Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
unheimlichen Erlebnis in der Grotte gut, einfach nur eine menschliche Stimme zu hören, es wirkte beruhigend. Die Entspannung machte ihn großzügig, also zog er einen Silberdenarius aus dem Geldbeutel und übergab ihn dem gesprächigen Wirt.
Dem war die Freude über die reichliche Bezahlung, die gut und gerne für ein ganzes Fass gereicht hätte, unverzüglich anzumerken. »Ich danke Euch, Herr! Oh, das ist eine fremde Münze, nicht wahr?«
»Eine römische. Aber falls das für Euch ungünstig ist …«
Der Franke antwortete eilig: »Oh nein, ganz und gar nicht. Es ist nur lustig. Seit Jahren bekomme ich nur die kleinen Kupfermünzen zu sehen. Und dann kriege ich innerhalb von wenigen Wochen gleich zweimal große Silbermünzen, die ich noch nie vorher gesehen habe.«
Andreas horchte auf. »Wirklich? Wann war denn das erste Mal?«
»Ach, das ist jetzt schon gute fünf oder sechs Wochen her. Da tauchte hier ein Fremder zu Fuß auf. Er suchte ein Pferd mit allem Drum und Dran. Na, da hab ich ihm eins von meinen verkauft. Und er hat mir doch glatt fünf Silberstücke dafür gegeben!« Dass er sich über das gute Geschäft immer noch freute, stand dem Wirt ins Gesicht geschrieben, und Andreas begann zu ahnen, wer der Fremde gewesen sein mochte.
Er beschloss, die Redseligkeit des Franken auszunutzen. »Und er hat mit fremdem Geld bezahlt? So etwas finde ich ausgesprochen interessant. Habt Ihr die Münzen noch? Ich würde sie gerne mal sehen.«
»Zwei habe ich schon in Köln eingewechselt, aber drei kann ich Euch noch zeigen. Einen Moment nur!«
Er stand auf und ging ins Haus. Andreas hoffte, dass der geheimnisvolle Fremde derjenige war, an den er dachte, denn dann würden ihm die Münzen einiges über Aethelreds wahre Heimat verraten können. Schon kam der Wirt zurück und präsentierte stolz drei große, blanke Silbermünzen. Vertrauensvoll überreichte er sie Andreas, damit dieser sie näher betrachten konnte. Und was er jetzt in den Händen hielt, steigerte seine Verwirrung nur, anstatt sie zu verringern.
Auf der Vorderseite zeigten die Münzen das Profil eines Mannes mit herabhängendem Schnurrbart und dem Lorbeerkranz eines Caesaren im Haar. Das Porträt hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit den Bildnissen Karls auf fränkischen Geldstücken, wenn es auch gröber in der Ausführung war. Um den Kopf herum zog sich eine Inschrift, die Andreas ganz und gar nicht gefiel. In rohen, ungelenken Buchstaben stand dort KAROLVS IMP AVG, was zweifellos ›Karl, Imperator und Augustus‹ bedeuten sollte.
Das ergibt doch keinen Sinn, dachte Andreas, warum sollte Karl so eine Münze schlagen lassen? Er hat es doch bisher vermieden, seinen irrealen Anspruch auf den Kaiserthron öffentlich zu verkünden. Ohne den glücklosen unbekannten oströmischen Spion wüsste ich ja nicht einmal, dass er sich privat als rechtmäßiger Imperator aufspielt. Oder sind das überhaupt keine echten fränkischen Silberstücke? Sie sind ja viel schlampiger gestaltet als alles, was es im Frankenreich an Münzgeld gibt.
Er drehte das Stück um und sah einen angedeuteten Porticus mit Säulen, vielleicht eine Kirchenfassade. Auf dem Giebel befand sich ein Kreuz, ein weiteres in der Mitte zwischen den Säulen. Die sich rund um dieses Motiv ziehende Inschrift mit ihren schrecklichen Schreibfehlern verursachte Andreas Bauchschmerzen: XPICTIANA RELIGIO, ›Erwartet den Glauben‹, stand dort.
Alles in allem waren es ausgesprochen grob geschnitzte, hässliche Münzen. Trotzdem wollte Andreas sie lieber einem Experten zur Prüfung vorlegen. Unter dem Vorwand, er sammele ungewöhnliche Münzen, fragte Andreas den Wirt, ob er sie verkaufen würde. Es erwies sich, dass hinter dem weinseligen Äußeren des geschwätzigen Franken ein geschickter Händler steckte, der Andreas schließlich um einen ganzen solidus erleichterte.
In der Hoffnung, diese Auslagen später von Marcellus Sator erstattet zu bekommen, zahlte er und steckte die Silberstücke ein.
»Ich danke Euch … Übrigens, wie sah der Mann aus, der Euer Pferd gekauft hat?«
»Groß war er, mit kurzen, dunkelblonden Haaren. Ach ja, er trug ein rotes Wams, das sicher sehr teuer war. Ist mir ziemlich aufgefallen, denn der Kleidung nach musste er reich sein. Aber was er dann ohne Pferd in dieser Gegend machte … aber wisst Ihr, eigentlich sage ich ja immer …«
Er redete fröhlich weiter, und Andreas quittierte seinen Wortfluss mit freundlichem Kopfnicken. Mit seinen Gedanken war er jedoch bei
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