Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
Vom Netzwerk:
Tiere stürmen die Böschung herunter, ungebremst über Äste hinweg, stürzen mit knallenden Hufen an uns vorbei, den Abhang herunter. Vögel steigen im gleichen Moment aus den Baumkronen, fliehen mit panischen Lauten talwärts, sogar einige Schlangen winden sich aus dem Dickicht; es ist, als ob die Arche angelegt hätte, um die letzten Tiere vor dem Untergang zu retten.
    Und dann schlagen auch schon die ersten Flammen über den Berggipfel, nicht mehr als ein paar hundert Meter entfernt. Verzweifelt klammere ich meine Finger um Kays Hand.
    »Du bist wahnsinnig! Das Feuer wird dich töten! Bitte, Kay … das ist Irrsinn! Lass uns abhauen und wir versuchen es beim nächsten Zeitsprung wieder!«, flehe ich ihn an und schon heule ich wieder. Die Tränen quellen einfach heraus, ich kann es nicht ändern, denn ich weiß, er wird verflucht noch mal gehen.
    Schon streift Kay mich ab und schiebt mich eine Armlänge von sich. »Ich habe nicht vor, das Feuer zu löschen. Das wäre inzwischen wohl ziemlich sinnlos. Nein! Ich will den Dreckskerl finden, der es gelegt hat. Noch bevor er es auch auf der anderen Seite der Plantage entfacht, verstehst du?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Der Brandstifter wird es wahrscheinlich an einer Stelle entfachen, wo es vom Ostwind über die Plantage getrieben wird.«
    »Wieso sollte jemand Feuer legen? Wie kommst du darauf?«, frage ich verwirrt, während meine zusammengekniffenen Augen über die Flammen wandern, die jetzt tatsächlich in die entgegengesetzte Richtung von uns schlagen.

    Kay stößt verärgert die Luft aus. »Verdammt, dass du nie einfach machen kannst, was man dir sagt!«, schnaubt er, gibt sich jedoch geschlagen. »Pass auf, die erste Rauchsäule, die wir gesehen haben, liegt etwa einen Kilometer westlich von uns und kann sich bei der Windrichtung unmöglich nach Osten getragen haben. Das bedeutet: Es sind mindestens zwei Brandherde, was kein Zufall sein kann. Ich bin mir sicher, dass irgendjemand hier durch die Wälder streift und das Feuer legt, und wenn ich ihn finde, werde ich ihn …«
    Kay hält inne, beißt sich auf die Lippe und starrt einen Moment in Richtung der roten Glut am Berggipfel. Als er sich wieder zu mir dreht, steht flammender Hass in seinem Gesicht, selbst die feinen Linien der Tätowierung haben sich zu einem wütenden Schrei zusammengezogen.
    Kay dreht mich von sich weg, hält von hinten meine Schultern wie einen Schraubstock und wiederholt in herausgepressten Worten seine Anweisungen: »Lauf jetzt zum Haus! Sag ihnen, was ich dir gesagt habe, und sobald du von dort aus Feuer siehst, rennst du talabwärts in die entgegengesetzte Richtung. Bleib nicht stehen, dreh dich nicht um und suche nicht nach mir. Hast du verstanden?«
    Ich nicke beklommen.
    »Ich weiß, dass wir uns wiedersehen werden!« Er gibt mir einen leichten Stoß nach vorn.
    Ich sehe mich nicht um, renne den Weg entlang, weg von dem Feuer, weg von Kay, immer in Richtung der Plantage. Meine Rippe sticht, sobald ich mit dem linken Bein aufkomme. Ich ignoriere den Schmerz, laufe mit meinem tropfenden Kleid Meter für Meter, um drei oder vier Kurven, bis ein offen stehendes Metalltor in Sichtweite kommt. Dahinter säumen bereits Apfelbäume den Wegrand, ziehen sich talabwärts bis zu einem verwinkelten Haus, das wirkt, als sei es über die Jahre planlos umgebaut worden.
    Erst jetzt, da es aus groben Holzstämmen zusammengehauen vor mir liegt, frage ich mich, wie Kay wissen konnte, dass es hier zu finden sein wird. Wieso ist er, ohne zu zögern, in den Stichweg eingebogen, wusste genau, wo der Wasserfall entspringt? Im Grunde hätte es mir schon klar werden müssen, als mein Scout den Wagen gestartet hat, mit all seinen fremdartigen und komplizierten Hebeln, Pedalen … Es gibt nur eine Erklärung: Kay war schon einmal hier!
    Noch während ich zwischen der Allee aus Apfelbäumen auf das Haus zurenne, versuche ich mir in Erinnerung zu rufen, in welche Zeiten Kay gesprungen ist. Was sagte er? 2417, 1987, 19… - es ist mir entfallen.
    Der Kuss hat alle Erinnerungen erstickt.
    Das Holzhaus liegt jetzt nur noch wenige Meter entfernt. Ich darf nicht mehr über Kay nachgrübeln, muss mich aufs Wesentliche konzentrieren: Was soll ich bloß meinem Ururugroßvater sagen? Er wird mich für verrückt halten!
    Keuchend komme ich vor einer Treppe zum Stehen. Sie führt einige Schritte hinauf zu einer Veranda, die um die vielen Vorsprünge und Winkel des Hauses herumführt. Auf ihr steht kein Schaukelstuhl.

Weitere Kostenlose Bücher