Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)
damit, abwechselnd aufgrund von totaler Erschöpfung und Suff das Bewusstsein zu verlieren.
Bei Sonnenuntergang, kurz bevor wir den Exilsitz erreichten, hatte ich wieder ein wenig mehr Kraft und war wach genug, vage verschwommene Eindrücke von jeder Menge zerstörter Steinmauern und eingestürzter Bauten zu gewinnen, die sich um einige sorgsam renovierte und getarnte Häuser gruppierten. Auf dem Gelände liefen ein paar Dutzend Männer und Frauenumher, überwiegend in derbe Kriegertracht gewandet. An den Schwertarmen trugen sie Bänder mit einem invertierten Emblem des Hauses Marchon – auf dem Kopf stehend sah der Jadefuchs auf seinem goldenen Feld auf subtile Weise verkehrt aus. Maylien und Heylin hatten eine beachtliche Gegenkraft aufgebaut. Bedauerlicherweise musste ich nur vom Pferd steigen und das Badehaus aufsuchen, um meine Reserven weitgehend aufzubrauchen, darum hatte ich keine Gelegenheit, mehr darüber zu erfahren.
Zweimal döste ich in dem Seifenwasser ein und musste von Chul geweckt werden, einem jungen Soldaten, dem Heyin den Auftrag erteilt hatte, darüber zu wachen, dass ich nicht in der Wanne ertrank. Außerdem beschaffte er ein Gewand. Nachdem ich mich zum Abort und wieder zurück geschleppt hatte, führte er mich in einen kleinen Raum mit Wänden aus Stein, in dem ein dickes Federbett auf einer niedrigen Plattform wartete, umgeben von einigen überaus hübschen und offenkundig in Eile ausgelegten Teppichen. Es roch kräftig nach Sommeräpfeln.
»Vergebt bitte den Zustand Eures ... Schlafgemachs«, sagte er und hörte sich zugleich fürchterlich verlegen und verwirrt an. »Die Baronin hat uns gesagt, wir sollen Euch behandeln wie einen hoch geehrten Gast, und normalerweise hätten wir Euch in einem der Turmzimmer untergebracht, aber sie hat uns auch gebeten, Euch einen Raum zuzuweisen, in den die Sonne nicht scheint. Keine Fenster und so viele Fuß Mauerwerk und Holz wie nur möglich sollten wir zwischen Euch und den Himmel bringen. Das hat die Sache etwas ... erschwert.«
»Es ist perfekt«, sagte ich. »Mayl... Eure Baronin ist eine weise junge Frau.« Dankbar ließ ich mich auf das Bett sinken. Es fühlte sich herrlich an.
»Wir mussten den Riegel von der Tür entfernten, weil er nicht dafür gemacht war, von dieser Seite aus geöffnet zu werden. Versetzt der Tür einfach einen Stoß, wenn Ihr hinausgehen wollt.Hier unten gibt es keinen Abort, aber ich kann Euch einen Nachttopf bringen, wenn Ihr es wünscht.«
Ich versuchte, ihm zu antworten, aber ich brachte nur noch ein Murmeln heraus, ehe der Schlaf mich überrollte.
Etwas Feuchtes, Kühles berührte meine Stirn, und ich schlug blinzelnd die Augen auf. Ein Schatten durchquerte den düsteren Lichtschein einer Laterne, der durch die Tür in meine kleine Schlafkammer fiel. Meine Augen zuckten aufwärts. Triss hing links über mir an der Wand, eine Pfote nach meinem Gesicht ausgestreckt, auf dem direkt über den Augen ein feuchter Lappen lag.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er besorgt.
Ich streckte mich, zunächst vorsichtig, dann mit zunehmendem Enthusiasmus. Ich war steif und etwas schwach, aber ich hatte keine Schmerzen mehr, nur meine Kehle tat weh und fühlte sich aus mir unerfindlichen Gründen an wie Hackfleisch. Außerdem hatte ich wirklich ernsthaften Hunger.
»Ich fühle mich ganz gut, Triss. Offenbar war ein guter Nachtschlaf und ein anständiges Bett genau das, was ich gebraucht habe.«
Ein verschrobenes Kichern lenkte meine Aufmerksamkeit zum Fuß des Betts. Maylien stand in der Tür, und Bontrang thronte auf einem Lederflicken auf ihrer Schulter.
»Was amüsiert dich so?«, fragte ich.
»Versuch es lieber mit einem Wochenschlaf, unterbrochen von deliriösen Episoden«, sagte Maylien.
Ich sah mich zu Triss um. »Wirklich?«
Für einen Moment zog sich Triss verlegen zusammen. »Wie es scheint, lag das an mir. Der magische Blitz hat mich schlimmer verletzt, als ich zugeben wollte ...«
»Triss ...«
Er blickte zur Seite. »Erst wollte ich nicht, dass du dir Sorgen machst, weil es dir auch nicht gutging. Du musstest einen klaren Kopf behalten, um uns vor der Elite in Sicherheit zu bringen. Später wusste ich, du würdest wütend auf mich sein, weil ich es dir nicht gesagt habe, und ich war so damit beschäftigt, mich selbst in einem Stück zu halten, dass ich kaum zwei Worte aneinanderreihen konnte. Es schien einfach leichter zu sein, nicht darüber zu sprechen.« Wieder schrumpfte er zusammen. »Jetzt fühle
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