Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
er ahnte, dass es wichtig sein musste: Er sagte, dass ein Großteil der Scara aus Trevera abgezogen worden sei und nun völlig abgeschirmt ihren Dienst in Aachen versehe.
Aachen also. Wieder dieser Ort, von dessen Existenz Andreas bis zu seiner Ankunft in Trevera noch nicht einmal gewusst hatte. Die Straße nach Aachen war gesperrt, bewacht von Männern der Scara, von denen nicht nur einige dort waren, sondern viele. Und sie hatten dafür zu sorgen, dass kein Unbefugter das Gebiet betrat. Was gab es dort, das so geheim war, dass es von Hunderten Soldaten bewacht werden musste? Andreas wusste es noch nicht, aber er würde es herausfinden.
Als er nach neun Tagen, in denen seine Geduld und sein Geldbeutel stark beansprucht worden waren, abends erschöpft im Bett lag, ließ er sich noch einmal durch den Kopf gehen, was er bislang in Erfahrung gebracht hatte. Er griff nach Stift und Papier und notierte:
I. Was geschieht in Aachen?
II. Wozu die Verstärkung des Heeres?
III. Welche Rolle spielt Einhard?
Er überlegte kurz, dann fügte er noch hinzu:
IIII. Wer ist Aethelred?
V. Warum ist Wein in Rom so teuer geworden?
Dann legte er das Blatt beiseite, löschte das Talglicht und schlief sofort ein.
6
Mare Internum
Vor der Ostspitze Cretas
Rufus Scorpio stand am Bug der Roma Aeterna und ließ den Blick über das Meer schweifen, auf dessen Oberfläche die Morgensonne ruhelos glitzerte. Um ihn herum folgten Hunderte von Galeeren und dickbäuchigen Frachtschiffen dem Kurs des Flaggschiffs und trugen die neun Legionen ihrem Ziel entgegen. Der Imperator erinnerte sich an den Aufwand, den dieses Unternehmen erfordert hatte. Von dem Tag an, als die ersten Meldungen über persische Truppenbewegungen aus Konstantinopel eintrafen, waren in allen Häfen des westlichen Mare Internum sämtliche geeigneten Schiffe beschlagnahmt worden. Bei den Reedern hatte das erheblichen Unmut verursacht, der sich trotz der angemessenen Entschädigungen nicht völlig gelegt hatte. Ausgenommen von diesen Maßnahmen waren nur die Getreidetransporter, die den Weizen aus Africa heranbrachten, um das stets hungrige Rom und die übrigen Städte Italiens zu versorgen.
Doch die frühzeitig begonnenen Vorbereitungen hatten sich ausgezahlt. Die Einschiffung der Legionen und die Vereinigung der einzelnen Schiffsverbände vor Syracusae waren reibungslos abgelaufen, ganz in der Tradition römischen Organisationstalents. Jetzt lief die gewaltige Flotte auf das östliche Ende der Insel Creta zu, und die Navigatoren bereiteten sich schon darauf vor, auf Nordkurs zu gehen.
»Salve, Imperator!«
Rufus drehte sich um. Es war sein Adjutant, der junge Marcus Aventinius. Er war noch ein wenig blass, aber die leicht grünliche Gesichtsfarbe der letzten Tage war nun verschwunden. Es war offensichtlich, dass Marcus gut daran getan hatte, sich nicht für eine Karriere bei der Flotte zu entscheiden.
»Salve, Centurio. Wie ich sehe, geht es Euch besser. Dann werde ich ja wenigstens einen Offizier haben, der nicht seekrank ist, wenn wir Trapezus erreichen.«
Pflichtschuldig quittierte Marcus den Scherz des Kaisers mit einem verkniffenen Lächeln, und Rufus wechselte taktvoll das Thema.
»Was sagt der Admiral, wie lange wird die Reise noch dauern?«
»Er ist zuversichtlich, Imperator, dass wir in wenigen Tagen im Hafen von Trapezus an Land gehen können. Die Fahrt durch die Meerenge des Bosporus soll nicht ohne Tücken sein, aber er meint, die Winde stünden ausgesprochen günstig.«
Rufus Scorpio nickte zufrieden. Alles lief wie geplant, ja fast noch besser. Ihn beschlich ein unbestimmtes Gefühl, dass diese Perfektion ihr unerwartetes Ende finden könnte mit einem unvorhergesehenen Ereignis, weil das Schicksal ein weiteres Mal sein uraltes grausames Spiel mit den Menschen trieb.
»Schiff voraus!«, rief der Ausguck hoch oben auf dem Mast und riss Rufus aus seinen Gedanken. Er ließ sich von Marcus einen Accederus reichen und spähte durch die Linsen. Schnell hatte er das gemeldete Schiff gefunden, obgleich es eher als Boot hätte bezeichnet werden müssen. Es kreuzte mit einem ungewöhnlich gesetzten Dreieckssegel kühn gegen den Wind, der besonders schlanke Rumpf durchschnitt schnell die Wellen. Überrascht stellte Rufus fest, dass es sich um ein Kurierboot der oströmischen Flotte handeln musste, denn das Segel trug unübersehbar groß das
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