Die Zeitwanderer
sie daran dachte, Engelbert zu fragen, ob das tatsächlich stimmte. »Natürlich vorausgesetzt, dass die Räume oben geeignet sind, um dort zu wohnen. Wir werden Möbel brauchen - Betten, Tische, Stühle. Ganz einfache Dinge.«
»Treppauf werdet Ihr alles finden, was Ihr braucht.« Der Hausbesitzer fuchtelte mit der Hand in Richtung Treppe, die sich hinten im Laden befand.
Ein schneller Rundgang durch die vier Zimmer im ersten Stockwerk brachte Mina die Gewissheit, dass der Mann die Wahrheit gesagt hatte. In zwei Räumen standen Betten, in einem anderen ein Tisch sowie vier Stühle. In dem vierten Zimmer gab es zwei weitere Stühle und eine große Truhe.
»Das ist annehmbar«, urteilte Mina, als sie ins Erdgeschoss zurückkehrte. »Zwei neue Vorleger würden es noch annehmbarer machen.«
»Und das Geld?«, fragte der Hausbesitzer.
Wilhelmina schaute zu Engelbert, der daraufhin seinen Lederbeutel hervorholte. Er drehte den beiden anderen den Rücken zu und gab ein paar Laute von sich, als würde er etwas abzählen. Schließlich wandte er sich ihnen wieder zu und streckte seine Hand dem Hausbesitzer entgegen. Der Mann bewegte ebenfalls die Hand nach vorne, um seine Miete in Empfang zu nehmen.
»Nicht so schnell«, sagte Mina und schnappte sich das Geld. »Wir bezahlen Euch jetzt die Hälfte. Den Rest bekommt Ihr, wenn wir die Papiere unterzeichnet haben.«
»Papiere?«, entgegnete der Hausbesitzer verwundert. »Was sollen das für Papiere sein? Ich weiß nichts von Papieren.«
»Die Schriftsätze«, antwortete sie. »Den Mietvertrag - oder wie auch immer Ihr das nennt. Ich verlange Papiere, auf denen festgehalten ist, dass wir für ein Jahr im Voraus bezahlt haben, dass bald ein Ofen da sein wird und Ihr das Geschäftslokal neu anstreichen lasst - also alles, was wir miteinander vereinbart haben. Ich will es in schriftlicher Form haben.«
»Mein Wort gilt«, schnaubte der Hausbesitzer. »Fragt alle hier; sie werden es Euch bestätigen. Jakub Arnostovi ist ehrlich. Ich habe niemals zuvor irgendjemandem Schriftsätze angetragen.«
»Die Zeiten ändern sich«, erwiderte Wilhelmina zuckersüß.
NEUNTES KAPITEL
D u bist ein Wunder, Wilhelmina«, hauchte Etzel. Die Vorführung ihrer Geschäftstüchtigkeit und ihres tapferen Verhandlungsgeschicks hatte den großen, sanften Mann so in Ehrfurcht versetzt, dass er kaum sprechen konnte. »Wie hast du das nur angestellt?«
»Was?«, fragte Mina, die über seine Verwunderung wirklich verblüfft war.
»Die Art und Weise, wie du Herrn Arnostovi gefügig gemacht hast. Etwas Ähnliches habe ich noch nie gesehen. Immerhin ist er ein Hausbesitzer.«
»Ach, das«, meinte sie. »Vergiss nicht, ich lebe in London. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich mit Hausbesitzern verhandelt.«
»Ich hätte es niemals gewagt, so mit ihm zu sprechen. Es war ...«, er seufzte vor Begeisterung und Hochachtung, »einfach wunderbar!«
»Das war doch gar nichts«, sagte sie, doch sie sonnte sich geradezu in seinem Lob und musste lächeln. »Du solltest mich mal sehen, wie ich bei einem Immobilienmakler in Clapton vom Leder ziehe.«
»Du hast einen ausgeprägten Geschäftssinn, Mina«, erklärte er. »Wir werden sehr gut zusammenarbeiten, glaube ich.«
»Das hoffe ich auch, Etzel.«
»Wohlan!« Er rieb sich die fleischigen Hände. »Du bleibst hier und wartest auf Herrn Arnostovis Rückkehr. Ich werde weggehen und den Wagen holen, und dann können wir mit dem Einzug beginnen.«
Er machte sich auf dem Weg zur Pferdevermietung und eilte die Straße hinunter. Wilhelmina blieb noch einen Moment lang vor dem Laden stehen, begutachtete die Fassade und versuchte zu entscheiden, mit welcher Farbe sie angemalt werden sollte. Weiß war natürlich immer passend für eine Bäckerei; diese Farbe strahlte, so wie gutes Brot, Sauberkeit und Gesundheit aus. Und die Straße, die durch die langen Schatten eh sehr dunkel wirkte, könnte eine Aufhellung sicherlich gut gebrauchen.
Doch nein, Dunkelblau war besser - ein königliches Blau mit goldenen Rändern. Das würde nobel und professionell wirken. Sie blickte noch einmal in beide Richtungen die Straße hinunter. Nein ... Weiß würde sich besser herausheben, und genau das war es, was sie jetzt mehr als alles andere brauchten: ein guter, fester weißer Lack und ein Schild - die besten Läden hatten alle eines, wie ein Blick auf die Straße verriet -, das einen frisch gebackenen Brotlaib zeigte.
Und wie sollte das Geschäft jetzt heißen? Wahrscheinlich
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