Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Flussufer zu gehen.
Mit schmollend vorgeschobener Unterlippe beobachte ich, wie er mit einem Stock im Wasser rumstochert.
»Der Fluss ist nicht tief und voll mit Fischen!«, ruft Kay mir zu, ohne sich umzudrehen. »Ich schlage vor, wir bleiben einige Tage hier, um uns mit dem Wichtigsten zu versorgen, und du zeigst mir noch mal, wie man eine Forelle mit bloßen Händen heraushebt, in Ordnung?«
Widerwillig erhebe ich mich aus dem sonnenbeschienenen Gras und gehe die Böschung zum Fluss hinunter.
Tatsächlich stehen mehrere Regenbogenforellen in dem glasklaren Wasser, dicht an der Oberfläche, und halten sich mit flinken Flossenbewegungen gegen den Strom an der Stelle. So stehen wir kurze Zeit später im kniehohen Wasser, leicht nach vorn gebeugt mit ausgestreckten Händen. Es ist Jahre her, seit Onkel Herold mir beigebracht hat, wie sich die Fische auch ohne Angel an Land bringen lassen, und bei den ersten Versuchen entwischen mir mehrere der schillernden Tiere. Kay, der es wahrscheinlich gewohnt ist, seine Beute durch Geschwindigkeit zu erlegen, sticht mit pfeilschnellen Bewegungen nach unten und verscheucht den kleinen Schwarm damit endgültig.
»Vielleicht versuchst du es besser mit ein paar Flussschnecken«, necke ich ihn.
Resigniert lässt mein Scout die Arme sinken und watet wieder an Land.
»Es ist zwecklos, Alison. Du hast es mir so oft gezeigt … Ich werde es wohl nie lernen. Wie es aussieht, wirst du heute für das Mittagessen sorgen müssen. Ich stelle lieber ein oder zwei Fallen an Land … Vorhin habe ich ziemlich viele Hinterlassenschaften von Wildkaninchen gesehen. Mit etwas Glück gibt es heute Forelle in Hasenmantel.«
Mit wedelnder Hand scheuche ich Kay weg, um mich im Zeitlupentempo einige Meter flussabwärts zu bewegen, wo zwei unerschrockene Fische noch nicht geflüchtet sind.
Zum Glück wirft die Sonne meinen Schatten von ihnen weg und auch, als ich meine Hände langsam in das Wasser tauche, bleiben sie an der Stelle. Vorsichtig schließen sich meine Finger um das ahnungslose Tier, greifen zu, kurz bevor ich es berühre, und schon zappelt der glitschige Fisch in der Luft. Ich werfe ihn weit die Böschung hoch, preise im Geist Onkel Herold, der stundenlang meinem elfjährigen Ich diese Jagdtechnik beigebracht hat.
Lange Zeit gehe ich flussabwärts, bis ich schließlich sechs Forellen aus dem Wasser gehoben habe. An Land breche ich einen Ast von einer Weide und mache mich auf den Rückweg. Schon bald entdecke ich die erste Forelle im Gras. Sie zuckt noch, schnappt unbeholfen nach Luft. Das Tier tut mir leid, aber mir ist klar, dass wir uns nicht nur von Fasskakteen und mageren Schlangen ernähren können. Also erlöse ich die Forelle mit einem schnellen Stockschlag und hänge sie unter den Kiemen an eine der Astgabeln.
Als ich das Lagerfeuer erreiche, steht die Sonne bereits hoch am Himmel, aber vor mir trage ich einen Strauß herrlich fetter Fische. Das Feuer ist inzwischen auseinandergefallen und nur noch wenige Holzstücke glühen in der Asche. Ich schiebe sie vorsichtig mit dem Fuß zusammen und beschließe, neues Holz zusammenzutragen, da von Kay ohnehin noch nichts zu sehen ist.
Vorher bohre ich den Ast so gut es geht in die Erde, dann mache ich mich auf. Eine halbe Stunde streife ich durch hohe Gräser, immer in Richtung der Bergkette. Dann endlich entdecke ich zwischen niedrig gewachsenen Sträuchern die ersten mageren Bäumchen. Ich werde so viele Äste abbrechen, wie ich tragen kann, damit das Feuer die ganze Nacht über Nahrung hat.
Auch wenn es zur Mittagszeit angenehm warm ist, zeigt mir der schneebedeckte Berg doch, dass es Winter sein muss und die Nächte von Tag zu Tag kälter werden.
Im Moment jedoch kommt mir dieses Fleckchen Erde wie das Paradies vor: frisches Wasser, eine reiche Beute an Fischen, Feuerholz und Zunder in erreichbarer Nähe und mein Scout, der mich über alles liebt. Ich freue mich unbändig auf die nächsten Stunden mit Kay! Weiter denke ich nicht. Zu wissen, dass ich mir seiner Liebe sicher sein kann, er mich nicht mehr zurückweisen wird, uns nichts davon abhalten wird, einander zu entdecken, lässt in diesem Moment sogar meine Sehnsucht nach Jeremy verblassen. Die nächste Zeit gehört nur Kay und mir. Niemand wird sie uns nehmen. Oder doch?
Während ich den Bäumchen, die ich bald als Birken erkenne, näher komme, beschäftigt sich mein Geist auf bösartige Weise mit Wum Randy und der dreiköpfigen Jury. Ich versuche, die Gedanken zu
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