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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hast deine Mutter zwölf Jahre lang gehabt, Jaelle; dieser arme Kleine hat sie verloren, bevor sie ein einziges Mal in sein Gesicht sehen konnte. Er hat niemanden als seine Schwester. Willst du nicht kommen und mir helfen, ihn zu trösten?«
    Jaelle erschauerte vor Widerwillen und versuchte, sich Rohana zu entwinden. Ihr Schluchzen wurde noch wilder, und Rohana ließ sie traurig los. Jaelle hatte seit Meloras Tod nicht gesprochen; Rohana fürchtete, in diesen letzten paar fürchterlichen Augenblicken von Meloras Leben sei der Geist des Kindes gewaltsam dem telepathischen Kontakt geöffnet und die latente Gabe unter dem Eindruck der Agonie geweckt worden.
    Niemand konnte es Melora zum Vorwurf machen, daß sie mit ihrem letzten bewußten Gedanken auf die einzige Art, zu der sie noch die Kraft besaß, einen letzten, verzweifelten Versuch gemacht hatte, ihr geliebtes Kind zu berühren. Doch was hatte das Jaelle angetan?
    Als spüre es Rohanas Sorgen, wurde das Baby unruhig und begann, unter ihrer Jacke zu wimmern. Sie streichelte es und dachte an die vielen Meilen, die noch zwischen ihnen und Carthon lagen, wo sie zumindest eine Amme für das Kind finden konnte. Für das Kind ging es allein um das Überleben; richtig gefüttert und versorgt, würde es überleben. Aber was war mit Jaelle? Sie würde nicht sterben, aber was hatte dieser Schock ihr angetan? Die Zeit mußte es lehren.
    Vielleicht können die Amazonen mehr für sie tun als ich. Ich bin in ihren Gedanken Teil jenes Augenblicks von Entsetzen und Tod. Sie jedoch können Jaelle vielleicht trösten und ihr helfen.
    Sie mußte es ihnen überlassen, wenigstens bis Jaelle sich beruhigt hatte und wieder bei Sinnen war. Danach – Rohana sah sehnsüchtig auf Jaelles weiches, verwirrtes Haar, wagte es jedoch nicht, sie zu berühren –, danach mußte man abwarten.
    5
    Zwölf Tage später blickte Rohana von der Höhe des Passes nieder, der ins Tal von Thendara hinabführte.
    »Jaelle«, rief sie, sich zurückwendend, »komm und sieh dir die Stadt deiner Vorfahren an!«
Gehorsam ritt das junge Mädchen nach vorn und blickte auf die alte Stadt nieder, die in dem Tal unter ihnen lag. »Dies ist die Stadt der Comyn? Ich habe noch nie eine so große Stadt gesehen; Shainsa ist nicht halb so groß.« Fasziniert und, wie es schien, ängstlich betrachtete sie die breit hingelagerten Gebäude und die sie überragende Comyn-Burg. »Sag mir, Verwandte, ist es wahr, daß die Comyn von den Göttern abstammen? Mein… – ich habe es sagen hören, und ich habe es abstreiten hören. Was ist die Wahrheit?«
Wie geschickt sie es vermeidet, ihren Vater oder ihre Mutter zu nennen! In zwölf Tagen hat sie nicht einmal von ihnen gesprochen. Rohana antwortete: »Ich kann dir nur erzählen, was ich selbst gehört habe. Es heißt, Hastur, Sohn von Aldones, dem Herrn des Lichts, kam bei Hali auf unsere Welt. Er umwarb und gewann Cassilda, Robardins Tochter, die Mutter der Domänen, und deshalb sind alle vom Blut Hasturs mit den Göttern verwandt. Ob es wahr oder nur eine hübsche Geschichte ist, weiß ich ebensowenig wie du. Soviel unterliegt keinem Zweifel: Alle vom Blut Hasturs, alle Sippen der Sieben Domänen haben die Laran-Kräfte, die Psi-Gaben, die sie von den anderen auf dieser Welt geborenen Menschen unterscheiden.«
»Dann sind alle Comyn von Hasturs Blut?«
»Im Anfang ja, obwohl sie sich in den großen Tagen der Türme in die sieben Familien aufteilten, die wir heute die Domänen nennen. Alle sind vom Blut Hasturs und Cassildas. Aber es steht fest, daß wir keine Götter oder etwas Ähnliches sind, mein Kind.«
Ich wollte, wir wären es. Dann wüßte ich eher, was ich mit dir anfangen soll, Kleines. Rohana seufzte und berührte die Stelle, wo unter ihrer Jacke warm geborgen Meloras Baby schlief. Es war kalt in dieser Höhe, sogar im Sommer. Jaelle benahm sich gegen Rohana nicht mehr offen feindselig, aber sie hatte sich auch nicht um Trost an sie gewandt. Ebensowenig war sie bereit gewesen, einen Blick auf ihren kleinen Bruder zu werfen.
Als hätten ihre Gedanken ihn erreicht, wurde der kleine Valentin unruhig, und Rohana winkte die Amme aus Carthon heran. Sie ritt vor, nahm Rohana das Kind ab, öffnete ihr Kleid und legte das Kind faul an ihre Brust. Rohana hielt sie für eine einzigartig stupide Frau – die würde ich kein Hündchen großziehen lassen, ganz zu schweigen von einem Kind – , aber Valentin gedieh von ihrer Milch, und nur darauf kam es im Augenblick an.
Dürfte man

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