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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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gab ich zu. Ihr Gesicht befand sich nah an meinem, ihr Atem roch nach süßem heißem Tee. Ihre Haut spannte sich makellos über ihre ausgeprägten Wangenknochen, ihre Augen waren tief und grau wie der Nebel, der Æsta bedeckt hatte.
    Ich war mir noch nicht sicher, ob ich ihre Nähe erregend fand, ob mich der Altersunterschied schockierte, ob ich es ihr schuldig war, ihre nächtlichen Wünsche zu erfüllen.
    Sie stellte die Teetasse auf das Serviertischchen und zog den Kragen meines Morgenmantels auseinander, um mein Unterhemd zu entblößen, das leider seinen weißen Status schon vor Wochen eingebüßt hatte. Es war sauber, keine Frage, ich hatte es vor dem Geburtstagsfest waschen lassen, doch Leinen musste aufwendig vom Dienstpersonal gebleicht werden, damit es weiß blieb, und solcherlei Mühe hatte sich die Wäscherei für die paar Pfennig, die ich gezahlt hatte, nicht gemacht. Die Blicke der Gräfin waren mir unangenehm, obgleich es dämmrig genug im Zimmer war.
    Sie jedoch machte keine Anstalten, meinem Unterhemd Beachtung zu schenken, sondern machte sich daran, die kleinen, weiß bezogenen Knöpfe zu lösen.
    „Gräfin“, warf ich ein, doch sie stellte nun auch meine Teetasse auf den Tisch und küsste mich mit einem sinnlichen Ertasten ihrer Lippen auf den Mund.
    „Manchmal braucht man ein wenig Ablenkung und Erholung. Nun legen Sie doch einmal diese Puppe weg!“
    Zögerlich setzte ich Ynge auf das Teetischchen. Sie sah mich traurig an, doch ich zuckte mit den Schultern.
    „Was soll ich denn tun?“, flüsterte ich ihr zu, doch die Gräfin packte mein Kinn und drehte mein Gesicht herum.
    „Seien Sie ein Mann! Seit wir getanzt haben, wünsche ich mir dies.“ Erneut küsste sie mich, diesmal schob sie ihre Zungenspitze zwischen meine Lippen, und sie schien zu wissen, welche Empfindungen ein solcher Kuss auslöste, denn ihre Hände, die über das hellbraune Haar auf meiner Brust gefahren waren, vergewisserten sich nun, dass es mich weniger Überwindung kosten würde, mich gehen zu lassen, als ich mir den Anschein gab.
    „Ah“, seufzte sie. „Die Kraft der Jugend.“
    Ich hoffte, dass mich die Phantasie täuschte, laut derer sie mir nun meine Jugendjahre aussaugen würde, um ihren eigenen Körper derart faltenfrei und glatt zu erhalten.
    Sie erhob sich von meinem Schoß und begann, sich auf sehr sinnliche Art und Weise auszuziehen.
    Sie trug alle möglichen frivolen Kleidungsstücke unter ihrem strengen Kleid – ein mit Spitzen verziertes Höschen, Strümpfe und Strumpfhalter und all diese Dinge, die man nicht unter dem Rock einer gesitteten Frau vermuten würde. Anders als Lotte, die mich doch auch bereits so ungebührlich verführt hatte, entkleidete sie sich vollständig, bis ich beinahe die Augen verschließen musste vor soviel Nacktheit. Die Gräfin war mager, knochig, die Haut blass bis auf die Stellen, an denen sich dunkle Haare kräuselten oder harte rosige Nippel aufrichteten. Ich zwang mich zu atmen.
    „Zieh dich auch aus!“, befahl sie und legte sich auf die Tagesdecke meines Bettes. Sie öffnete ihre Beine und streichelte sich dort unten mit ihren Fingern.
    Ich wandte mich glühend rot und beschämt ab.
    „Mein kleiner Junge!“, kicherte sie. „Ich dachte, du wärst verheiratet gewesen!“
    „Du bist verheiratet!“, ließ Ynge sich vernehmen. „Sag ihr das!“
    „Bis dass der Tod euch scheidet, hat er gesagt“, gab ich zurück.
    „Das ist sehr grausam, dass du das sagst!“, sagte Ynge tränenerstickt.
    „Ach, mein Süßer, quält dich die Erinnerung? Du bist ihr nicht untreu! Niemand bindet uns beide!“, lockte die Gräfin wie der sprichwörtliche Teufel auf meiner Schulter.
    Sie richtete sich auf und nahm meine Hand, und ich gewahrte, dass ich mich bereits viel näher an ihrem dahingegossenen Körper befand, als mir bewusst gewesen war. Mit ihrer Hand führte sie die meine über ihren Körper.
    „Nur eine kurze Stunde, wir beide. Danach werden wir uns niemals wiedersehen.“
    „Doch, werden wir. Wenn ich wiederkomme, um den Professor an der Flanke des Eisberges zu zerschmettern.“
    Ich hatte den Mann mit der Muskete mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit mit einem Spazierstock getötet. Diese Erkenntnis versetzte mir nicht den Stich, den sie mir hätte versetzen sollen, und ich war zuversichtlich, auch Roþblatt mit der gleichen Ungerührtheit töten zu können. Jeder Mann konnte töten, oder? Das hatten viele Fürsten mit ihren Kriegszügen bewiesen. Es war nicht schwer,

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