Die Zeitung - Ein Nachruf
daran ablesen, dass die
Kronen Zeitung
seit 1987 gemeinsam mit dem
Kurier
zur Essener
WAZ
-Gruppe gehörte, die seit 2012 als „Funke Mediengruppe“ firmiert und als solche im Jahr 2013 die Springer-Regionalblätter
Hamburger Abendblatt
und
Berliner Morgenpost
übernommen hat.
Der Rest der Geschichte ist bekannt: Ende der 60er Jahre kam das Farbfernsehen zunächst in den öffentlich-rechtlichen Anstalten, in den 80er Jahren begann der Aufstieg der privaten Fernsehanstalten (Österreich hatte auch hier gut eineinhalb Jahrzehnte Verspätung aufzuweisen). Die Zeitungen haben auf alle diese Herausforderungen reagiert: Inhaltlich versuchte man, durch eine wesentliche Verbreiterung des Angebotes in Form von Beilagen und Special-Interest-Sektionen die durch das Fernsehen getriggerten Unterhaltungsbedürfnisse zu befriedigen. Auf dem Werbemarkt sollten millionenschwere Investitionen in neue Drucktechnologien, die durchgängigen Vierfarbdruck ermöglichten, verhindern, dass man den Anschluss an die Welt der bunten Bilder verlor.
Mitte der 90er Jahre tauchte dann in Form des World Wide Web, das sich vom Kommunikationsnetz für Wissenschaft, Forschung und Militär zum Medium entwickelte, die aktuellste Bedrohung auf. Nachdem die Zeitung als „Öffentlichkeit“ längst von der „Fernsehöffentlichkeit“ überflügelt worden war, stirbt sie nun auch als Produkt, das täglich auf Papier gedruckt und an die Leserschaft ausgeliefert wird. Man stirbt bekanntlich nur zwei Mal.
William Shakespeare (1564–1616) zeigte zunächst kein gesteigertes Interesse an der Verfertigung autoritativer Texte. Sein Ort war die Bühne. Das ewige Leben des Journalismus: Denen, die es hören wollen, interessante Geschichten erzählen, und zwar dort, wo das Publikum es hören will und kann.
DAS EWIGE LEBEN
Der Blick zurück zeigt, dass die „Zeitung“ – konkreter: die „Tageszeitung“, also ein täglich auf Papier gedrucktes und gegen Entgelt in großer Zahl an die Konsumenten ausgeliefertes Paket an Information und Unterhaltung – zwei Tode gestorben ist: Erstens ist die Tageszeitung nicht mehr jenes vom konstitutionellen Mythos der „vierten Gewalt“ umwehte „Gespräch einer Nation mit sich selbst“, von dem Arthur Miller gesprochen hatte; und zweitens hat sie aufgehört, Trägerin eines validen Geschäftsmodells zu sein. Man kann natürlich aus guten Gründen behaupten, dass sie aber drittens noch existiert. Diese Behauptung ist empirisch schwer zu widerlegen. Allerdings handelt es sich um eine Existenz „in statu abeundi“, wie ein Blick auf die schwindenden Auflagenzahlen, vor allem aber auf die Anzeigenumsätze zumindest in den entwickelten Ländern Europas und Nordamerikas zeigt.
Natürlich hoffen die Eigentümer und die Hausmeister in den Zeitungsunternehmen, dass dieser „status abeundi“ sich am Ende der Strecke als eine Art Übergangszustand erweisen möge. Und natürlich hoffen sie auch, dass diese Übergangsphase, in der das Geschäftsmodell für die gedruckte Tageszeitung nicht mehr und das Geschäftsmodell für ihre „Übersetzung“ in die digitale Welt in Form von Nachrichtenportalen – mit sehr wenigen Ausnahmen – noch nicht funktioniert, möglichst kurz sein möge. Zumindest so kurz, dass die Reserven, die es in den Häusern gibt, dafür sorgen, dass man nicht derjenige ist, der das Licht abdreht.
Die am weitesten verbreitete Optimismus-Formel geht ungefähr so: Scheißegal, ob es die Tageszeitung in Zukunft als gedrucktes Produkt noch geben wird oder nicht; wichtig ist, dass es das „Prinzip Zeitung“ noch gibt, und das „Prinzip Zeitung“ ist gleichzusetzen mit „professionellem Journalismus“, und der professionelle Journalismus wird eben ewig leben. Weil ihn die Gesellschaft braucht, auch wenn sie das vielleicht noch gar nicht weiß. Und so hat sich im Krisenjahr 2013 – als besonders besorgniserregende Krisensymptome galten der Verkauf der altehrwürdigen
Washington Post
an Amazon-Gründer und „Büchermörder“ Jeff Bezos und der Umstand, dass die Axel Springer AG sich vom
Hamburger Abendblatt
und der
Berliner Morgenpost
getrennt hat – eine Gruppe von
Spiegel
-Redakteuren unter der Führung von Cordt Schnibben daran gemacht, einen Rettungsplan zu erstellen. 1
#Tag2020
Die
Spiegel
-Mannen sagten klar, was sie wollten: „Eine Debatte initiieren, die den Lesern klarmacht, wie dramatisch die Lage der Zeitungen ist und dass sie etwas verlieren können, was sie vermissen werden, wenn es
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