Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
Stock schloss sich eine Galerie an, die rundum an den Wänden verlief. An drei Seiten führten je zwei mit Schnitzarbeiten verzierte Türen in weitere Räume. Dort, wo die Galerie an der vorderen Wand des Hauses entlang führte, stand nur ein mannshohes, leeres Bücherregal. Daneben hingen lange Vorhänge aus dickem, dunkelroten Samt mit blaugoldenen Stickereien, hinter denen sich wohl Fenster verbargen.
Eine ebenfalls recht breite Treppe führte von dort hinauf ins Dachgeschoss.
„Wahnsinn! Das ist ja riesengroß!“
Zacharias war einigermaßen überwältigt. „Wie viele Zimmer gibt´s hier denn?“
„Jede Menge, Sohn.“ Papa deutete auf eine Doppeltür, in deren Flügel dunkelgrüne, schmale Scheiben eingelassen waren. „Dahinter muss das Wohnzimmer mit dem Esszimmer sein. Und die kleinere Tür vorne links gehört wohl zur Küche.“
Mit dem ausgestreckten Arm machte er eine kreisende Bewegung. „Und da oben sind insgesamt sechzehn Zimmer, neun im ersten Stock und sieben im Dachgeschoß. Also, meine Lieben, ihr werdet leben wie die Könige.“
Mama schaute zweifelnd drein. „Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, dass unsere Möbel nicht einmal für die Hälfte dieser erhabenen Räumlichkeiten ausreichen?“
„Stimmt“, schmunzelte Papa. „Aber das macht doch nichts. Die Zimmer, die wir erst mal nicht brauchen, bleiben einfach zu. Außerdem kann man sie ja auch für andere Zwecke benutzen.“
Er zwinkerte Zacharias zu. „Zum Beispiel könnte man verschiedene Spielzimmer eröffnen, eines nur für Zacharias Eisenbahn, dann noch ein Puppenzimmer, vielleicht dazu noch ein ...“
„Stopp!“, sagte Mama sehr entschieden. „Noch mehr Zimmer, in denen Chaos herrscht, überfordern meine Leidensfähigkeit ganz gewaltig.“
Ihre Absätze klickten auf den schwarzen, quadratischen Steinplatten des Hallenbodens, als sie zielstrebig zu einem der Vorhänge ging, die zu beiden Seiten der Haustür knapp unterhalb der Galerie befestigt waren und das gleiche blaugoldene Muster trugen wie die Vorhänge im ersten Stock.
„Wollen doch mal sehen, ob wir nicht ein bisschen Sonne in den alten Kasten kriegen!“
Sie zog an der dicken, goldenen Kordel, die neben dem roten Samt baumelte. Schwerfällig setzte sich der Stoff mit einem kratzenden Geräusch in Bewegung und enthüllte ein schmales, hohes Sprossenfenster. Warmes Sonnenlicht fiel durch das staubige Glas, und gleich sah die leere Halle ein wenig freundlicher aus.
Zacharias drängelte sich an Papa vorbei zur Treppe. „Los, kommt schon, ich will endlich wissen, wie es oben aussieht!“
„Immer langsam!“, lachte Papa. „Mama und ich wollen uns erst einmal hier unten umschauen.“
Er schob die Flügeltür mit den grünen Scheiben auf und betrat, gefolgt von Mama und Zinchen, das Wohnzimmer. Zacharias sah hi nauf zu der dunklen Galerie im ersten Stock. Ein wenig unbehaglich war ihm schon zumute. Ob er sich doch besser den anderen anschließen sollte? Ach was, es gab keinen Grund, sich vor dem neuen Zuhause zu fürchten.
„Es gibt keine Geister“, sagte er leise, rannte die Treppe hoch und stieß die Tür des nächstbesten Zimmers auf. Es war leer. Nur ein paar dunkle Flecken auf dem glänzenden Parkettboden zeigten, dass hier in früheren Zeiten einmal Möbel gestanden hatten.
Im nächsten Raum verbarg sich ein begehbarer Kleiderschrank hinter einer Wandtür, die so geschickt in die Holztäfelung eingepasst war, dass sie kaum auffiel. Wahrscheinlich handelte es sich um ein ehemaliges Ankleidezimmer. Zacharias warf einen flüchtigen Blick in den Schrank, konnte aber nichts Besonderes entdecken.
Im dritten Zimmer stand ein alter Schreibtisch unter dem Fenster. Wer auch immer an diesem Tisch gesessen und gearbeitet haben mochte, der wunderschöne Blick über die Lichtung zum nahen Waldrand hatte bestimmt für manche Ablenkung gesorgt. Zacharias hielt sich nicht lange mit Überlegungen auf, warum der Schreibtisch hier vergessen worden war, vielleicht hatte es sich einfach nicht gelohnt, ihn mitzunehmen. Eine einzelne Schublade, versehen mit einem Messingknauf, hing unter der Tischplatte. Sie klemmte. Zacharias zog ein wenig fester, aber erst, als er an ihr rüttelte, gab sie nach und ließ sich öffnen. Noch bevor er registriert hatte, dass die Schu blade leider keine geheimen Schätze barg, sondern bis auf einige Staubflocken völlig leer war, ließ ihn ein gellender, durchdringender Schrei auffahren, so laut und schrill, dass er sich in sein
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