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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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hereinbrechenden Nacht als unwägbar. Stürmischer wehte der Wind nun, wirbelte an den Felsnadeln und warf die Jolle hin und her. Mein Magen stand wieder Kopf, doch mannhaft beherrschte ich mich und grub immer wieder das glitschige Ruder in die Fluten.
    Wir hatten beobachten können, wie die Luftschiffe über dem Dorf in Position gingen, eine helle Glocke wurde wie bei Sturmwarnungen geläutet – doch sonst blieb alles gespenstisch still, das Meer übertönte alle Laute.
    Dann umsegelten wir den Stak und konnten nichts als Steilküste sehen – alles andere war unserem Blickfeld entzogen, und auch die Glocke war kaum mehr zu hören. Verbissen ruderten wir weiter, bis wir schließlich das Donnern von Bombenexplosionen hörten, sicherlich über ein Dutzend, und das Glühen von Brandsätzen herabregnen sahen. Es krachte, dann war es erneut still.
    „Da!“, flüsterte Tomke und deutete auf den Himmel über der Steilküste. Die Wolken begannen, einen Glanz anzunehmen, als würden sie von unten beschienen. Mit Feuerschein.
    „Sie zünden das Dorf an!“, kreischte sie und hämmerte mit den Fäusten auf die Reling. „Sek en Skit! Ferdrait, ferdrait Skit!“
    Nun näherten wir uns der Steilküste – doch wie sollten wir sie erklimmen, die Wogen tosten nur so daran herauf und würden uns zerschmettern! Keinen Fußbreit flaches Land gab es hier, wie es sich auf der anderen Seite unterhalb der Felsen ausbreitete. Dafür jedoch konnten wir die schmutzig graue Hülle der Frijheid sehen, die sich hell gegen den Himmel abhob. Sie war offenbar noch nicht entdeckt worden, und sie erhob sich in die Höhe.
    „Hallo! Heda, da oben!“ Tomke brüllte und winkte, sprang im wackligen Boot auf und ab, und ich schluckte Galle hinunter, die bis in meine Kehle aufgestiegen war. „Feuer – wir brauchen etwas, das leuchtet!“, schrie sie mir zu. Ich zuckte mit den Schultern, klammerte mich an meiner Sitzbank fest und bedauerte, dass alles so sehr schwankte.
    „Ich habe nichts, was leuchtet!“, sagte ich schwer schluckend. Sie jedoch hatte Schwefelhölzer in ihrer Tasche, schlüpfte aus ihrer Jacke und zog ihr Hemd, das oberste Kleidungsstück von vielen, aus und knüllte es am Ende des Ruders zusammen.
    „Wenn du das Boot in Brand setzt, dann haben wir hier nur unschöne Alternativen zum Feuertod“, gab ich zu bedenken.
    „Hilf mir doch lieber!“
    Halbherzig verknotete ich die Ärmel des gestreiften Hemdes. Sie brauchte mehrere Anläufe, um die provisorische Fackel anzuzünden, dann jedoch fing der grobe Stoff Feuer, und sie stellte sich vorn an den Bug und schwenkte rufend ihr behelfsmäßiges Signal. „Ich bin’s, Tomke! Holt mich hoch!“
    Ich kauerte mich wieder auf meine Bank und versicherte mich, dass Ynge fest in meiner Manteltasche steckte. Die Frijheid stieg, Rufe ertönten von der Klippe, jemand aus der Bodenmannschaft hatte uns gesehen, die Stimme einer Frau scholl herunter, doch der Wind formte ihre Worte zu einem unverständlichen Einerlei.
    „Hier! Lasst ein Seil runter!“
    Die Frau signalisierte der Frijheid mit Rufen und Winken und Zeigen, dass wir uns auf dem Meer befanden. Das Luftschiff stieg ein wenig höher, eine feuerzüngelnde Breitseite aus vier Kanonen wurde in die Richtung des Inlands abgefeuert, und mit einem Mal schob sich etwas wie ein gewaltiger Leviathan der Lüfte durch den Pulverdampf in unser Sichtfeld, kroch über die Kante der Steilküste und bedrohte die Frijheid mit seiner beinahe doppelt so großen Masse. Es hatte seine Breitseite jedoch nicht ausreichend ausgerichtet und beantwortete daher das Abfeuern der Kanonen mit Musketenschüssen, trieb die Frijheid , jetzt Gashülle an Gashülle, ein Stück weiter hinaus aufs Meer. Ich sprang auf und torkelte durch das kleine Boot zum Bug, packte Tomkes Fackel und entriss sie ihr, sie im Wasser löschend. Eine Welle rauschte heran und übergoss uns beide – wir stürzten und landeten, Ekkenekkepen sei Dank, im Boot.
    „Warum hast du das getan?“
    „Weil sie jetzt keine Ablenkung gebrauchen können – und wir keine Entdeckung! Sieh!“
    Eine Kanonenkugel zerriss die splitternde Seitenwand des Frachtraums, in dem ich einst Helgoland erreicht hatte, wurde in ihrem Drall gestoppt und fiel herab. Klatschend wurde sie unweit unseres Segelbootes vom Wasser verschluckt – der ungleiche Luftkampf befand sich nun direkt über uns, Trümmer prasselten herab, jeder Befehl, jedes Stottern der Propeller war bis zu uns zu hören.
    „Verdammt! Sie hat

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