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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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den Anspruch meiner Schwester über meinen erhoben. Was in Ordnung war, denn das bedeutete, dass ich zu den Vagabunden zurückkehren konnte, sobald Ruhe eingekehrt wäre. Nur dass keine Ruhe einkehrte. Meine Mutter starb binnen weniger Monate, höchstwahrscheinlich durch Gift. Zuerst habe ich Sumey geglaubt, als sie mir sagte, Mutter hätte Selbstmord begangen. Aber dann, Stück für Stück, kam ich zu dem Schluss, dass sie ermordet worden war und dass meine Schwester die Täterin sein musste. Da hatte ich bereits angefangen, Sumey mehr als nur ein bisschen zu hassen.«
    »Warum?« Wenn ich Maylien in das Amt ihrer Schwester bringen sollte – und dazu war ich verpflichtet –, wollte ich so viel wie nur möglich über beide wissen.
    »Kaum war Sumey Baronin, da hat sie angefangen ... unseren Leuten Dinge anzutun. Sie hat sie behandelt wie Tiere und schlimmer. Ich weiß nicht, ob sie immer schon so war und ich es vorher nur nie begriffen habe oder ob während der Jahre in Aven irgendwas mit ihr passiert ist, wodurch sie sich verändert hat. Was auch der Grund war, meine Alpträume darüber, dass jemand in dem Amt, das ich hätte erben sollen, Schlimmes anrichtet, wurden wahr. Und die Tatsache, dass die Person, die das tat, meine Schwester war, machte die Sache noch tausendmal schlimmer ... Wie konnte sich jemand, der mir so nahestand, in so etwas Abscheuliches verwandeln?«
    Ich wandte den Blick von Maylien ab und schaute zum Feuer, denn ich hatte ihr keine Antwort zu bieten. Hätte ich eine gehabt, dann hätte Devins Verrat an der Göttin und ihren Idealen vielleicht weniger wehgetan. Andererseits, vielleicht auch nicht. Das hinge ganz davon ab, wie die Antwort ausgefallen wäre.
    Wenn Devin und Sumey einfach nur böse Menschen waren, die auf den richtigen Moment gewartet hatten, um ihre Niedertracht herauszulassen, dann hätten wir uns einfach in der Rüstung der Rechtschaffenheit aalen können. Aber wenn sie nur zwei Leute waren wie Maylien und ich auch und die Erklärung dafür, warum wir hier und die dort waren, in den Umständen zu finden war ...
    Eines der Dinge, die ich seit dem Sturz des Tempels über die Jahre gelernt hatte, war, dass nichts je einfach war. Maylien hatte sich nicht mehr gerührt, seit sie zu reden aufgehört hatte. Sie starrte einfach nur weiter in die Finsternis. Ich war immer noch ziemlich schwach, also stützte ich mich erst auf Hände und Knie, ehe ich versuchte aufzustehen.
    Als mich das nicht umbrachte, stemmte ich mich langsam und vorsichtig auf die Beine. Es wäre kaum wünschenswert, würde ich ins Feuer stürzen und sie zwingen, mich erneut zu retten. Ich ging zu Maylien und stellte mich hinter sie. Dabei war ich laut genug, dass sie mich kommen hören konnte. Sie drehte sich nicht um, also legte ich ihr eine Hand auf die Schulter und fühlte, dass sie weinte, wenn auch geräuschlos.
    »Maylien, was deine Schwester tut, lastet auf ihrem Gewissen, nicht auf deinem.«
    Sie schüttelte meine Hand ab. »Ich bin Marchon, jedenfalls sollte ich es sein. Sumey hat Menschen gefoltert und ermordet ... meine Leute, und sie hat es unter dem Banner derer zu Marchon getan. Was ein Marchon tut, fällt in meine Verantwortung. Diese Toten lasten auf meinem Gewissen.«
    »Hast du deine Schwester zur Baronin Marchon gemacht?«
    »Nein, natürlich nicht! Das war Thauvik. Und meine Schwester selbst ... als sie meine Mutter ermordet hat, um ihren Platz einzunehmen.«
    »Und seither versuchst du, die Dinge ins Lot zu bringen?«
    »Ja, aber das reicht nicht.« Maylien drehte sich zu mir um und sah mir in die Augen. »Verstehst du denn nicht? Es wird nie genug sein. Meine Schwester ist ein Monstrum. Sie tut jetzt schon Dinge, die mindestens so schlimm sind wie das, was Serak und mir passiert ist. Ich hätte es kommen sehen müssen, hätte früher etwas tun müssen, um es irgendwie zu verhindern.«
    »Du willst es ungeschehen machen, nicht wahr?«, fragte ich, und meine Stimme klang, als würde sie durch bitteres Gewässer aufsteigen – eine Nachwirkung des Nimaverlusts, möglicherweise.
    »Ja!«
    Ich schüttelte den Kopf. »Aber so funktioniert das nicht. Du kannst die Vergangenheit nicht ändern ... wie sehr du es auch willst, wie schlimm sie auch war. Nicht einmal die Götter können die Vergangenheit ändern. Du darfst dir nicht die Last dessen auf deine Schultern laden, was hätte sein können, oder sie wird dich zerschmettern.«
    »Du sprichst nicht mehr nur von Sumey und mir,

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