Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
Adma erlittenen Verletzung stellte im Ernstfall eine Gefahr für alle dar. Und niemand zweifelte daran, dass ihr Unternehmen kein Spaziergang werden würde.
Im Gespräch mit besagtem Pilger erfuhr Taramis Einzelheiten zu den Hintergründen des Festtages. Das öffentliche Kopulieren des Großen Fisches – und mehr noch die Feueropfer – weckten seinen Abscheu. Er hatte Mühe, seine Gefühle im Zaum zu halten.
Am Stadttor kontrollierten argwöhnische Posten den Besucherstrom. Als die Gefährten an der Reihe waren, schwang sich der Kleinste von ihnen zu großspurigen Reden auf. Blumenreich erklärte Jagur, dass er ein Sonderdelegierter des Königs von Malon sei. Bei den Personen in seiner Begleitung handele es sich um Pilger, die mit ihm auf seinem Donnerkeil angereist seien – sie alle vorzustellen, gehe vielleicht zu weit. Keinesfalls wolle er aber den barneanischen Prinzen Tanballat in seinem schillernden Hemd unerwähnt lassen. Die ganze Zeit über nickten die Soldaten.
Als der Kirrie mit seinem Vortrag fertig war, rief der Wachhabende: »Nehmt sie fest!«
Zwar hatte Taramis nicht wirklich damit gerechnet, ungehindert bis in die Privatgemächer des Königs durchzumarschieren, die schnelle Verhaftung enttäuschte ihn dann aber doch. Jagur drückte es positiver aus: Wenigstens wüssten sie jetzt, dass man im Palast schon auf sie warte. Taktisch gesehen sei jede Information über den Feind von Vorteil.
Leider nahmen ihnen die Soldaten der Stadtwache sofort die Waffen ab – Taramis hatte Bohans Langschwert getragen – und fesselten sie. Ohne große Sorgfalt verfrachtete man die Gefangenen auf einen offenen Wagen, band das Ippo daran fest und warf die beschlagnahmte Streitaxt und die Schwerter in einen Kasten unter dem Kutschbock. Taramis durfte wenigstens Ez behalten. Man hielt ihn wohl für einen harmlosen Pilgerstab. Offenkundig war in der Personenbeschreibung der Suchanzeige von einem tödlichen schwarzen Stecken nichts erwähnt worden.
Von zwei schweren Rössern gezogen und von acht Reitern eskortiert fuhr der Wagen unverzüglich in Richtung Stadtmitte los. Die Gefährten machten es sich auf der Ladefläche so bequem wie möglich. Taramis saß zwischen Ischáh und Jagur. Eilig durchquerten sie den Hungergürtel – die armseligen Außenbezirke von Peor – und danach die Quartiere der Handwerker und Händler. Über dem Stadtzentrum stiegen mehrere Rauchfahnen in den Himmel auf, den sonst kein Wölkchen trübte.
»Was brennt da?«, fragte Taramis den Kutscher, einen Mann von der Stadtwache.
»Feueropfer«, antwortete der in düsterem Ton. »Das geht schon den ganzen Morgen so.«
Gerade ruckelte der Zweispänner am Mageren Drachen vorbei, jener bescheidenen Schenke, in der ein Kaufmann aus Barnea Taramis eine Taumelnuss geschenkt hatte – er trug sie noch immer in der Tasche. Es war wohl dieser freundliche Herr Uladan gewesen, der seine Aufmerksamkeit auf die fruchtbare Insel gelenkt hatte, die zwei Jahre später zu seiner neuen Heimat werden sollte. Würde er je mit Shúria und Ari dorthin zurückkehren? Der Rauch am Himmel war ein bedrückender Anblick.
»Sieh es mal so«, sagte der Kirrie unaufgefordert. »So voll, wie es in der Stadt ist, haben wir wahrscheinlich den schnellsten Weg ins Zentrum gefunden.«
»Du bist ein unverbesserlicher Optimist«, brummte Taramis.
»Bleibt es bei dem, was wir besprochen haben?«, fragte Ischáh leise.
Er nickte. »Sobald wir den Palast erreichen, trennen wir uns. Jagur sorgt dafür, dass ihr den Wachen ungesehen entwischen könnt.«
»Buchstäblich«, sagte der Kirrie vergnügt. Mit einem Mal wich die Heiterkeit einer ernsteren Miene. Er bedeutete Taramis, sich zu ihm herabzubeugen. Als das geschehen war, raunte er: »Fast hätte ich’s vergessen. Da gibt es etwas, das ich dir sagen sollte. Es betrifft Leviat.« Seine Stimme wurde noch leiser, als er dem Freund etwas Unglaubliches über das Hemd der Unverwundbarkeit offenbarte.
»Ist das wirklich wahr?«, fragte Taramis überrascht.
»Hältst du das für den geeigneten Zeitpunkt, Scherze zu machen?«, entgegnete Jagur.
»Ihr seid wie die kleinen Jungs mit ihren großen Geheimnissen«, beklagte sich Reibun.
Benommen schüttelte Taramis den Kopf. Dann wurde ein Nicken daraus. »Knaben sind wir wohl keine mehr«, sagte er mit glasigem Blick, »das mit den großen Geheimnissen hingegen stimmt durchaus.«
25. Die Zweitbraut
I st sie bereit?«, schnarrte der Obereunuch.
»Mehr als das«, antwortete die
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