Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
grinste.
»Du sagst wir ? Heißt das, du kommst mit nach Peor?«
»Willst du mich beleidigen? Von Freunden wird behauptet, sie gingen füreinander durch dick und dünn. Ich bin schon gespannt, wie es ist, wenn’s mal richtig dicke kommt.«
Ohne weitere Zwischenfälle erreichten Taramis und seine Gefährten den Schwaller. Die drei Seeleute der Wache waren froh, ihre Kameraden weitgehend unbeschadet wiederzusehen, allen voran Keter, der gewohnt schüchtern seiner Freude und Erleichterung über Ischáhs wohlbehaltene Rückkehr Ausdruck verlieh.
Sie berichtete von dem Mordversuch an Taramis und dem Raub des Erkenntnisreifs. Der Steuermann zeigte sich davon nur mittelschwer überrascht. Er sei mit Bohan nie recht warm geworden, gab er zu.
Vorräte hatten sie noch genug, daher drängte Taramis zum sofortigen Aufbruch. Er wollte Bochims Vorsprung so gering wie möglich halten. Sicher war er in seiner tierischen Lieblingsgestalt gleich nach Komana losgeschwallt.
Langsam erhob sich Narimoth mithilfe seiner natürlichen Auftriebshilfen aus der dunklen Kluft. Die kristallene Kiemenkapsel schwebte zwischen schroffen Gesteinswänden hindurch, schon ein kleiner Felssturz konnte sie zerstören. Ischáh bewies beim Lenken ihres riesigen Gefährten wie immer viel Fingerspitzengefühl.
Während sie den Donnerkeil aus der Luftblase von Jâr’en herauslenkte, blieb sie auf der sonnenabgewandten Seite der Heiligen Insel. Auch nachdem Narimoth ins Ätherische Meer eingetaucht war, nutzte sie noch für einige Seemeilen die Dunkelheit des Schattens. Dann erst schwenkte sie auf den neuen Kurs ein: nach Komana.
Zwei Tage lang ging alles gut. Ischáh und Keter hatten sich bei der Führung des Schwallers abgelöst. Sie mieden die Hauptverkehrsrouten, um die Gefahr einer Entdeckung so gering wie möglich zu halten. Einsam und ruhelos wanderte Narimoth am Rand der Zentralregion entlang durch den Weltenozean.
Auf das Labyrinth der tausend Scherben zu.
In der zweiten Nacht ihrer Reise zeichnete sich allmählich das ganze Ausmaß der Katastrophe ab. Ständig mussten sie Hindernissen ausweichen, den Trümmern einer in ihren Grundfesten erschütterten Welt. Wie Fliegen um einen Kadaver schwärmten sie aus allen Himmelsrichtungen herbei, angelockt vom Duft der Angst.
In den frühen Morgenstunden erreichte Narimoth das eigentliche Königreich der hundert Stunden. Was Taramis kaum für denkbar gehalten hatte, übertraf die Wirklichkeit nun sogar noch: Komana war größer geworden. Aberhunderte neuer Inseln, Schollen und kleiner Bruchstücke zogen mit dem Inselreich durch den Ozean. An etlichen Stellen klumpten sie sich zu kompakten Landmassen zusammen. Wie Weinbeeren bildeten sie riesige Trauben aus gestohlenem Land.
»Ein Gutes hat die Sache ja«, brummte Jagur. »In dem Wirrwarr aus Trümmern sind wir nur schwer auszumachen.«
Etwa eine Stunde lang verlief das Versteckspiel zufriedenstellend. Die Ganesin nutzte wie schon auf Jâr’en die Inselschatten, um Narimoth vor anderen Schwallern zu verbergen; bisweilen kamen sie ihnen jedoch erschreckend nahe. Dann meldete sich plötzlich Reibuns Stimme vom Mitteldeck. Der schwarze Riese hatte wieder einmal die Aufgabe des Ausgucks übernommen.
»Ischáh, wir haben ein Problem.« Weil er selten viel Aufhebens um eine Sache machte, war seinem Tonfall kaum anzuhören, wie ernst die angekündigte Komplikation tatsächlich war.
Im vorderen Bereich der Kapsel drehten sich alle zu dem Hünen um, der geradewegs in die Morgensonne deutete.
Mit schmalen Augen suchte auch Taramis in dem gleißenden Licht nach irgendetwas Auffälligem. Und dann entdeckte er sie. »Reibun, manchmal glaube ich, du siehst besser als ich.«
»Danke.«
»Wer sieht besser aus als du, Taramis?«, fragte Jagur. Er stampfte gerade aus dem Ladeabteil heran, in das er sich zu einem Nickerchen zurückgezogen hatte. Seine Rechte lag am Schaft der Streitaxt, als erwarte er, sich gleich gegen ein Enterkommando zur Wehr setzen zu müssen.
»Ätherschlangen. Vier Tiere. Sie kommen direkt auf uns zu.« Taramis hatte so laut geantwortet, dass es alle in der Kapsel hören konnten. Er schob sich an Keter vorbei zum Steuermannssitz vor. »Siehst du die Trümmerwolke dort links, Ischáh?«
»Das wird aber eng.«
»Ist ja auch der Sinn der Sache. Du schaffst das.« Er legte ihr die Hand auf die Schulter, eine Geste des Vertrauens, an die er drei Wochen zuvor nicht einmal zu denken gewagt hätte.
Die Ganesin lenkte ihren Willen ins
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