Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
Vom Netzwerk:
auf. „Wo ist der Bengel, er war doch eben noch hier?“
    Wir tauschten einen Blick. „Er wird doch nicht … er wird doch nicht deine Puppe gestohlen haben?“, sprach Tomke flüsternd meine Gedanken aus. „Warte hier auf den Eimer!“
    Sie sprang auf und hastete mit schepperndem Geräusch über den Gittersteg davon. Ich konnte an nichts anderes denken, als an die Magensäfte und das Frühstück, die meine Kehle heraufkrochen.
    Hinter mir erklangen erneut Schritte, doch schon bevor ich mich umwandte, wurde mir klar, dass es schwerere waren als Tomkes. Ich sprang auf die Füße, binnen eines Augenblicks war mein Magen wieder unter Kontrolle – ich wusste, dass Gefahr drohte.
    Albert stand mir gegenüber. Er hielt eine Muskete schussbereit und zielte damit auf meine Brust.
    „So. Eine Geisel ist besser als gar nichts. Die Tomke wird doch nicht zulassen, dass dir was passiert, oder? Also, ganz ruhig, und ein Stück die Leiter hoch, bitte, damit uns keiner in den Rücken fällt.“
    „Damit dir keiner in den Rücken fällt, meinst du“, sagte ich ruhig. Ynge gab den winzigsten aller Laute von sich, ein erleichtertes Seufzen, als sie meine Stimme hörte. „Wirst du denn hier drin schießen, wenn ich nicht gehorche? Habt ihr nicht Wasserstoff in den Kammern?“
    Ich tippte mit dem Finger gegen eine der Kammern, die sich direkt über meinem Kopf befand.
    „Darauf kannst du es dann ja ankommen lassen“, schnaufte der Deutsche. „Zurück jetzt auf die Leiter. Ich werde dafür sorgen, dass wir in Hamburg aussteigen.“
    Schicksalsergeben seufzend trat ich einen Schritt zurück, tastete rückwärts mit den Händen nach der Leiter. Ich packte sie, stellte mich auf die Sprosse, die mir am nächsten war, und sah Albert fragend an.
    „Hoch!“
    „Warum hast du die Puppe entführt?“
    „Hoch!“
    Von unten starrten immer noch neugierige Matrosen aus den Quartieren herauf. Ich hoffte, ihnen nicht allzu sehr wehzutun – mit der unüberlegten Schnelligkeit dessen, der eben noch mit einem Gleiter von den Klippen Helgolands gesprungen war, sprang ich von der Leiter und hielt mich nur seitwärts fest. Mit schmerzhaft geprellten Fingern und gestauchten Fußknöcheln war ich nach der Kürze eines Angstschreis unten – dort warf ich mich in Deckung und zog wahllos einen der heraufstarrenden Likedeelern, in deren Mitte ich gefallen war, mit mir. Es peitschte der Musketenschuss, jemand schrie auf, dann brandete ein Gebrüll aus einem Dutzend Kehlen auf, und ein ungeheures Getrappel und Gedränge ging los. Ich jedoch übergab mich zunächst auf den Boden unter mir, und als all das, was in mir gebrodelt hatte, sich unter meinen Händen verteilt hatte, stemmte ich mich hoch und eilte zur Leiter, wo eine Gestalt blutendzusammengesunken war. Ich packte sie und zerrte sie in einen toten Winkel des Lagerraums in Sicherheit.
    „Es tut mir leid. Es ging alles so schnell. Wo hat er dich getroffen?“ Gequält schüttelte die Frau den Kopf – ich kannte sie, es war die Piratin, die mit Eiken am Kohleofen gewürfelt hatte, während ich festgebunden gewesen war. „Ing… Ingken?“, fragte ich, und sie nickte und zeigte auf ihre Schulter, in welche die Kugel von oben eingedrungen war, knapp ihren Hals verfehlend.
    „Wenn ich mich auf etwas ganz und gar nicht verstehe, dann auf solche Wunden“, gab ich zu und begnügte mich damit, den Flachmann, den sie in ihrer Jackentasche trug, zu entkorken und uns beiden einen Schluck daraus zu gönnen.
    Eine schmale Gestalt sprang die letzten Sprossen der Leiter herab und wollte an uns vorbei. Es war Friedrick, und er zitterte vor Anspannung. Ich packte die Schöße seiner Jacke, und er prallte im Lauf zurück und gegen mich.
    „Pass auf. Da vorn hab ich mich übergeben.“
    „Macht nichts“, hechelte er und grinste, als habe er Schmerzen.
    „Friedrick. Gibt es da irgendwas, was du gerne sagen würdest?“
    Friedrick schüttelte den Kopf, doch gleichzeitig wurde er puterrot im Gesicht, und Tränen traten ihm in die Augen.
    „Es tut mir leid! Er hat gesagt, er will sich hier verstecken, weil er von der Insel runterwill, aber Tomke außer mir keinen Deutschen an Bord erlaubt hat. Ich wusste doch nicht, dass er herumschießt! Und nicht auf dich, das wusste ich nicht!“ Er sank in sich zusammen, und so hockten wir da zu dritt – eine Verletzte, ein Luftkranker und ein schuldbewusster Junge, bis das Poltern und Brüllen in der Gashülle ein Ende fand.
    „Vorsicht!“, rief Eikens Stimme, ehe

Weitere Kostenlose Bücher