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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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würde Etzel ein paar Ideen dazu haben.
    »Es heißt ›Bäckerei Stiglmaier und Söhne‹«, antwortete er, als sie ihn fragte, wie der Laden ihres Vaters genannt wurde. »Ich denke, das ist ein guter Name.«
    »Das schon«, stimmte Mina ihm skeptisch zu. »Aber die Leute hier kennen weder dich noch deinen Vater. Wir brauchen einen neuen Namen - einen, den sich die Menschen leicht merken können.« Sie dachte einen Augenblick lang nach. »Hast du eine Spezialität?«
    Sein breites, gutmütiges Gesicht legte sich gedankenvoll in Falten. »Ich mache sehr gute Stollen«, erklärte er stolz. »Die besten in Rosenheim. Das jedenfalls haben mir die Leute erzählt.«
    »Großartig!«, rief Mina aus. »Und in der Weihnachtszeit werden wir sicherstellen, dass jeder von Stiglmaiers Spezialstollen hört. Aber ich dachte an etwas, das wir vielleicht für einen Namen verwenden können.«
    »Ach so.« Er überlegte weiter. Nach einigen Momenten grimmigen Schweigens schlug er vor: »Was wäre, wenn wir es ›Stiglmaiers Bäckerei‹ nennen würden?«
    »Ja ...«, erwiderte Mina langsam. »Nun, wir wir müssen das nicht sofort entscheiden. Lass uns den Wagen entladen und sehen, dass wir ein Dach über den Kopf bekommen. Ich bin mir sicher, dass uns in den nächsten ein, zwei Tagen etwas einfallen wird.«
    Sie verbrachten den Rest des Tages damit, das Geschäftslokal von oben bis unten sauber zu machen und ihre dürftigen Vorräte sowie Engelberts weniges Zubehör ordentlich einzuräumen. Sie erstellten einen Plan, wo ihre Gerätschaften stehen sollten, wie viel Platz sie für einen Ladentisch, für Bleche und die verschiedenen Arbeiten brauchen würden und wo sie Brennstoff für den Ofen aufbewahren könnten. Außerdem planten sie die allgemeine Organisation ihres Haushalts - zum Beispiel, wer welches Schlafzimmer nehmen sollte und welche Möbelstücke wo stehen würden.
    Nach Wilhelminas Auffassung war ihr neues Heim freilich extrem primitiv: Es gab keinen Strom, kein fließendes Wasser, kein Radio, kein Fernsehen und natürlich kein Telefon. Nur Feuer zum Wärmen und als Licht; und alles musste mithilfe menschlicher oder tierischer Muskelkraft transportiert werden. So romantisch es auch erscheinen mochte: Was die Bequemlichkeit und das leibliche Wohl anbelangte, ließ Prag im dreißigsten Jahr der Regentschaft Kaiser Rudolfs II. eine Menge zu wünschen übrig.
    Und wohin sie auch kam, überall zeigten sich ihr ein paar neue - oder, besser gesagt, altertümliche - Kuriositäten. Das erinnerte sie ständig daran, dass die ihr bekannte Welt sich auf mysteriöse und radikale Art verwandelt hatte. Dadurch blieb sie in einem unaufhörlichen gelinden Schockzustand. Zwar gab sie sich äußerlich stets wie jemand, der sich mit seinem Los abgefunden hatte - wenn nicht sogar vollkommen zufrieden damit war. Dennoch war die Frage, wie sie zu der Welt zurückfinden konnte, die sie als real betrachtete, niemals weit von Minas Gedankenwelt entfernt. Wie bei einem lockeren Zahn, den die Zunge nicht in Ruhe lassen konnte, kehrte Mina immer wieder zu dieser Frage zurück - stets ohne Erfolg. Sie hatte einfach nichts in der Hand, womit sie in dieser Angelegenheit praktische Fortschritte zu erzielen vermochte.
    Wilhelmina entschloss sich, in der Zwischenzeit das Beste aus ihrer Situation zu machen. Sie beschäftigte sich mit den alltäglichen Hausarbeiten, richtete ihr neues Heim ein und machte die Zimmer bewohnbar. Als Erstes machte sie in ihren Privatunterkünften Inventur. Es gab ein hölzernes Bettgestell mit Matratze und Zeltvorhängen, einen Tisch aus Kiefernholz mit einem etwas wackligen Bein, einen stabilen Eichenstuhl mit gerader Rückenlehne, eine große Holztruhe für die Kleidung sowie eine kleine Kiste mit mangelhaften Kerzen, die unterschiedlich lang, dick und gebogen waren. Das Bett erwies sich wie die Truhe als recht schwer und gut gearbeitet, die Matratze jedoch, die mit Stroh und Pferdehaar gefüllt zu sein schien, als weich und uneben. Auch eine Bettdecke war vorhanden, die aber nach altem Schweiß stank. Erst als sie tüchtig ausgeklopft und einen Tag lang draußen in der Sonne gelüftet worden war, weigerte Mina sich nicht mehr, darunter zu schlafen.
    Bei all dem Hin und Her war sie erfreut zu sehen, dass sich Engelbert durch Pflichtbewusstsein und Fleiß auszeichnete und dabei stets fröhlich und optimistisch blieb. Zwar war er zu Fuß nicht der flinkste Bursche, doch dafür schien er geradezu unermüdlich zu arbeiten. Im

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