Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
wir küssten uns in dem Gefühl, dass uns eine viel zu kurze Ewigkeit durch die Finger geronnen war.
„Ich hab Angst“, gestand ich.
„Ich auch. Angst vor diesem verdammten Æsta. Aber es sollte auch Angst vor uns haben.“ Sie strich über meinen Rücken. „Tut es weh?“
„Nicht wirklich. Es brennt.“
Sie küsste mich wieder, und Ynge verhielt sich so ruhig wie nie.
„Ich glaube, ich liebe dich“, sagte Tomke, als wir uns voneinander lösten. Ich schwieg verdattert, doch sie kam einem zu langen Schweigen zuvor. „Antworte bloß nicht! Das ist schon in Ordnung. Aber ich liebe dich eben, damit wirst du leben müssen.“
„Damit kann ich leben“, flüsterte ich und schluckte ein zittriges Gefühl in meiner Kehle hinunter.
„Ich …“, begann sie, aber dann schwieg sie doch und warf ihre Lufthansejacke zu Boden. Ohne mich anzusehen, zog sie das wollenen Hemd aus und schließlich ihre einfache leinene Unterwäsche. Sie wandte mir den Rücken zu dabei und sah dann lachend über die Schulter. „Da, jetzt siehst du mein Hautbild!“
Eine nach friesischer Art stilisierte fliegende Möwe flog über ihren Rücken – oder war es eine Lumme?
„Dann hast du schon zwei Flügel.“
„Das merkt man doch, so gut, wie ich fliegen kann.“
Ich strich mit meinem Finger über das Bild, das mit verschlungenen Mustern gefüllt war, wie die vikingschen Verzierungen an den Häusern Helgolands. Es war nurmehr grau und musste, trotz ihres geringen Alters, wohl schon einige Jahre alt sein.
„Ich habe noch eins. Margaret hat es mit ihrer Maschine gemacht.“ Sie grinste spitzbübisch, und ich konnte meine Finger nicht daran hindern, ihrem warmen Rücken und dem Schauder darauf nachzuspüren.
„Du bist der erste, der es sieht“, sagte sie leise. „Außer Margaret natürlich. Deshalb bin ich … ganz schön aufgeregt, wie du das findest.“
„Ich fürchte, ich finde die meisten Hautbilder recht … barbarisch. Oder anzüglich.“
Sie wandte sich um und zeigte mir ihre Brust.
„Es ist anzüglich“, stellte ich fest, und sie kicherte. Ihre kleine, zarte linke Brust zierte ein Kranz aus fliegenden Vögeln, wie man sie beim Vogelzug aus der Ferne sah. Sie zogen einen geometrisch sehr gleichmäßigen Kreis um ihre dunkle, in der Kälte aufgerichtete Brustwarze. Ich schluckte. „Wie kommst du nur … darauf, so was zu tun?“
Sie kicherte erneut und drückte sich dann wärmesuchend an mich. „Also findest du es scheußlich, ja?“
Mit ihrer üblichen unbeugsamen Bestimmtheit schob sie mich hinüber zu der einzigen unbenutzten Bettstatt in der niedrigen Kabine.
„Scheußlich nicht. Es ist schon … es ist eine gute Idee. Aber es ist im höchsten Maße unsittlich.“
„Warum? Es sieht doch keiner, außer dir und mir. Und du bist der, den ich liebe.“ Ich stieß mit den Beinen gegen die Bettstatt und setzte mich ans Fußende. Mein Atem ging schneller, sie beugte sich über mich und küsste mich, und in meinem Augenwinkel tanzten diese Vögel, und lockten mich. Ich hob meine Hand und fuhr vorsichtig darüber. Tomke seufzte, als wäre sie sehr erleichtert. Als habe sie damit gerechnet, dass ich schreiend weglaufen würde.
Sie küsste mich mutiger, sie öffnete ihren Mund dabei, und es kam mir ganz wunderbar vor und nicht einmal halb so seltsam wie der Kuss, den Gräfin Elsbeð mir gegeben hatte.
Herrgott, vielleicht war Tomke ihre Tochter! Ich schob den Gedanken beiseite und fuhr mit den Lippen hinunter zu den Zugvögeln auf ihrer Brust. Tomke sog die Luft ein und knöpfte mich mit zittrigen Fingern aus allen möglichen Kleidungsstücken, bis wir beide nur noch mit Hosen bekleidet waren. Sie setzte sich entschlossen auf meinen Schoß, atemlos küsste ich ihren Hals, ihre Schulter, die in der Kälte bebenden Muskeln ihrer Arme. Wenig hatte ich darüber gewusst, wie wunderbar man eine Frau überall küssen konnte. Sanft drückte ihre Hand mich hintenüber, und ich schloss in dem Taumel, den die Küsse in mir verursacht hatten, die Augen und ließ zu, dass sie mir Stiefel, Hose und Unterwäsche abstreifte. Ich schämte mich, völlig nackt zu sein und sie dabei so unglaublich gierig und offensichtlich zu begehren. Ich hielt die Augen geschlossen, als sie mich auf den Bauch küsste und mich mit ihren Händen liebkoste, schamlos und völlig selbstverständlich.
„Es ist sehr kalt“, sagte sie, ich öffnete die Augen und sah, dass auch sie nun nackt vor der Bettstatt stand und aus ihrer Hose trat. Nackt, da war
Weitere Kostenlose Bücher