Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Stattdessen stapeln sich leere Kisten, zusammengezimmert aus groben Holzbrettern.
Ich hämmere gegen die Tür, zähle bis fünf, schlage wieder dagegen, drücke nach kurzem Warten die Klinke. Die Tür ist verschlossen.
»Hallo? Ist jemand zu Hause? Ich suche Hamilton Hill!«
Im Haus bleibt es still. Nur eine vergraute Gardine flattert hinter einem geöffneten Fenster und zeigt mir, wo Westen ist.
Von hier aus kann ich das Feuer weder sehen noch hören, einzig ein schwacher Brandgeruch verrät, es wütet irgendwo im Westen.
Da sich nichts in dem Haus rührt, umrunde ich es über die Veranda. Von der hinteren Seite strecken sich die Apfelbäume über ein Plateau mehrere Hundert Meter bis zu einem steilen Felsabbruch, auf dem kaum eine Pflanze wächst. Unmöglich, dass die Glut sich über diesen kahlen unwirtlichen Stein frisst. Auch die Apfelbäume stehen zu weit auseinander, ihr Grund ist zu kultiviert, um den Flammen genug Nahrung zu bieten. Im Grunde ist es fast ausgeschlossen, dass die Plantage von dem Feuer vernichtet werden wird. Es sei denn, Kay hat Recht und jemand legt es an verschiedenen Orten …
Aber es hat keinen Wert, weiter darüber nachzugrübeln. Wenn ich meine Realität noch ändern möchte, muss ich jemanden in den nächsten zwölf Minuten und sechzehn Sekunden finden.
Ich forme meine Hände zu einem Trichter. »Hallo! Ist jemand zu Hause?«
Nichts. Kein Feuer, keine Antwort. Die Plantage scheint verlassen.
Natürlich ist sie das! Ich schlage mir auf die Stirn. Erst jetzt fällt mir wieder ein, was ich Kay vor wenigen Stunden erzählt habe. Aus irgendeinem Grund war an dem Tag des Brandes niemand auf der Plantage, bis auf meine Urgroßtante Alison, die in den Flammen umgekommen ist. Sie muss hier irgendwo sein.
Die Sonne brennt vom Himmel. Mit abgeschirmten Augen suche ich die Plantage ab. Nirgendwo ein lebendes Wesen, nicht einmal ein Hund oder eine streunende Katze, auch kein parkendes Fahrzeug oder aufgehängte Wäsche, alles wirkt, als sei die Plantage verlassen worden. Am unteren Ende, dort wo die letzten Bäume stehen, der dichte Wald seinen Schatten wirft, entdecke ich etwas Rechteckiges. Vielleicht eine Scheune.
Ein Blick auf den Marker: noch zehn Minuten und wenige Sekunden. Mit fliegenden Beinen steuere ich zwischen den Apfelbäumen hindurch, ducke mich unter tief hängenden Ästen, schlage Haken um herumstehende Kisten, bis ich den Bau erreiche. Es ist ein fensterloses Nebengebäude, anders als das Haupthaus aus Stein, mit einem großen Schornstein, der süßlich riechenden Rauch hinauspustet. Wieder klopfe ich an die Tür. Wieder keine Antwort. Aber aus dem Inneren klingen dumpf Schritte, ein Klackern, wie von Absätzen auf Stein.
Na also!
Diesmal hämmert meine Faust gegen die massive Pforte, ich rufe nicht mehr, sondern schreie: »Alison? Alison Hill! Ich muss Sie dringend sprechen! Bitte! Kommen Sie raus!«
Die Schritte kommen näher.
»Hören Sie mich? Sie müssen rauskommen. Es brennt!«
Ein Riegel wird zur Seite geschoben und dann sehe ich sie: ein geblümtes Sommerkleid, das ihr bis kurz über die Knie reicht, kleine, feste Schuhe mit breiten Absätzen … Ihre Haare sind braun, nicht schwarz, zu einem Knoten zusammengesteckt und nicht kurz, sie ist älter als ich, mir aber ansonsten wie aus dem Gesicht geschnitten! Die gleichen matschfarbenen Augen, die olivfarbene Haut, schmale Lippen, eine feine Nase, hohe Wangenknochen.
»Alison Hill«, krächze ich. Überwältigt von der Ähnlichkeit, bekomme ich nicht mehr heraus.
»Wer sind Sie?«, fragt mein Spiegelbild misstrauisch.
»Alison Hill.«
»Alison Raymond, ich habe kürzlich geheiratet.«
»Nein, ich bin Alison Hill.« Es klingt selbst in meinen Ohren absurd. »Hören Sie! Ich erkläre Ihnen das später. Aber es brennt. Sie müssen mit mir kommen und Wasser in Eimer füllen, das Gras befeuchten …«
»Ich habe keinen Schimmer, wer Sie sind oder was Sie wollen. Vielleicht möchten Sie sich etwas sammeln, bevor Sie fortfahren?«
Du meine Güte, was hatte ich auch erwartet?
»Bitte glauben Sie mir! Die Plantage wird in wenigen Minuten abbrennen. Sie werden verbrennen, wenn Sie nicht mit mir kommen! Ich weiß, es klingt verrückt!«
»In der Tat, das tut es«, bestätigt mein Gegenüber mit hochgezogenen Augenbrauen. Anscheinend ist die Frau genauso störrisch wie ich. »Ich sehe weit und breit keine Flammen und Sie wirken eher, als seien Sie ins Wasser geraten und nicht in die Nähe eines
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