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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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werden, dass sich dann Richtung Zentrum gefressen hat. Es wird also irgendwo auf dem Berg vor uns entflammen und dann von dem Wind heruntergetragen werden, der im Moment von Osten kommt, bis er umschlägt.«
    »Kommt er von Osten?«
    »Sieh genau hin: das Tuch.« Kay meint damit anscheinend das flatternde Geschirrtuch an einer zwischen den Bäumen gespannten Leine. Es schlägt talwärts. »Der Wind kommt von Osten«, bekräftigt Kay. »Die Sonne steht fast am Zenit, es muss etwa zwölf Uhr am Mittag sein, wenn der Brand am dritten Juli 1929, also heute, ausbricht, bedeutet das, wir haben maximal zwölf Stunden Zeit, den Herd zu finden. Wahrscheinlicher jedoch ist, dass uns viel weniger Stunden bleiben, da das Feuer irgendwann im Laufe des Tages ausbricht. Wenn wir den Brand verhindern wollen, müssen wir uns also beeilen.«
    »Und wie soll das Jeremy zurückbringen? Ich kann einfach keinen Zusammenhang zwischen dem Brand, der Apfelplantage und Tante Rose sehen, die in etwa fünfundsiebzig Jahren von dem Baum hinter unserem Haus fallen wird. Da ist kein roter Faden! Außer den Äpfeln vielleicht«, füge ich mehr ironisch hinzu, doch plötzlich fallen mir Wum Randys Worte wieder ein: Du befandst dich lediglich einen Katzensprung von dem Apfelbaum entfernt, deren Frucht eine so tragische Rolle in deinem Leben einzunehmen scheint …
    »Dass wir gerade an den Tag des Brandes portiert wurden, kann kein Zufall sein. Es muss einen Zusammenhang geben, Alison. Denk nach!«, fordert Kay barsch, berührt im nächsten Moment jedoch leicht meinen Arm, als wolle er seinen scharfen Ton mildern.
    Die kleine Geste reicht, mich vollkommen aus der Fassung zu bringen, den Rest meiner geistigen Kapazität mit dem Wunsch zu besetzen, wieder und wieder in seine Arme gezogen zu werden. Äpfel, Küsse, Küsse, Äpfel, Apfelbaum, Apfelkuchen, Küsse … wabern die Worte durch mein Gehirn.
    »Was passierte, nachdem die Plantage abgebrannt ist?« Kay sieht mich durchdringend an, seine Hand liegt immer noch auf meiner nackten Haut, dort wo der Ärmel meines Kleidchens endet. Nicht gerade hilfreich.
    »Ich weiß es nicht genau, nur dass sie in Sebastopol wieder aufgebaut wurde und dort bis heute Apfelmost fabriziert wird.«
    »Apfelmost, kein Apfelschnaps also.«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein, ich habe letztes Jahr auf der Plantage gearbeitet, da hätte ich mitbekommen, wenn Onkel Herold etwas anderes als Most hergestellt hätte.«
    »Nichts sonst?«
    »Nicht wirklich … Na ja, ähm … außer dem Kuchen natürlich.«
    »Kuchen?«
    »Ach, das ist eigentlich unwichtig, aber Tante Rose hat irgendwann aus einem Schuppen ein wunderbares, kleines Café gemacht, da haben uns die Besucher quasi überrannt. Sie alle wollten ihren Apfelkuchen nach alter Tradition.«
    »Nach welcher Tradition?«
    »Du meine Güte!« Ich atme scharf ein, kaue einen Moment auf meinem Fingerknöchel, um alles zu überdenken, aber tatsächlich: Das könnte der rote Faden sein …
    »Ich weiß es jetzt«, flüstere ich und ein Schauer läuft über meinen Arm, ob er von Kays Berührung oder der Erkenntnis herrührt, ist egal. Plötzlich bekommt alles einen Zusammenhang, einen Sinn: »So könnte es passieren … Urururgroßvater destilliert irgendwo auf dem Berg in den Wäldern Apfelschnaps, illegal, während der Prohibition. Das Feuer bricht innerhalb der nächsten Stunden aus, zerstört die Plantage, auf der ausgerechnet heute – warum auch immer - niemand ist, außer meiner Urgroßtante natürlich, nach der ich benannt bin. Nur sie wird den Brand nicht überleben …« Mich fröstelt trotz der Hitze bei dem Gedanken, dass meine Vorfahrin in diesem Moment auf der Plantage sitzt, vielleicht im Schatten eines Baumes, ohne den leisesten Schimmer zu haben, dass dies ihre letzten Stunden sein werden.
    »Weiter«, flüstert Kay.
    »Morgen wird Hamilton begreifen, dass er seine Familie ohne die Plantage auf verbranntem Land nicht mehr ernähren kann. Er wird mit ihr nach Sebastol gehen, neues Land kaufen, wieder von vorn beginnen, einige Jahre warten, bis die ersten Apfelbäume tragen. Inzwischen ist das Prohibitionsgesetz abgeschafft, wahrscheinlich lohnt sich das Geschäft nicht mehr … Zumindest produziert die Familie ab dem Zeitpunkt nur Most und Apfelkuchen, Apfelkuchen, wie Tante Rose es auch fünfundsiebzig Jahre später tut, nach alter Familientradition, mit Walnüssen.«
    Kay sieht mich durch weit geöffnete Augen an. »Also, du meinst, dass … wäre die

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