Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
bringen, in der er sich zur Kapitulation gezwungen sieht. So schonte man die eigenen Truppen, denn ein Sieg, der mit hohen eigenen Verlusten erkauft wird, war nach Meh-Adhars Ansicht nichts weiter als eine verzögerte Niederlage, die sich bei der nächsten Schlacht bemerkbar machte, wenn die fehlenden Männer den Unterschied zwischen Triumph und Desaster ausmachen konnten. Der Offizier, der die Attacke der Reiterei gegen die oströmische Infanterie befohlen hatte, war inzwischen degradiert worden. Der Sieg konnte nicht als Rechtfertigung für sein grobes Fehlverhalten dienen. Er hatte im Frühnebel nicht erkennen können, was ihm an gegnerischen Kräften gegenüberstand, und trotzdem sofort die Eisenmänner angreifen lassen. Hätten die Oströmer mehr Bogenschützen gehabt, wäre der Angriff der schweren Kavallerie unter großen Verlusten zusammengebrochen, die zurückflutenden Reiter hätten das eigene Fußvolk niedergeritten. Der General war unerbittlich; derartige Beispiele gefährlichen Draufgängertums sollten gar nicht erst Schule machen.
Bahram, sein Stellvertreter, ritt neben seinem Herrn und schüttelte beim Anblick der Toten immer wieder den Kopf.
»Unglaublich, welcher Leichtsinn! Die Römer waren fast so stark wie Mazdaks Vorhut, wie konnte er nur blind angreifen? Es war reines Glück, dass sie ihn nicht mit einem Pfeilhagel empfangen konnten.«
»Ihr sagt es, Bahram. Mazdak hat seine Bestrafung verdient. Aber was mich wirklich beunruhigt, ist die Frage, wie viele meiner Offiziere ähnlich handeln würden, sobald sich ihnen eine Gelegenheit böte. Die meisten dieser Adligen haben ihre Kommandos nur ihrer Herkunft wegen vom Shahinshah, Ahuramazda segne ihn, bekommen. Kaum einer von ihnen hat militärische Erfahrungen, aber alle brennen darauf, sich durch aufsehenerregende Taten Ruhm zu erwerben. Eine gefährliche Mischung.«
Der General brachte sein Pferd zum Stehen neben einer Gruppe baktrischer Speerträger in langen, gemusterten Mänteln, die gerade den kostbar gearbeiteten Brustpanzer von einer Leiche zerrten. Die Soldaten erkannten ihren Feldherrn sofort, denn er trug seine in der ganzen Armee bekannte Kleidung: ein schlichtes Kettenhemd zu weiten Reithosen aus grobem braunen Tuch und weiche Lederstiefel nach Art der Steppenvölker. Um seinen Kopf hatte er ein weißes Tuch gebunden, das über Schultern und Nacken fiel; nur selten sah man ihn mit Helm. Sein ganzes Erscheinungsbild war das eines einfachen parthischen Spähers, nur das juwelenbesetzte Prunkschwert, ein Geschenk des Shahinshah nach dem Sieg über den Radsha von Mansura, verriet den hohen Rang.
Beim Erscheinen Meh-Adhars ließen die Soldaten umgehend von dem Toten ab und senkten respektvoll die Köpfe vor ihrem Befehlshaber. Der zeigte auf den Anführer der Gruppe und befahl: »Du! Komm her und sag mir, was ihr dort tut!«
Der Baktrier trat vor und antwortete: »Exzellenz, wir haben die Leiche des griechischen strategos gefunden, und da der Elende für seinen Besitz keine Verwendung mehr hat …«
Mit vor Zorn rot anlaufendem Gesicht schrie der General den Unteroffizier an: »Was fällt euch ein! Dafür werdet ihr bestraft! Wache, nehmt diese Verabscheuungswürdigen mit und lasst sie auspeitschen!«
Die von Kopf bis Fuß in Kettenpanzer gekleideten Lanzenreiter, die Meh-Adhar und Bahram in einiger Entfernung gefolgt waren, kamen auf den Ruf des Generals herangaloppiert und umringten die überraschten Baktrier, aus deren Gesichtern jede Farbe verschwunden war. Mit den Spitzen ihrer Lanzen trieben sie die Plünderer fort, während Meh-Adhar, immer noch mit Wut in der Stimme, zu seinem Stellvertreter sagte: »Es ist unerhört! Der oströmische Strategos war ein tapferer Mann, er hat es nicht verdient, dass seine sterblichen Überreste von solchen Kreaturen entehrt werden. Sorgt dafür, dass sein Körper nach Berytus gebracht und dort den Griechen übergeben wird.«
Bahram rief einige Soldaten herbei, die den Vorgang aus sicherer Entfernung beobachtet hatten, und richtete ihnen die Befehle des Generals aus. Dann ritten er und Meh-Adhar weiter, um die Inspektion der Truppen fortzusetzen.
Der General wollte sich ein Bild davon machen, wie die Stimmung bei den Soldaten war, denn es hatte einigen Unmut gegeben, als er an Tripolis vorübergezogen war, ohne die reiche Hafenstadt anzugreifen. Viele im Heer fühlten sich um die sichere Beute gebracht.
Das war Meh-Adhar allerdings egal. Er würde sämtliche Städte, die auf seinem Weg lagen,
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