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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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aus. Waffengeklapper, raue Stimmen und Hundegebell erfüllten die Tunnel. Aus allen Richtungen stürzten gedrungene Gestalten auf ihn zu. Sie enthüllten orangerote Lichter. Es waren die Herren dieser dunklen Welt.
    Die Kirries.
    Aus der Mitte des mit Äxten und Kurzbogen gerüsteten Haufens trat ein unbewaffneter Mann in silbrig schimmerndem Umhang hervor. Zwei augenlose Blindhunde flankierten ihn, schneeweiße Tiere mit wachsam aufgestellten, spitzen Ohren. Ihr besonders kurzes Fell ließ sie fast nackt erscheinen und jeden Muskel, jede Sehne ihres auffallend schlanken Körpers deutlich hervortreten. Die langen Schnauzen der Vierbeiner zielten auf Taramis, während sie die Zähne fletschten und knurrten.
    Wie alle Zwerge war ihr Herr bärtig und faltig. Die Statur des Bären verdankte er seinem Vater, wie Taramis sehr wohl wusste – die Ähnlichkeit mit der Mumie war frappierend.
    »Ihr!?« , wunderte sich König Jarmuth.
    Taramis lächelte säuerlich. »Habe ich Eure Mittagsruhe gestört? Das tut mir leid.«
    Die beiden Blindhunde, die sich wie ein Ei dem anderen glichen, hielten die Köpfe gesenkt, ein deutliches Zeichen ihrer Angst vor dem Mann am Boden. Mit hochgezogenen Lefzen zeigten sie ihm unverwandt ihre enormen Reißzähne, damit er es sich zweimal überlegte, sie oder ihren Herrn anzugreifen. Auch die Kirries, die ihn umstellt hatten, fürchteten sich vor ihm. Taramis konnte es ihren Blicken ansehen. Einige wagten es nicht einmal, ihn anzuschauen. Ihre geduckte Haltung und der respektvolle Abstand ließen erkennen, dass ihnen sein Leuchten nicht geheuer war. Trotzdem zielten sie mit ihren Bogen weiter auf ihn. Gewiss, weil ihr König es so befohlen hatte.
    »Ihr habt das Drachenfeuer in Euch«, sagte Jarmuth ehrfürchtig. Seine Augen – sie waren blassrosa – betrachteten den Leuchtenden mit einer Mischung aus Scheu und Bewunderung.
    »Drachenfeuer?«, wiederholte Taramis. Lass dir was einfallen, damit wenigstens Ischáh und Bohan entkommen können!
    Mit einer Geste bedeutete ihm Jarmuth aufzustehen, während er antwortete: »Eine alte Prophezeiung des Volkes vom Berge besagt, dass der Fluch von uns genommen wird, wenn jener kommt, in dem es brennt.«
    Ächzend erhob sich Taramis. Er vermied es, zum Luftschacht aufzublicken. Um weiterhin alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, hob er den Pfeil auf, der nicht das kleinste Loch ins Hemd der Unverwundbarkeit gebohrt hatte. Er reichte ihn dem König. Die Hunde knurrten. »Ich glaube, der gehört Euch.«
    »Behaltet ihn. Damit Ihr den heutigen Tag nie vergesst.«
    »Seid Ihr sicher, dass mich Eure zwei Aufpasser nicht vor dem Abend zerfleischen?«
    Jarmuth legte seine rechte Hand auf das Haupt eines der Tiere, die ihm fast bis zur Brust reichten. »Das würden Racost und Ullpox nur tun, wenn ich es ihnen befehle. Die Zwillinge betrachten mich als ihr Leittier.«
    »Wie beruhigend. Was ist das eigentlich für ein Fluch, der auf den Kirries liegt?«
    »Er zwingt uns, auf ewige Zeiten als Freibeuter durch den Weltenozean zu streifen, von allen gefürchtet und niemandes Freund. Beim Versuch, uns von dem Bann zu erlösen, haben schon viele tapfere Männer ihr Leben gelassen.«
    »Davon hat Lurkon nichts erwähnt. Er sprach nur von den Suchern, die ihm seine Gewölle wegnehmen wollten.«
    »Ihr habt mit dem Drachen gesprochen?«, staunte Jarmuth.
    Taramis lächelte säuerlich. »Es war keine sonderlich lange Unterhaltung. Er hat den Versuch, mir das Herz aus dem Leib zu reißen, nicht überlebt.«
    Ringsum entstand Gemurmel. Einige Kirries keuchten vor Verblüffung.
    »Jetzt ist mir auch klar, warum Lurkons Feuer in Euch übergegangen ist«, sagte Jarmuth. »Betrachtet es als eine Gabe, die Euch große Macht verleiht, Taramis Drachentöter.«
    »Macht?« Er lachte. »Ich kann ja nicht einmal mein Licht löschen. Der Pfeil hätte mich kaum getroffen, wenn ich nicht wie eine Fackel leuchtete.« Er rieb sich die schmerzende Stelle an der Brust, wo das Geschoss von ihm abgeprallt war.
    Der König lächelte. »Ihr werdet schon lernen, die Kraft des Lurkon in Euch zu wecken. Und was den Pfeil betrifft: Ich habe gleich gesehen, dass Ihr Leviat tragt, und wollte Euch eine kleine Lektion erteilen.«
    »Und was für eine?«
    Jarmuths Miene versteinerte. »Man dringt nicht ungestraft in mein Reich ein, um mich zu bestehlen. Keiner sollte das besser wissen als Ihr, Taramis. Ich hatte Euch davor gewarnt, nach Malon zurückzukehren.« Er wandte sich seinen Männern zu.

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