Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
bemerkt. Dieser genoss es offenbar, den Mönch in dieser Lage zu sehen, und Einhard, der sich langsam wieder fasste und zu seiner gewohnten Art des präzisen Denkens zurückfand, konnte sich leicht zusammenreimen, was geschehen war:
Während ich in Aachen war, hat dieser Totschläger den König zu diesem Vorgehen veranlasst. Ja, so wird es gewesen sein. Mein Vorschlag sah nur vor, den Arianismus zur Häresie zu erklären, diese Untaten tragen die Handschrift Wibodus’. Er will dem König bringen, was ich noch nicht bieten kann, nämlich greifbare Ergebnisse, die Karl ansprechen. Damit will er seine Position stärken, um seine Version der Vollstreckung des Wahren Willens durchsetzen zu können!
»Oberkämmerer Einhard«, fuhr Karl mit seiner hohen Stimme, die so gar nicht zu seiner mächtigen Gestalt passen wollte, fort, »ihr als Nicaeer wisst, dass die Arianer elende Gottesleugner sind und schon längst verdient hätten, was ihnen nun widerfährt. Diese Verfluchten lernen die Gerechtigkeit des Volkes kennen!«
Des Abschaums, dachte Einhard, aber Karl sprach schon weiter.
»Da Euer erster Plan zur Verwirklichung des Wahren Willens bislang keine sichtbaren Fortschritte erkennen lässt, habe ich beschlossen, den zweiten Plan mit allem Nachdruck zu verfolgen.«
Er bedeutete Wibodus, dass er nun an der Reihe war zu reden, und der General sagte: »Majestät, alles läuft zur größten Zufriedenheit. Wenn Ihr erlaubt …«
Er ging zur gegenüberliegenden Wand, wo eine große Karte der Welt kunstfertig auf den weißen Putz gemalt war, und begann, die Vorgänge zu erklären.
»Unser Verbündeter, der Shahinshah Hormuzan, hat gemäß unserer Vereinbarung vor drei Wochen die Oströmer angegriffen. General Meh-Adhar, der große Bezwinger der Türken, hat einen vortrefflichen Feldzugsplan ausgearbeitet. Nach den letzten Berichten erwartete die oströmische Armee den persischen Angriff in Armenien. Doch wenn alles ablief, wie es vorgesehen war, hat Meh-Adhar sie getäuscht und sollte schon auf dem Weg nach Ägypten sein.«
»Sehr gut!«, sagte Karl. »Und was ist mit den Weströmern?«
»Wie Ihr wisst, hatten sie sich lange auf den Beginn des Krieges vorbereitet. Ihr Heer ist nun fast vollzählig auf dem Weg in den Osten. Vielleicht haben sie inzwischen erfahren, dass sie einer Täuschung erlegen sind. Aber das ist nicht von Bedeutung, ihr Schicksal ist besiegelt. Sie haben das Westreich verlassen und werden vernichtet. Das wird zweifellos bald der Fall sein, denn weder getrennt noch vereint können die römischen Heere der gewaltigen Übermacht Persiens in der Schlacht standhalten, sie werden verbluten. Der Weg ist frei, den Wahren Willen des Herrn zu erfüllen, Majestät.«
Der König nickte dem General wohlwollend zu. »Das höre ich gerne. Und die jüngsten Ereignisse werden im Imperium gewiss rasch für Unruhe sorgen. Die Arianer werden fordern, dass zum Schutze ihrer häretischen Freunde in meinem Reich eingeschritten werden soll, die Nicaeer werden es ablehnen. Es wird zum Bruch zwischen ihnen kommen, alte Wunden und Feindschaften werden wieder ans Tageslicht treten und das Imperium spalten. Und wenn es erst innerlich zerrissen ist … wer könnte mich noch aufhalten?«
Einhard hörte sich das alles blass und stumm an. Er überlegte fieberhaft, was er tun könnte. Es gab nur eine Möglichkeit zu verhindern, dass Wibodus waffenklirrend im Imperium einfallen und alles vernichten würde, was ihm unter die Augen kam: Der erste, ursprüngliche Plan musste erfolgreich sein.
Er wandte sich an den König. »Majestät, es ist wahrlich klug, die Vorbereitungen zum Krieg nicht zu vernachlässigen. Aber ich möchte Euch bitten, mich dennoch meinen ersten Plan weiterverfolgen zu lassen. Ich werde mich umgehend nach Aachen begeben, um dort endlich den Mann zu finden, den wir suchen. Werdet Ihr mir diese Gnade erweisen?«
»Aber mein geschätzter Einhard!«, sagte der König lebhaft. »Ich hatte doch nie die Absicht, Euer Vorhaben abzubrechen. Ganz im Gegenteil, seid meiner vollen Unterstützung gewiss. Geht unbesorgt nach Aachen, und berichtet mir bei Eurer Rückkehr von den Fortschritten, die Eure dragonarii machen.«
Der Umschwung in der Haltung des Königs kam Einhard zu plötzlich, um aufrichtig zu sein. Er hatte einen der Gewissheit nahen Verdacht, dass sowohl Karl als auch Wibodus nicht unglücklich waren, ihn fern von Trier zu wissen. Aber er hatte keine Wahl, er musste in Aachen sein, um die Befragungen
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