Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Schale zu blicken.
Als ich sehe, wie die Kräuter in einer kleinen Lache köstlich duftenden Fetts schmoren, welches unablässig von dem Kaninchen tropft, glaube ich mich im Himmel. Am liebsten würde ich die brodelnde Flüssigkeit sofort herabstürzen. Und als Kay meinen gierigen Blick sieht, lacht er vergnügt, zieht den Stock zu sich heran, um das Fleisch zu lösen. Die Haut ist dunkel, fast schwarz und platzt auf, als Kay eine Keule bricht, aber im Inneren zeigt sich wunderbar rosabraun gegartes Fleisch, welches er durch das Fett zieht und mir reicht.
Kay hatte Recht. Nie habe ich etwas Köstlicheres gegessen. Mein entwöhnter Gaumen hätte sich auch über eine Handvoll Flussschnecken gefreut, aber dieses in Fett getränkte Tier entfacht ein geschmackliches Feuerwerk in meinem Mund.
Eine Weile sitze ich zufrieden kauend am Feuer, wo schon der zweite Leckerbissen schmort. Minutenlang knabbere ich jede Faser vom Knochen, erst dann frage ich Kay nach der Herkunft der Metallschale.
»Sie lag in dem Kanu, zusammen mit diesem Tomahawk«, erklärt mein Scout, und zeigt mir eine schwere Axt, wahrscheinlich aus Eisen, in die kunstvoll feine Linien gehauen wurden. Sie haben starke Ähnlichkeit mit Kays Tätowierung.
Als ich ihn jedoch danach frage, schüttelt er den Kopf. »Ich kann dir darüber nichts erzählen, das weißt du doch.«
»Bedeutet das, die Tätowierung hat etwas mit dem zu tun, was in zwei Jahren geschehen wird?«
»Bitte, Alison. Mach es mir nicht schwer. Ich werde dir keine andere Antwort geben, wir sollten aber über etwas anderes sprechen.«
Fragend sehe ich Kay an.
»Dieses Kanu, das gegerbte Leder, die Art, wie es verziert ist, und auch dieser Tomahawk sind indianisch. Wahrscheinlich Koso-Indianer, die im Westen Nordamerikas leben. Vor allen Dingen in Nevada. Ich nehme an, wir befinden uns am Rande der Wüste Nevadas und bewegen uns Richtung Kalifornien.«
»Woher weißt du das?« Erstaunt lasse ich die Keule sinken, die ich endgültig bis auf den Knochen abgenagt habe.
»Das spielt keine Rolle. Viel wichtiger ist dies hier!«
Kay hält einen geflochtenen Ring in die Höhe, in dessen Mitte blondes, langes Haar an Fäden gespannt ist. Struppig und von Blutresten verklebt, lässt es mich würgen. Schnell beuge ich mich zur Seite, merke, wie sich die Säfte in meinem Mund sauer zusammenziehen und schlucke Nur mit aller Anstrengung kann ich das Gegessene bei mir behalten.
»Du meine Güte. Was ist das?«
»Der Skalp eines weißen Menschen«, erklärt Kay und legt die widerliche Trophäe wieder neben sich. »Ich habe ihn zusammen mit den anderen Dingen im Kanu gefunden und kann nur mutmaßen, wie es dazu gekommen ist. Ich schätze, wir befinden uns in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, wo sehr viele Europäer in die Gegend hier vorgedrungen sind, um nach Gold zu suchen. Wie es aussieht, wurde einer von ihnen skalpiert und dessen Landsleute haben sich gerächt, im Gegenzug den Indianer ermordet, sein Kanu zerstört … Vielleicht war es auch anders …«, meint Kay schulterzuckend. »Wichtig ist, dass wir jetzt wissen, in welcher Zeit wir uns ungefähr befinden, wo in etwa wir sind und dass Schlangen und Bären nicht die einzigen Gefahren sind, auf die wir treffen können.«
Nachdenklich nage ich auf meiner Unterlippe und frage mich nicht ohne Schaudern, warum wir bisher keiner Menschenseele begegnet sind.
»Ich glaube, es wird nicht mehr lang dauern, bis wir den ersten Fremden treffen.« Kay scheint meine Gedanken gelesen zu haben.
»Indianer?«, frage ich bang.
»Indianer oder Goldsucher, Siedler oder Jäger, wen auch immer. Wir befinden uns mit ziemlicher Sicherheit im Wilden Westen, eine verdammt raue Zeit, für die wir so gut gerüstet sein sollten, wie wir können. Daher müssen wir Vorräte anlegen, damit wir etwas zum Tauschen anbieten können, und wir sollten weitere Waffen herstellen. Außerdem ist die Frage unaufschiebbar, wie das Ganze mit deinem Bruder zusammenhängt. Jetzt, da wir Ort und Zeit einschränken können, müssen wir den roten Faden finden.«
Auch mir ist klar, dass wir nicht weiter so tun können, als befänden wir uns auf einer Pfadfinderexkursion, nach der wir zwei Wochen später in einen Bus steigen und nach Hause fahren.
Aber es gefällt mir nicht. Gegen alle Vernunft möchte ich jede Sekunde mit Kay auskosten, mich mit nichts anderem beschäftigen.
»Was weißt du über diese Zeit?« Kays Worte reißen mich aus meinen Träumen.
»Diese Zeit. Na
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