Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
etwas anderem.
Aethelred!, dachte er. Je mehr ich über dich erfahre, desto weniger weiß ich. Du bist also aus dem Nichts hier aufgetaucht, hast dir erst mal ein Pferd kaufen müssen und mit diesen seltsamen Münzen bezahlt … Wie bist du überhaupt hierher gekommen? Mit derselben Zauberkraft, mit der du diesen Metallkegel in die Höhle gebracht hast? Aber wenn du so mächtig bist, wozu brauchst du dann überhaupt ein Pferd? Sieh dich vor, Angelsachse, oder was immer du bist! Ich bin dir auf den Fersen!
Als der Franke eine kurze Pause machte, fragte Andreas ihn beiläufig, ob es in der Umgebung Höhlen in den Bergen gäbe.
Der Wirt wurde bei der Antwort ein wenig bleich. »Gewiss doch. Gar nicht weit vom Dorf gibt es eine Grotte. Aber dort war seit Ewigkeiten niemand mehr.«
»Warum nicht? Ist es gefährlich?«
»Dort wohnt tief im Berg der Riese Kakus! Er belegt jeden, der seiner Heimstatt zu nahe kommt, mit einem tödlichen, grausamen Fluch. Christus selber könnte mich nicht dazu bringen, dorthin zu gehen!«
Andreas wusste es besser, behielt aber seine Weisheit für sich. Es ging in der Grotte in der Tat nicht mit rechten Dingen zu, aber ein Riese war das, was er dort gesehen hatte, mit Sicherheit nicht.
Nochmals für den guten Wein und die Silbermünzen dankend, verabschiedete sich Andreas vom Wirt und machte sich auf den Weg zurück nach Trevera. Sein Ehrgeiz, Aethelred die Maske vom Gesicht zu reißen, war stärker als die Furcht vor seinen möglichen magischen Kräften. Jetzt war er auch sicher, dass Gisela real gewesen sein musste. Hatte sie ihm nicht geweissagt, er stünde in Verbindung zu großen, unerklärlichen Vorgängen? Er gab dem Pferd die Sporen und trieb es zu einer schnelleren Gangart an.
»Bemerkenswert«, sagte der Geldwechsler Eleazaros, als Andreas ihm die seltsamen Silbermünzen vorgelegt hatte. »Bis vor Kurzem hatte ich solche Münzen noch nie zu Gesicht bekommen. Und nun seid Ihr innerhalb von sechs Wochen schon der Zweite, der mir solche Stücke bringt. Wirklich höchst bemerkenswert.«
Der griechische Jude mit dem langen, grauen Bart saß in seinem dämmerigen Laden hinter einem großen Tisch, auf dem sich unzählige Münzen aus Kupfer, Silber und auch Gold stapelten. Beim Schein zweier Wachskerzen betrachtete er die Silberstücke, und Andreas hätte wetten mögen, dass ein ungemein interessanter Schicksalsweg den Mann hierher verschlagen hatte. Doch momentan wollte er nur erfahren, was Eleazaros ihm zu den Münzen sagen konnte.
»Euch hat schon einmal jemand solche Exemplare gebracht? Erinnert Ihr Euch noch, wie diese Person aussah?«
»Ja, gewiss doch«, antwortete der Wechsler. »Er war von Eurer Statur, doch vielleicht ein wenig älter. Er trug ein auffällig rotes, reich verziertes Wams und tauschte bei mir einhundert dieser Münzen gegen fränkische Geldstücke.«
Andreas bedurfte keiner großen Vorstellungsgabe, um selbst in dieser vagen Beschreibung Aethelred wiederzuerkennen. Aber dass er über ein so ansehnliches Vermögen verfügte, war überraschend.
»Und dieses Geld war echt?«, fragte Andreas ungläubig.
Fast gekränkt antwortete Eleazaros: »Selbstverständlich! Feinstes Silber, von einer Reinheit, wie ich es nie zuvor gesehen habe. Ihr dürft mir glauben, dass ich mich in solchen Dingen nicht leichtfertig täuschen lasse.«
»Verzeiht mir, ich wollte Eure Fähigkeiten keinesfalls in Zweifel ziehen. Ich meinte vielmehr, ob ihr mir etwas über die Herkunft dieser Münzen sagen könnt. Wo, schätzt Ihr, wurden sie geschlagen?«
Der Jude zuckte mit den Schultern. »Das kann ich Euch nicht sagen. Aber eines steht fest, sie sind äußerst ungewöhnlich. Seht zunächst das Münzbild selber. Der Prägestock ist stümperhaft geschnitten, das Latein der Inschrift schauderhaft und das Porträt des Königs miserabel ausgeführt. Nirgendwo im Frankenreich werden so schlechte Prägestöcke gefertigt. Wer immer der Urheber war, wollte eine fränkische Münze herstellen, ohne auch nur eine nebelhafte Ahnung zu haben, wie die Originale aussehen. Es handelt sich um ein reines Phantasieprodukt. Alleine die Bezeichnung Imperator Augustus … als ob Karl ein römischer Kaiser wäre.«
»Dann sind es also Fälschungen?«
»Aber nein. Denn ihr Metall ist edel und wertvoll. Ein Fälscher würde tatsächlich existierende Münzen aus schlechtem Metall nachbilden, hier liegt der Fall seltsamerweise genau umgekehrt. Ich frage mich, aus welchem Grund irgendjemand solche
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