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Die Zerbrechlichkeit des Gluecks

Die Zerbrechlichkeit des Gluecks

Titel: Die Zerbrechlichkeit des Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Schulman
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auf seinem Fahrrad den Abhang hinunterfahren. Die Buffalo Street war so abschüssig, dass man total bescheuert sein musste, da ohne angezogene Handbremse runterzubrettern, aber das gefiel Jake. Er machte dabei sogar gern die Augen zu, was beinahe selbstmörderisch war, so bescheuert war es. Er mochte es, wie ihm der Wind durchs Haar brauste, den Schweiß auf seiner Kopfhaut, auf dem Hals, in den Achseln trocknete, wie er ihm die Ärmel hochfuhr und das Hemd im Rücken wie ein Segel bauschte. Ihm gefiel dieser Blindflug.
    Jonas’ Mutter hatte zwar vor, an dem Abend auszugehen, bestellte ihnen aber vorher noch was vom Chinesen. »Bestellt euch, was ihr wollt, Jungs«, sagte sie. »Jo, in der Gelddose ist Geld.« Also aßen sie Rippchen und Frühlingsrollen im Stehen und brüllten sich über das Xbox hinweg gegenseitig an. Mit den brüchigen hölzernen Essstäbchen aßen sie die Nudeln direkt aus dem Karton, keiner kam auf die Idee, sich einen Teller zu schnappen. Es war ein, wenn auch langweiliger, Spaß, bis die Stunden allmählich vergingen und sie bereit für die Party waren, wo es Mädchen gab und die Dinge möglicherweise eine andere Wendung nahmen.
    Also gingen sie im Pulk den Hügel hinauf zu Olivia und begegneten unterwegs noch Arthur Gladstone und seiner ausgeflippten Bande. Arthur war ein Punk der alten Schule: Hundehalsband, Sex-Pistols-T-Shirt, Stiefel mit Ketten. Irgendwie komisch, dachte Jake, dass es immer ein Grüppchen Hippies, Punks oder Rocker gab, ganz egal, wo man zur Schule ging. Wenn der Stil erst mal angesagt war, schien es unausweichlich, dass jedes Jahr ein paar Kids geboren wurden, die aus einer anderen Ära hochgebeamt waren. In Ithaca hatte sich ein Typ jeden Zentimeter seines Körpers tätowieren lassen, inklusive des Gesichts. Und der war auch noch Vater! Jake hatte ihn auf dem Schulhof einen Kinderwagen schieben sehen, und die Bäckchen seines Babys waren frisch und weiß wie ein chinesisches Dampfbrötchen. Ob der Kleine sich über den Haufen Tinte an seinem Vater wunderte? Oder sich einfach dachte, okay, das ist mein Dad? Vielleicht würde Jakes eigener Nachwuchs mal wie besessen uralte Xbox-Spiele spielen und sich darüber streiten, welche voll cool waren und welche voll daneben, so wie sein Vater immer mit seinen College-Freunden rumhockte und sich über Bob-Dylan-Alben stritt. Ein paar aus Arthurs Gang gingen gar nicht auf die Wildwood, sondern auf die Kennedy, die örtliche staatliche Highschool, und zwei der Typen hatten einen Irokesenschnitt. Jakes sechsjährige kleine Schwester trug Hundehalsbänder, aber sogar die wusste, dass es bloß ein Gag war.
    »Coco hat einen instinktiven, respektlosen, drolligen Hang zum Burlesken«, hatte Henry mal feierlich gesagt. »Eines Tages werde ich sie heiraten.«
    Träum weiter, hatte Jake sich gedacht, aber nichts gesagt.
    »Es findet nicht statt«, sagte Arthur, sozusagen zur Begrüßung.
    »Was?«, wollte McHenry wissen. »Was findet nicht statt, du Faschistenarsch?«
    »Olivias Eltern haben beschlossen, sie fahren aufs Land und nehmen Olivia mit. Von wegen mal wieder einen auf Familie machen und so«, höhnte Arthur und spuckte auf den Bürgersteig. »Die fliegt in Mathe wieder durch.« Er trug lila Lidschatten, und für einen kurzen Augenblick rechnete Jake damit, dass die Spucke rosa und blau rauskäme, tat sie aber nicht.
    »So eine Scheiße.« McHenry wandte sich zu seinen Jungs. »Und jetzt?«
    Viel mehr war sonst nicht los, wenn es keine Party gab. In Gedanken konsultierte Jake den Expressbus-Fahrplan. Bis zur nächsten Haltestelle waren es zu Fuß zwanzig Minuten.
    »Daisy Cavanaugh meinte, wir können alle zu ihr nach Hause kommen. Ihre Leute sind in Zypern auf Steuerflucht«, sagte Arthur.
    »Daisy Cavanaugh ist in der Achten«, versetzte McHenry verächtlich. »Eine kleine Middle-School-Schlampe«, fügte er hinzu.
    Jake kannte Daisy Cavanaugh nicht und musterte Henry fragend.
    Henry zuckte die Schultern, die dabei das lange Haar seiner Skateboarder-Frisur berührten. »Ach, die ist schon okay«, informierte er McHenry. »Hat ein tolles Haus«, sagte er an Jake gewandt.
    »McSupervilla«, versetzte Arthur. »Wahnsinnskino im Keller, Pool hinten im Garten. Ihr Vater hat irgend so ein Label geerbt, hat ’nen Haufen Knete.«
    »Ein Label?«, fragte Jake.
    »Na, du weißt schon, Calvin Klein und so! Ein Designerlabel!«
    Davis meinte: »Wir haben nichts Besseres zu tun. Wir können ja sonst nirgends hin.«
    »Wie wahr«, kam es von

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