Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
Vom Netzwerk:
geöffnet hatten, aber ich war nie Zeuge von etwas Derartigem geworden, und ich hatte auch nie damit gerechnet, dergleichen je mitanzusehen. Das gehörte nicht zu den Dingen, um die wir sie gebeten hatten. Niemals. Bis zu diesem Moment hatte ich mich nie gefragt, warum. Nun kannte ich die Antwort. Furcht. Was Triss meinen Feinden gerade angetan hatte, das könnte er auch jederzeit mit mir tun, wenn er nur wollte.
    Wann immer ich mich in seiner Finsternis verbarg, wann immer ich meine Magie durch ihn wirkte, wann immer ich meinen Vertrauten aus irgendeinem Grund um mich legte, trat ich damit auf die Schwelle zum Immerfinster, und nur der Schatten stand noch zwischen mir und dem Verderben. Würde ich Triss nicht mehr trauen als mir selbst ...
    Wieder zitterte ich, dieses Mal wegen der unterirdischen Kälte in dem feuchten Kerkerraum. Angesichts der Umgebungstemperatur und der Misshandlungen, die ich hatte über mich ergehen lassen müssen, förderte ich meinen Schockzustand allein dadurch, dass ich hier herumstand. Ich musste inBewegung kommen. Und, wichtiger noch, ich musste herausfinden, was Maylien zugestoßen war. Das und mehr schuldete ich ihr, nachdem sie mir geholfen hatte, Triss zu retten.
    »Triss!«, rief ich, als ich Richtung Fenster stolperte. »Triss, komm her!«
    Ich musste mich an den Gitterstäben festhalten, um auf den Beinen zu bleiben, als ich in die Nacht hinausstarrte. Alles, was ich sehen konnte, war ein Streifen leerer Pflastersteine und dahinter eine kahle Ziegelmauer, aber keine Spur von Maylien.
    Scheiße.
    Ich wandte mich ab von der einsamen Nacht. Triss flatterte immer noch kreuz und quer durch den Raum, anscheinend auf der Suche nach etwas, das er töten konnte, und murrte dabei in seiner eigenen Sprache vor sich hin. Auch Lok hatte er in die Finsternis geschickt, aber der Magier war bereits tot gewesen, und nun stieß er immer wieder herab, um den verkohlten Leichnam des vierten Mannes zu untersuchen.
    Fast wünschte ich, er würde sich den Mistkerl einfach holen. Der Gestank des verbrannten Fleisches drehte mir den Magen um. Nachdem ich ihn gerufen hatte, dachte ich einige Sekunden lang, Triss würde nicht kommen, doch nach ein paar weiteren sturzflugartigen Annäherungen an den Toten glitt er zu meinen Füßen herab, genau dorthin, wo das Licht des Kerkers ihn hingeworfen hätte.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er. »Die haben dich verletzt, und ich konnte sie nicht daran hindern.« Seine Stimme ertönte schrill, die Worte hastig, durchzogen von Kummer und Schmerz. »Ich konnte überhaupt nichts tun. Es hat sich angefühlt wie einer dieser Albträume, die euch Menschen manchmal im Schlaf befallen, so, als hätte mich etwas mit den Zähnen gepackt und würde mich schütteln und schütteln und schütteln, als würde es niemals enden.«
    »Für mich war es auch ziemlich albtraumhaft«, sagte ich.
    »Ich weiß.« Plötzlich erhob sich mein Drachenschatten vom Boden und wickelte die Flügel um mich. »Ich weiß. Ich wollte sie alle umbringen, sie zur Rechenschaft ziehen, weil sie dir wehgetan haben, aber ich konnte es nicht. Ich konnte nicht! Es tut mir so leid.«
    Für einen winzigen Augenblick spürte ich die Gefahr des Immerfinster in der Berührung, doch Triss hatte nichts getan, diese Empfindung zu provozieren. Rasch verdrängte ich das Gefühl und entspannte mich in der Umarmung meines liebsten, engsten Freundes. Er war ein geübter Mörder und verdammt beängstigend, aber das war ich auch. Wir waren beide die Produkte eines Systems, das dazu geschaffen wurde, lebendige Waffen hervorzubringen.
    »Alles in Ordnung, Triss. Ich bin in Ordnung. Wir müssen hier weg und rausfinden, was aus dem Mädchen geworden ist.«
    Natürlich war, was immer Maylien zugestoßen war, zu diesem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich längst vorbei. Seit ihrem Aufschrei war von draußen nichts mehr zu sehen oder zu hören gewesen, was die Vermutung nahelegte, dass sie entweder tot oder entführt worden war. Nackt und unbewaffnet konnte ich wenig tun, also überlegte ich, dass ich mir doch besser noch ein paar Sekunden Zeit nehmen sollte, um diesen Zustand zu beenden.
    Alles, was ich am Leib getragen hatte, als ich dem Todesfunken zum Opfer gefallen war, lag auf einem unordentlichen Haufen, half mir aber nicht viel weiter. Sie hatten mir die Kleider und die Stiefel vom Leib geschnitten, vermutlich, nachdem sie mich an das Gerüst der Glyphe geschnallt hatten, und der Großteil meiner Klingen war bei den

Weitere Kostenlose Bücher