Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
Braut?«
Taramis’ Faust schloss sich immer fester um den schwarzen Schaft. Konnte Lebesi seine Gedanken lesen? Er reckte das Kinn vor. »Asor hat auch meine Mutter getötet.«
Die Augenbrauen der Regentin hoben sich. »Eure Mutter?«
Er nickte bedrückt. Zum ersten Mal sah er Falten auf Lebesis Stirn. War das Betroffenheit? Er vermochte sich so etwas wie Mitgefühl bei dieser Frau kaum vorzustellen.
»Das ist tragisch.« Sie drehte sich um und schritt langsam zum Thron zurück. Dabei sprach sie leise weiter. »Jetzt verstehen Wir die Bitternis, die Wir in Eurem Herzen gesehen haben.« Vor dem Adlerthron angelangt, drehte sich die Regentin wieder um. »Ihr werdet Euch von Eurer Jagd auf Asor niemals abbringen lassen, haben Wir recht?«
»Niemals«, bekräftigte er.
Sie deutete zu dem feisten Jungen, der dem Gespräch mit halb offenem Mund und einem Ausdruck entgeisterter Beklommenheit gefolgt war. »Wir sind auch Mutter. Die gleiche Entschlossenheit wünschen Wir Uns von Unserem Sprössling.«
Og rutschte tief in seinen Stuhl hinein.
»Dann werdet Ihr mir helfen, Asor zu finden?«, fragte Taramis.
Lebesis eben noch fast gefühlvolle Stimme kühlte rapide ab. »Hat Hauptmann Oban Euch gesagt, dass dieser Name in Unserem Reich nicht ausgesprochen werden darf?«
Der feiste Kronprinz kam irgendwie auf die Beine und flüchtete wieder hinter den Thron. Auf dem Gesicht des Oberpriesters Eglon erschien ein Ausdruck der Bestürzung.
»Mir ist davon erzählt worden«, antwortete Taramis lauernd. Er kam sich vor, als habe die Regentin ihm gerade eine Schlinge um den Hals gelegt.
Sie hob den Arm. »Dann werdet Ihr sicher Verständnis dafür haben, dass Wir Euch jetzt töten müssen.« Ihr eisiger Blick wechselte zu dem Hauptmann. »Und Oban ebenfalls, weil er sich erdreistete, Unser Gesetz zu missachten.«
Taramis starrte schaudernd auf die hochgereckte Hand. Vor Schreck hatte er die Illusion des Prachtgewandes fallen gelassen und stand wieder als armer Bauer vor der Regentin. Ihre Kaltblütigkeit übertraf seine schlimmsten Befürchtungen. Ihm war klar, dass Lebesi nur zögerte, um ihre Macht über Leben und Tod auszukosten. Er musste sofort etwas tun, musste sie irgendwie ablenken. Wenn ihr Arm erst einmal niedersank, würden die Scharfschützen das Urteil vollstrecken. »Eigentlich hatte ich mich für Euren Gefallen erkenntlich zeigen wollen.«
Sie lächelte müde. »Ein jämmerlicher Versuch, Euren Hals zu retten, zorniger, junger Krieger. Wenn Ihr wüsstet, was Ihr von Uns verlangt, hättet Ihr es gleich bleiben lassen. Außerdem – womit könntet Ihr Uns schon erfreuen?«
Er senkte die Stimme. »Wie wäre es mit dem Mann, der Euch gedemütigt hat wie kein Zweiter? Der Euch zu einer Vasallin von Dagonis gemacht hat?«
Diesmal lachte sie. »Ihr wollt Uns Gaal ausliefern?«
»Nicht den König der Fischköpfe, aber ihren mächtigen Heerführer Natsar«, antwortete er so leise, dass die Bogenschützen und Lanzenträger ihn nicht verstehen konnten.
»Was soll das? Darauf fallen Wir nicht herein!«
»Der Feuermensch ist hier.«
Die Regentin wirkte überrascht. »Was?«, raunte sie. »Dann hat Hauptmann Dormoth von der Grenzpatrouille also die Wahrheit gesprochen? Wo haltet Ihr Natsar versteckt? Ist er hier, in Peor?«
»Der Gefangene steht unter der Obhut von drei Kameraden, Königliche Hoheit. Sie erwarten meine Befehle in der Halle des Kronrates. Ein Gedanke von mir genügt, und sie töten Natsar. Wertvoller wäre er für Euch jedoch lebend. Gebt mir Euer Wort, uns bei der Befreiung Elis und bei der Suche nach Asor zu helfen. Dann will ich ihn von meinen Gefährten zu Euch bringen lassen.«
»Das möchten Wir sehen.« Die Regentin befahl ihren Männern, die Waffen zu senken, pfiff den verschüchterten Kronprinzen auf seinen Lehnstuhl zurück und bedeutete Taramis, seine Kameraden zu holen. »Zeigt Uns den Mann, dem Wir so viel Leid verdanken.«
»Ich habe Euer Wort.«
»Ja doch!« Sie setzte sich wieder auf den Thron und wedelte ungeduldig mit der Hand. »Nun macht schon!«
»Der General muss durch die Vorhalle kommen, die voller Besucher und Palastwachen ist«, gab Taramis zu bedenken. »Könnt Ihr Euch auf die Verschwiegenheit Eurer Untertanen verlassen?«
»Eure Umsicht unterstreicht nur, was Wir über Eure Weisheit gesagt haben. Erstaunlich bei einem so jungen Krieger! Wir lassen die Halle räumen und einen Großteil der Palastwachen abrücken. Sollte Euch überraschenderweise die Torheit
Weitere Kostenlose Bücher