande war, bevor diese Ägypten erreichten, selbst wenn der gigantische Heerwurm der Feinde nur langsam vorwärtskroch. Gab es überhaupt eine Möglichkeit, das Oströmische Reich zu retten?
»Warum hat Konstantin sich überhaupt nach Süden gewandt?«, fragte Gerharderic, Kommandeur der III. Legion grimmig. »In Persien selbst können ja nicht viele Soldaten zurückgeblieben sein, wenn Meh-Adhar mit zweihundertfünfzigtausend Mann unterwegs ist. Hätte der Imperator Orientalis nicht Armenien durchqueren und von Norden her im Perserreich einfallen können?«
»Und was dann?«, erwiderte Victor. »Die Perser hätten mit Sicherheit überhaupt nicht daran gedacht, sich deswegen zurückzuziehen. Sie hätten Ägypten trotzdem erobert, und Konstantin hätte umkehren müssen, sobald die ersten Aufstände in Konstantinopel ausgebrochen wären.«
Siegericus ergriff einen lila Stein. »Wenn die Perser erst mal in Ägypten sind, ist alles verloren, von dort kann man sie nicht mehr vertreiben. Den einzigen Zugang über Land, bei Pelusium, können sie mit ihrer gewaltigen Streitmacht problemlos sperren und verteidigen. Und eine Landung von See wäre unsinnig, eine Armee von nennenswerter Größe wäre im Leben nicht imstande, das sumpfige Nildelta zu durchqueren. Wir haben nur eine Wahl: den Feind, ehe er sein Ziel erreicht, zu stellen, um ihn aufzuhalten, bis die Armee der Griechen eintrifft!«
Er stellte den Stein auf die Landkarte, an die Küste des Themas Phoenice. »Ich schlage vor, dass wir Kurs auf Tripolis nehmen und dort an Land gehen. Je eher wir uns den Persern in den Weg stellen, desto besser. Diese Orientalen mögen fast fünfmal so viele Männer ins Feld führen wie wir, aber wir sind Römer! Lasst es uns so machen!«
Beifälliges Murmeln kam von allen um den Tisch Versammelten, und Rufus Scorpio wollte dem Vorhaben des Generals gerade zustimmen, als sein Blick durch Zufall auf seinen Adjutanten Aventinius traf, der abseits der hohen Offiziere stand und das Gesicht verzog.
»Ihr scheint den Gedanken des Generals Siegericus nicht beizupflichten, Centurio?«, sagte der Kaiser, und ein leichter, aber nicht unfreundlicher Spott lag in seiner Stimme.
Er war nicht wenig überrascht, als Marcus in allem Ernst antwortete: »Mit Verlaub, Imperator – ich denke, dieser Plan wäre ein Fehler.«
Jetzt richteten sich alle Augen auf den Centurio, viele der Offiziere grinsten oder machten halblaute hämische Bemerkungen über den Hundertschaftsführer ohne jede Truppenerfahrung, der sich offenbar für klüger hielt als die Generale des Imperiums. Dass er so plötzlich im Mittelpunkt der wenig schmeichelhaften Aufmerksamkeit stand, beunruhigte Marcus Aventinius sichtbar. Als der Kaiser ihn aufforderte, vorzutreten und seine Kritik zu begründen, zögerte er einen Augenblick. Dann aber nahm er allen Mut zusammen und kam an den Tisch.
»Also, Centurio?«, sagte Rufus. »Was bringt Euch dazu, den Plan des Generals Siegericus in Zweifel zu ziehen?«
»Verzeiht, wenn es unverschämt klingt, Imperator«, antwortete Aventinius vorsichtig, »aber es ist der gesunde
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