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Die zerbrochene Krone

Die zerbrochene Krone

Titel: Die zerbrochene Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und erweckte trotz der behaglich wirkenden Atmosphäre den Eindruck, als wäre er im Handumdrehen zum Angriff bereit. Der Clanhäuptling war nicht jung -kein Clanhäuptling war jung -, und Grau durchzog sein dunkles, leicht rötliches Haar, aber jedermann, der glaubte, er sei mit dem Alter verweichlicht, würde eine böse Überraschung erleben. »Möget Ihr stets Wasser und Schatten finden. Ich stehe hinter dem Car'a'carn, und meine Speere stehen hinter mir.«
    »Wasser und Schatten sind vielleicht recht gut«, sagte Davram Bashere, während er ein Bein über die goldüberzogene Lehne seines Sessels legte, »aber mir persönlich wäre eisgekühlter Wein lieber.« Davram war ein wenig größer als Enaila; er hatte seinen kurzen blauen Umhang geöffnet, und Schweiß glänzte auf seinem dunklen Gesicht. Er wirkte mit seinen wild dreinblickenden, schrägstehenden Augen und seiner hakenförmigen Adlernase über einem dichten, von Grau durchzogenen Schnurrbart, trotz seiner augenscheinlichen Gleichgültigkeit, noch härter als Bael. »Ich gratuliere Euch zu Eurer Flucht und Eurem Sieg. Aber warum kommt Ihr wie ein Gefangener verkleidet hierher?«
    »Ich möchte eher wissen, ob er uns Aes Sedai auf den Hals hetzt«, warf Deira ein. Failes Mutter war eine große Frau in einem golddurchwirkten, grünen Seidengewand und ebenso groß wie jede Tochter des Speers außer Somara, das lange schwarze Haar an den Schläfen von Weiß durchzogen, ihre Nase nur eine Spur weniger kühn als die ihres Ehemanns. Tatsächlich konnte er aber von ihr noch etwas lernen, und sie war ihrer Tochter in einer Beziehung sehr ähnlich: Ihre Treue galt ihrem Gemahl, nicht Rand. »Ihr habt Aes Sedai gefangengenommen! Müssen wir jetzt erwarten, daß uns die gesamte Weiße Burg angreift?«
    »Wenn sie das tun«, sagte Melaine scharf, während sie ihre Stola richtete, »werden sie bekommen, was sie verdienen.« Blond, grünäugig und wunderschön, dem Gesicht nach zu urteilen nur wenige Jahre älter als Rand, war sie eine Weise Frau - und mit Bael verheiratet. Was auch immer die Weisen Frauen dazu veranlaßt hatte, ihre Ansicht über Aes Sedai zu ändern, so hatten Melaine, Amys und Bair doch die meisten Veränderungen bewirkt.
    »Ich möchte wissen«, sagte die dritte Frau, »was Ihr wegen Colavaere Saighan zu unternehmen gedenkt.« Obwohl Deira und Melaine eine starke Präsenz besaßen, übertraf Dorindha sie beide noch, obwohl nur schwer festzustellen war weshalb. Die Dachherrin der Rauchquellenfeste war eine kräftige, mütterliche Frau, eher ansehnlich als hübsch, mit Falten um die blauen Augen und genauso viel Weiß im hellroten Haar, wie Bael Grau aufwies, und doch beherrschte sie die drei Frauen, was für jeden vernünftigen Menschen erkennbar war. »Melaine sagt, Bair messe Colavaere Saighan nur wenig Bedeutung zu«, fuhr Dorindha fort, »aber Weise Frauen können genauso blind sein wie jeder andere Mensch, wenn es darum geht, einen vor sich liegenden Kampf zwar zu sehen, den Skorpion unter ihren Füßen aber zu übersehen.« Ein Lächeln für Melaine nahm den Worten ihre Schärfe. Und Melaines Lächeln sollte gewiß besagen, daß sie sich nicht angegriffen fühlte. »Die Arbeit einer Dachherrin besteht darin, jene Skorpione zu finden, bevor jemand gestochen wird.« Sie war ebenfalls Baels Frau, eine Tatsache, die Rand noch immer aus der Fassung brachte, auch wenn sie und Melaine es sich so erwählt hatten. Vielleicht teilweise, weil sie es sich so erwählt hatten. Bei den Aiel hatte ein Mann wenig zu sagen, wenn seine Ehefrau eine Schwester-Frau erwählte. Auch bei ihnen war dies keine übliche Vereinbarung.
    »Colavaere widmet sich jetzt dem Ackerbau«, grollte Rand. Sie sahen ihn blinzelnd an und fragten sich, ob das ein Scherz sei. »Der Sonnenthron ist wieder frei und wartet auf Elayne.« Er hatte erwogen, einen Schutz gegen Lauscher zu weben, aber ein Schutz konnte von einem Suchenden, Mann oder Frau, entdeckt werden, und seine Anwesenheit würde bedeuten, daß etwas Interessantes besprochen wurde. Nun, alles, was hier gesagt würde, würde ohnehin nur allzu bald von der Drachenmauer bis zum Meer bekannt sein.
    Fedwin rieb sich die Handgelenke, während Jalani ihr Messer in die Scheide zurücksteckte. Niemand gönnte ihnen einen zweiten Blick. Aller Augen ruhten auf Rand. Er sah Nerilea stirnrunzelnd an und wedelte mit seinen zusammengebundenen Händen, bis Sulin die Fesseln durchschnitt. »Ich wußte nicht, daß dies ein Familientreffen

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