Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
hoch! Hier ist ein Seil.“
Oberhalb der Ruderkonstruktionen an der Gashülle hatte sich eine Luke geöffnet – dort lehnte Tomke heraus, ebenso wie der fette Onnen, der der zweite Steuermann der Frijheid war.
„Reicht es bis zur dir?“, schrie sie gegen den Wind an. Ja, ein Seil baumelte vor meiner Nase. Meine Finger waren elendig verkrampft, mein ganzer Körper war in Todesangst erstarrt.
„Kann nicht … dranfassen“, presste ich hervor.
„Natürlich kannst du das. Was hast du dir gedacht, dass du elegant mit diesem Monstrum von Gleiter im Laderaum landest? Fass das Seil an!“
„Ja, Junge, Seil anfassen! Wir ziehen dich hoch!“, holperte der Friese, und ich schloss kurz die Augen, um dem Sog nach unten zu entgehen.
„Könntet ihr das Schiff … wieder an Land lenken?“
„Nimm das verdammte Seil, Naðan! Bis wir über Land sind, liegst du schon lange unten im Meer und sagst Ran guten Tag!“
Ich öffnete die Augen wieder, fixierte das Tau und wagte es dann, meinen Griff um das Ruder zu lösen – meine Füße fingen genug Gewicht ab, dass ich das Seil greifen konnte, die zweite Hand setzte ich nach. Meine Finger fühlten sich taub und instabil an, als würden sie auch gleich zerbrechen wie das Gerippe des Fluggeräts. Onnen zog das Tau herauf, und ich wanderte mit meinen Füßen seitlich an der Gashülle hoch, bis ich an der Luke angekommen war, die eine steile Wartungsleiter offenbarte, die zwischen den um den Axialsteg angeordneten Gaszellen nach oben führte. Zitternd und beinahe mit nassen Hosen kroch ich kopfüber in den Schacht. Onnen packte mich und stellte mich neben sich auf eine Sprosse. Rechts und links drängten sich die Kammern. Ich schloss die Augen und lehnte die Stirn an die Leiter.
Tomke war weiter unten, ich spürte den Druck ihrer Hand, als sie meinen Arm griff. „Was … was war das für eine furchtbar dumme Idee? Wenn du so dringend fort von Helgoland willst, warum hast du mich dann nicht gefragt? Ich hätte dich hier versteckt – du … hast Kopf und Kragen riskiert.“
Ich schluchzte auf, zitterte unkontrolliert und kämpfte gegen den Drang an, mich zu übergeben. Unter mir führte die Leiter noch viele Sprossen hinab, bis sie den Axialsteg querte und dann ganz unten in die Mannschaftsräume mündete.
„Mir ist … schlecht …“, brachte ich hervor.
„Du gehst jetzt die Leiter runter, Junge, ja?“, fragte der fette Onnen und machte sich daran, vor mir zu klettern. Besorgt sah er nach oben. Ich setzte einen zitternden Fuß vor den anderen – plötzlich merkte ich den Schmerz in den Muskeln, gezerrte Stellen und geprellte Knochen. Ich stöhnte leise, doch der Axialsteg war schneller erreicht, als ich gedacht hatte. Unten schoben sich mehrere Gesichter in den Gang, und der Schiffsjunge Friedrick hockte auf dem Mittelsteg wie ein Äffchen.
„Was ist los? Habt ihr ihn? Ist es der Idiot mit der Puppe?“, hörte ich von unten. Ich sackte auf dem Steg zusammen.
„Komm weiter“, sagte Tomke, doch ich schüttelte den Kopf.
„Ynge … ist weg“, ordnete ich meine Gedanken neu und fuhr flüsternd fort: „Sie ist hier an Bord, und jemand hat sie gestohlen. Wenn wir ihn finden, so wette ich, haben wir auch den Verräter gefunden.“
„Du …“ Fassungslos starrte sie mich an. „Du springst … über eine … eine Felskante in den beinahe sicheren Tod … wegen dieser Puppe?“ Sie war bleich geworden, doch erneut grub sich die Zornesfalte zwischen ihre Brauen.
„Ja“, sagte ich einfach und bekämpfte den immer heftiger werdenden Drang, mich ins Innere des Luftschiffes zu übergeben. Meine Schultern bebten, und aus meinen Augen musste immer noch die Panik sprechen, denn Tomkes Gesicht glättete sich fürsorglich, und sie stieg ebenfalls auf den Steg und strich mir durch die Haare.
„Du hättest sterben können“, flüsterte sie mit einem besorgten Lächeln. Ynge und ich wären darüber … traurig gewesen.“ Ich nickte und schloss kurz die Augen, um mich zu besinnen. Ich war an Bord der Frijheid . Hinter mir trappelten die Schritte Friedricks.
„Werdet ihr mich mitnehmen in euer Hochgotland?“
„Kurs wieder aufnehmen!“, rief Tomke zur Antwort, und nachdem ein Æronaut die Anweisung in ein nahes Sprachrohr geschrien hatte, drehte sich das Luftschiff ein wenig und nahm dann Fahrt auf. Mir war so tödlich schlecht, dass ich glaubte, mein Magen fräße mich von Innen auf.
„Ich brauche wirklich dringend … einen Eimer.“
„Friedrick!“ Sie sah
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