Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerbrochene Krone

Die zerbrochene Krone

Titel: Die zerbrochene Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
nicht.« Sie besaß ein Talent, das sie genauso verborgen hielt wie er die Wölfe. Sie sah mitunter Menschen umgebende Bilder und Auren und erkannte manchmal, was sie bedeuteten. »Du kannst nicht wissen, wie das ist, Perrin. Ich war zwölf, als es angefangen hat, und ich wußte es damals nicht zu verbergen. Jedermann glaubte, ich würde einfach Dinge erfinden. Bis ich erzählte, daß ein Mann aus der nächsten Straße eine Frau heiraten würde, mit der ich ihn sah, der aber bereits verheiratet war. Als er dann mit ihr davonlief, führte seine Frau eine Menschenmenge zum Haus meiner Tanten und behauptete, ich sei dafür verantwortlich, da ich bei ihrem Mann die Eine Macht benutzt oder den beiden eine Art Trank verabreicht hätte.« Min schüttelte den Kopf. »Sie war nicht allzu scharfsichtig. Sie mußte einfach jemanden beschuldigen. Es hieß auch, ich sei eine Schattenfreundin. Kurz vor dieser Geschichte waren einige Weißmäntel in der Stadt gewesen und hatten versucht, die Menschen aufzuwiegeln. Tante Rana überzeugte mich davon zu erzählen, ich hätte die beiden einfach belauscht, Tante Miren versprach mich zu versohlen, wenn ich Geschichten verbreitete, und Tante Jan sagte, sie würde mir Medizin verabreichen. Sie haben es natürlich nicht getan - sie kannten die Wahrheit -, aber wären sie nicht so unbefangen umgegangen, zumal ich noch ein Kind war, hätte ich verletzt oder sogar getötet werden können. Die meisten Menschen mögen Leute nicht, die Dinge über ihre Zukunft wissen. Die meisten Menschen wollen nichts davon hören, es sei denn natürlich, es wäre etwas Gutes. Das galt selbst für meine Tanten. Aber für die Aiel bin ich aus Höflichkeitsgründen eine Art Weise Frau.«
    »Einige Menschen vermögen Dinge, die andere nicht können«, sagte Nandera, als genüge das als Erklärung.
    Min lachte erneut, streckte die Hand aus und berührte das Knie der Tochter des Speers. »Danke.« Sie schaute zu Rand auf. Jetzt, wo sie wieder lachte, besaß sie eine besondere Ausstrahlung. Das hielt sogar noch an, nachdem sie wieder ernst geworden war. Ernst und nicht sehr froh. »Um auf deine Frage zurückzukommen - ich habe nichts Nützliches gesehen. Bei Taim sehe ich in der Vergangenheit und in der Zukunft Blut, aber das dürfte dich nicht überraschen. Er ist ein gefährlicher Mann. Sie scheinen wie die Aes Sedai Bilder auf sich zu vereinen.« Ein Seitenblick durch gesenkte Wimpern zu Dashiva und den anderen Asha'man verdeutlichte, wen sie meinte. Um die meisten Menschen waren nur wenige Bilder zu sehen, aber Min sagte, bei Aes Sedai und Behütern sei dies anders. »Das Problem ist, daß die Bilder, die ich sehen kann, verschwommen sind. Ich glaube, das kommt dadurch, daß sie die Macht halten. Das ist bei Aes Sedai anscheinend häufig der Grund, und es wird noch schwieriger, wenn sie die Macht gerade lenken. Um Kiruna und die anderen kann ich viele Dinge sehen, aber sie bleiben stets so dicht zusammen, daß alles, nun ... die meiste Zeit durcheinandergerät. Und bei den Gefangenen ist es noch unklarer.«
    »Mach dir keine Gedanken um die Gefangenen«, riet Rand ihr. »Sie werden Gefangene bleiben.«
    »Aber Rand, ich habe weiterhin das Gefühl, daß da noch etwas Wichtiges ist - wenn ich es nur herauslösen könnte. Du mußt es erfahren.«
    »Wenn man nicht alles weiß, muß man mit dem weitermachen, was man weiß«, zitierte Rand. »Anscheinend weiß ich niemals alles, und die meiste Zeit kaum genug. Aber ich habe keine andere Wahl, als weiterzumachen, nicht wahr?« Es war eigentlich keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Loial schlenderte heran, trotz seiner offensichtlichen Müdigkeit fast vor Tatendrang berstend. »Rand, sie sagen, sie seien aufbruchbereit, aber du hast versprochen, mir alles zu erzählen, solange es dir noch frisch in Erinnerung ist.« Seine Ohren zuckten plötzlich verlegen, und die dröhnende Stimme wurde traurig. »Es tut mir leid. Ich weiß, daß es nichts Erfreuliches ist. Aber ich muß es wissen. Für das Buch. Für die Generationen.«
    Rand stand lachend auf und zog am geöffneten Umhang des Ogiers. »Für die Generationen? Reden Dichter alle so? Mach dir keine Sorgen, Loial. Es wird mir noch immer frisch in Erinnerung sein, wenn ich es dir erzähle. Ich werde es nicht vergessen.« Ein grimmiger, verärgerter Geruch schwebte trotz des Lächelns blitzartig von ihm heran und verging wieder. »Aber erst, wenn wir wieder in Cairhien sind, alle ein Bad genommen und in einem Bett

Weitere Kostenlose Bücher