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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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es war nicht so gemeint, Mr Johnson.« Sofort lässt Louis Hudges mich frei.
    »Wir gehen jetzt«, sagt Kay bestimmt, tippt vor Helen kurz an seinen Hut und bietet mir den Arm, den ich umständlich ergreife.
    Als wir die Tür bereits erreicht haben, schwingt sie auf und Kay wäre fast mit einem alten Mann zusammengestoßen, der schwer auf seinen Gehstock gestützt im Türrahmen stehen bleibt, um sich umzusehen. Über seine gesamte rechte Gesichtshälfte zieht sich eine wulstige Narbe, die den Winkel seines Mundwinkels schlitzt. Der Mann tut mir leid.
    Er nickt Helens Vater zu. »Louis …«
    »Geh schon mal nach hinten, Alvin. Ist noch keiner da, aber Helen bringt dir gleich einen Drink … und Sie, Mr Johnson, richten Sie dem alten Hill aus, wenn er bei der nächsten Ladung wieder so ein gepanschtes Zeug abfüllt, such ich mir einen anderen Lieferanten.« Anscheinend fühlt sich Hudges durch die Anwesenheit eines Gastes sicherer. »Da hat ja ein Bier mehr Umdrehungen, nicht wahr, Alvin?«
    Der Alte ist ein paar Schritte weitergeschlurft, zieht die Nase hoch und spuckt auf den Boden.
    »Das ist meine Meinung zu dem Hill-Clan und deren Schnaps!«
    Er erinnert mich an eine Schlange, denn ein Zischen begleitet jedes seiner Worte, was anscheinend seiner Narbe geschuldet ist. Ich sehe Kay an.
    »Lass uns hier verschwinden.«
    Mit zügigen Schritten gehe ich an Kays Arm die Straße runter. Es scheint noch wärmer geworden zu sein, die leichte Brise des Morgens hat sich inzwischen in einen kräftigen Wind verwandelt, der Blätter und abgebrochene Zweiglein die gepflasterte Straße hinuntertreibt, auf der wir Richtung Norden gehen. Zumindest glaube ich, dass es Norden ist.
    Schweigend denke ich über das Geschehene nach, darüber, dass mein Urururgroßvater offenbar illegal Schnaps brennt, diesen an schmuddelige Tavernen liefert und dabei sogar betrügt. Nie habe ich davon gehört! Egal, ob es als Familiengeheimnis totgeschwiegen wurde oder einfach über die Jahre in Vergessenheit geraten ist, es passt nicht in mein Bild von einem alten Mann in seinem Schaukelstuhl, vor seinem doppelstöckigen Holzhaus, inmitten seiner Apfelplantage …
    Auf einmal merke ich, dass ich die Orientierung verloren habe. Nichts erinnert mehr an die Straßen von 2013 und dort, wo ich einen Supermarkt vermute, stehen einige weiß gestrichene Holzhäuser inmitten einer Gruppe hoher Bäume. Da, wo ich meine, ein Elektronikgeschäft in Erinnerung zu haben, wuchern dornige Büsche. Die Geschäftsstraße haben wir anscheinend hinter uns gelassen, denn jetzt zeigen sich lediglich versprengte Häuser, ab und an ein parkendes Auto, und als wir um eine Kurve biegen, steht eine Kuh am Wegesrand, die Nase in einem Büschel Gras versenkt.
    Die letzten Minuten haben Kay und ich kaum miteinander gesprochen. Er wirkt aufs Äußerste angespannt und ich versuche zu verstehen, wie Urururgroßvater Hamiltons Plantage mit Jeremy zusammenhängt. Meinem Instinkt folgend, führe ich Kay die immer schlechter werdenden Straßen bergauf, Richtung Berg, Richtung der Plantage. Immer noch liegt meine Hand auf Kays Unterarm und ich genieße die Berührung, wobei ich hoffe, auch er mag es, mir nah sein und lässt meine Hand nicht nur dort, um die Form zu wahren.
    »Das war verrückt«, breche ich das Schweigen.
    »Du warst verrückt, da reinzugehen.«
    »Die Frau kannte meinen Namen … Sie hat mich mit Mrs Hill angesprochen! Ich denke, dass sie mich verwechselt haben muss.« In wenigen Sätzen berichte ich meinem Scout von der anderen Mrs Hill, ihren Geschwistern, Mildred und Howard, dem Soda auf Mildreds Kleid während der Parade zum hundertfünfzigsten Unabhängigkeitstag.
    Abrupt entzieht Kay mir den Arm. »Wann war das?«
    »Ähm, eben in der Taverne …«
    »Der hundertfünfzigste Unabhängigkeitstag! Wann war der?«
    »Ach so. Ich glaube, sie sagte vor drei Jahren …« Da wird mir klar, worauf Kays Frage abzielt.
    »Die Unabhängigkeitserklärung wurde am vierten Juli 1776 unterzeichnet … Hundertfünfzig Jahre später war der …«
    »War der vierte Juli 1926 und morgen wird der vierte Juli 1929 sein!« Plötzlich schlägt Kay mit geballter Faust auf die breite Motorhaube eines Fahrzeuges, das rechts von uns steht.
    »Hey! Spinnst du?«
    Er antwortet mir nicht, dreht sich wild im Kreis, das Gesicht vor Wut verzerrt.
    »Alison hatte Recht! Nur durch euch hat er sie gefunden! Ihr seid für den Brand verantwortlich! Sie ist bei lebendigem Leib verbrannt! Habt ihr

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