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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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prompt, während die Zahnradbahn an uns vorbeiratterte, ein Ungetüm im Nebel. „Seien Sie keine Närrin! Er hat, was wir alle begehren! Was Ihr Kaiser begehrt! Er hat die Pläne!“
    „Umso besser, Professor. Dann habe ich sie nun“, gab sie zurück, während das Pferd nervös und mit zögerlichen Tritten die steil abfallende Straße hinuntertrappelte.
    „Das wagen Sie nicht, Gräfin! Sich gegen mich stellen heißt, sich gegen den Kanzler zu stellen! Gegen die Hanse! Sie sind ruiniert!“
    „Nicht mit den Plänen!“, lachte sie und trat dem Pferd in die Flanken.

Eine Gräfin

    Portrait in Öl
    S ie saß mir gegenüber, und der Vormittag hatte weniger Spuren an ihr hinterlassen als an mir. Ich fühlte mich abgerissen, wund, zerschlagen, innerlich mehr als tot und der Aufmerksamkeit einer Gräfin unwürdig. Dennoch sah sie mir zu, wie ich einen heißen Tee so rasch in mich hineinschüttete, dass ich mir fast meine Innereien verbrannte.
    Ich presste Ynge an mich. „Du musst doch schreien, wenn ich dich verliere!“, flüsterte ich. Sie war so schmutzig, ihr Haar voller Staub, der Riss in ihrem Gesicht begann, Brösel auf ihrem Kleidchen zu hinterlassen.
    „Warum sprechen Sie mit dieser Puppe?“, fragte die Gräfin neugierig.
    „Das würden Sie nicht verstehen.“
    „Ich habe Sie vor einem Mann gerettet, der Sie zwangseinweisen wollte. Ich hoffe, ich habe richtig gehandelt, als ich vermutet habe, dass Sie nicht wahnsinnig sind.“
    „Mir sind viele Dinge passiert, von denen ich hoffe, dass sie lediglich Ausgeburten meiner Phantasie sind“, sagte ich tonlos.
    „Wollen Sie ein Bad nehmen?“
    „Hören Sie, ich weiß, dass Sie auf die Pläne spekulieren. Ich nehme an, für Æmelies Gasbatterie, aber ich habe sie nicht.“
    „Was hat es damit auf sich? Mit dieser Gasbatterie?“
    Ich erzählte ihr davon, erzählte von der Fortentwicklung der Ideen des Professors Galvani, wie Æmelie den Prototypen der Erlenhofenzelle vor der Konferenz in Venedig fertiggestellt hatte, wie sie jedoch nicht vollständig zufrieden damit gewesen war und sofort mit der Anfertigung von Plänen für eine bessere, serienreife Batterie begonnen hatte.
    „Ich dachte, er hätte die Pläne mit Æmelies Leichnam zusammen gestohlen. Ich habe sie jedenfalls nicht.“
    „Er hat sie auch nicht, oder dieser ganze Aufwand, den er treibt, wäre vollkommen unsinnig“, erwiderte die Gräfin. Ich hatte die Pläne, Briefe und Risszeichnungen hervorgeholt, während ich gesprochen hatte, und sie griff danach, um sie durchzusehen.
    „Überzeugen Sie sich davon – das sind die Pläne, die er hatte: Fluggeräte aus meiner und Æmelies Feder. Das Schema des Prototypen – diesen hat er gestohlen und, wie ich glaube, auch bereits weiterentwickelt. Diese Wesen haben immerhin mittlerweile eine recht gesicherte Energieversorgung. Trotzdem scheint er Æmelies revolutionäre Gedanken nach wie vor zu benötigen. Er hat sie zu früh getötet“, seufzte ich düster. Die Zelle, die Æmelie in Venedig vorgestellt hatte, war noch nicht zuverlässig gewesen, die Energieausbeute war zu gering. Der Professor hatte das sicherlich schon feststellen müssen.
    Vielleicht hatte er sie gar nicht töten wollen. Vielleicht wollte er sie lebend, doch die Shellys waren zu grob mit ihr umgesprungen.
    Ich hatte jedenfalls den Beweis für ihren Tod gesehen – ihre Leiche, ihre in Flüssigkeit schwimmende Schneewittchenleiche. Ich legte mein Gesicht in meine Hände und begann, heisere, mir selbst fremde Geräusche auszustoßen.
    Die Gräfin, auf ihrem Stuhl mir gegenübersitzend, rückte auf mich zu und legte mir eine Hand auf den Arm.
    „Der Verlust hat Sie schwer getroffen. Das tut mir sehr leid.“
    Ich nickte hinter meinen Fingern und konnte den Geräuschen dennoch keinen Einhalt gebieten.
    „Dieser Brief hier, Naðan. Sie sollten ihn sich ansehen.“
    Was konnte jetzt noch wichtig sein? Ich hatte Æmelie versprochen, sie zu finden, sie zu beerdigen, doch ich war gescheitert, und Ynge schwieg.
    Ich warf einen Blick auf das Papier. Der Brief war an den Stadtkanzler Erich von Pappelheim, den ärgsten Feind der Gräfin gerichtet, und ihre Augen leuchteten, als sie vorlas.
    „Meine Entwicklungen schreiten gut voran. Ich bin mir sicher, wenn Herr Hoesch sich in Bälde entschließt, können wir in die Serienproduktion gehen – solange sollten wir die Erdgasvorkommen zwar ausbeuten, jedoch nicht aufs Festland verschiffen. Wenn wir erst einmal gewisse Modifikationen am

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