Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Feuers.«
Alison steht mit verschränkten Armen in der Tür, hinter der ich nur etwas Glänzendes aus Kupfer erkennen kann. Ich bin mir sicher, dass dies die Destille ist, in der der Apfelschnaps gebrannt wird. Brodelnde Geräusche dringen aus dem Inneren. Es riecht feucht und derartig süß, dass der Geruch den verschmorten Gestank des Brandes überdeckt, der die andere Alison vielleicht hätte umstimmen können.
Ich muss alles auf eine Karte setzen. »In Ordnung, ich verstehe, wenn Sie mir nicht glauben und dass, was ich Ihnen jetzt erzähle …«
»Bitte, fassen Sie sich kurz«, schnaubt mein Gegenüber. »Meine Familie ist nicht zugegen und ich muss gewisse Prozesse am Laufen halten, der Apfelmost, Sie verstehen …«
Ich atme tief durch. »Mein Name ist Alison Hill. Mein Vater benannte mich nach seiner Großtante, die am 03. Juli 1929 in den Flammen umgekommen ist. Er benannte mich nach Ihnen. Und wie Sie zugeben müssen, haben wir ziemlich viel Ähnlichkeit miteinander. Nur, dass ich etwa neunzig Jahre nach Ihnen geboren werden werde. Ich komme aus der Zukunft.«
»Und ich aus Atlantis!«, höhnt Alison Raymond. »Im Übrigen mögen Sie mir in gewisser Weise ähnlich sein, bis auf Ihr verdrecktes und nicht minder tropfendes Kleid, aber Ihr geistiger Zustand ist doch meilenweit entfernt von dem meinigen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen.«
Ich blähe meine Backen und stoße scharf Luft aus. »Sieht dies so aus, als sei es nicht aus der Zukunft?« Ich strecke ihr meine Markerhand entgegen, auf der vier Minuten und siebenundzwanzig Sekunden angezeigt werden.
Alison kneift die Augen zusammen, eine steile Falte steht über ihrer Nasenwurzel, während sie den Countdown betrachtet. »Was soll das sein?«
»Es ist … Ich habe keine Zeit, das alles zu erklären, in vier Minuten werden Sie hier verbrennen!«
»Das ist lächerlich!«
Ich muss ihr Recht geben. Alles um uns herum wirkt ruhig und friedlich. Vielleicht hat Kay den Brandstifter längst ausfindig gemacht und Alisons Schicksal, unser Schicksal, wurde bereits geändert.
Mit schräg gelegtem Kopf sieht mein Spiegelbild auf den Countdown meiner Hand. Plötzlich geht ein Ruck durch ihren zierlichen Körper.
»In drei Minuten muss ich mich um die Maische kümmern. Diese Zeit gebe ich Ihnen. Erzählen Sie mir etwas über die Zukunft, das mich überzeugt, und ich bin bereit, hundertfünfzig Liter Apfelmost verkochen zu lassen und Ihnen zu folgen.«
»Sie brennen Apfelschnaps, keinen Most.«
Alison winkt ab. »Das wissen mehr Menschen, als sie sollten.«
»Heute ist niemand auf der Plantage, Sie sind allein, wenn das Feuer kommt.«
»Mein Mann ist gestern nicht nach Hause gekommen. Die anderen suchen ihn, vielleicht ist sein Wagen irgendwo liegen geblieben, aber auch das ist Dorfgespräch. Erzählen Sie mir etwas anderes. Wird der Graf Zeppelin irgendwann zum Mond fliegen?«
»Zeppelin?«
»Das Fortbewegungsmittel der Zukunft. Sie werden doch davon gehört haben, oder?«
Inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich Alison mehr amüsiere, als überzeuge, und merke, wie Wut in meiner Stimme liegt, als ich sie mit meinem Wissen über die Zukunft bombardiere. Auch wenn die Jury mir für mein auffälliges Verhalten fünfzig Strafpunkte geben sollte, sie werden die letzten drei Minuten ungestraft verstreichen lassen, schon aus reiner Neugier.
»In Ordnung, lassen Sie mich nachdenken … Also, irgendwann in den Dreißigern wird ein Zeppelin explodieren und der Flugverkehr wird eingestellt werden. In meiner Zeit werden stattdessen große Flugzeuge eingesetzt werden, die mehrere Hundert Menschen in wenigen Stunden nach Europa transportieren. Den Mond haben wir in den Sechzigern erreicht, aber da war nichts Interessantes.«
»Und den Mittelpunkt der Erde?«, lacht Alison und macht mich damit noch zorniger.
»Was?«
»Jules Verne!«
Ich stöhne hörbar. »Okay, passen Sie auf! Im Jahre 2013 besitzt jeder Mensch ein kleines Telefon, welches er mit sich rumtragen kann. Alles Wissen der Welt ist in vielen kleinen Maschinen gespeichert, auf die jedermann zugreifen kann, es werden Bomben entwickelt, die die ganze Welt auslöschen können, wir senden Kameras in das Weltall, die uns Fotos von weit entfernten Planeten senden, unsere Autos fahren bis zu dreihundert Stundenkilometer, die Fernsehgeräte sind so flach wie meine Hand und zeigen farbige Filme und unser Präsident ist schwarz.«
»Schwarz?«
»Ein Farbiger, dunkle Haut!«
»Ein Neger? Jetzt
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