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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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entgegen. »Wag es ja nicht, mir zu nahe zu kommen!«
    »Es gibt tausend Möglichkeiten, darauf zu verzichten und dich trotzdem zu töten.« Der Antisch lief zu dem herrenlosen Schwert und hob es auf. »Wie wäre es, wenn ich dir deine eigene Klinge in den Leib stieße?«
    »Versuch’s nur! Gleich werden meine Freunde hier sein.«
    »Sag bloß, du traust denen noch?« Bochim lachte.
    Taramis biss sich auf die Unterlippe. Du intrigantes Ungeheuer! Ich weiß selbst, dass einer von ihnen ein Verräter ist. Er zappelte, um sich loszureißen, handelte sich damit aber nur ein erkleckliches Maß an Schmerzen und weiteren Spott ein.
    »Du solltest dich sehen, Taramis: Was für ein jämmerliches Bild du abgibst! Wo ist nur der große Krieger geblieben? Willst du dir deine Entscheidung vielleicht noch einmal überlegen?«
    »Niemals.« Er kochte vor Wut, nicht zuletzt, weil er sich durch eigene Dummheit in diese verzwickte Lage gebracht hatte.
    »Das ist deine allerletzte Chance. Verbünde dich mit mir. Dadurch rettest du dich und deine Familie. Andernfalls sind wir Feinde. Du bist zu gefährlich für mich, als dass ich dir Gnade gewähren dürfte.«
    »Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht tun, selbst wenn es einen das Wertvollste kostet«, knirschte Taramis. Er hatte das Gefühl, sein Zorn werde ihn gleich in zwei Stücke reißen.
    »Ich bedaure deine Entscheidung«, behauptete Bochim und nahm Kampfstellung ein: das rechte Bein zur Abstützung des Körperschwerpunktes angewinkelt, die Fußspitze des linken in Stoßrichtung ausgerichtet; das Kurzschwert verlängerte die gerade Linie seines einen Arms und zielte auf den Gegner, das Langschwert in der anderen Hand hob er über den Kopf.
    Taramis war erfahren genug, um die beabsichtigte Dramaturgie seiner Niederlage vorauszusehen. Sein mangelnder Bewegungsspielraum machte ihn zu einer leichten Beute. Der Antisch würde ihn mit einem Schwert zur Verteidigung zwingen, damit Ez blockieren und ihm hierauf die zweite Klinge in den Leib rammen. Eine todsichere Strategie.
    Ein Knurren erhob sich aus Bochims Brust, als hielte er die Mordlust mühsam zurück. Dann setzte er zur finalen Attacke an.
    Mitten im ersten Schritt senkte sich plötzlich der Boden unter seinen Füßen ab. In einer Hinsicht hatte er sich nämlich verrechnet. Weder Spott noch die geschürten Zweifel an der Treue seiner Freunde hatten Taramis’ Willen gelähmt. Hinzu kam diese ungezähmte Kraft, die eben schon einmal aus ihm hervorgebrochen war. Die scheinbare Unabänderbarkeit des Todes brachte das Fass des Zorns nun zum Überlaufen.
    Für einen Augenblick spürte er ein bedrohliches Brodeln, das ihm den Eindruck vermittelte, ein Vulkan kurz vor der großen Eruption zu sein. Dann riss vor dem Olivenbaum mit gewaltigem Getöse das Erdreich auf und verschlang den Feuermenschen samt seinen Schwertern.
    Die Macht, die dabei aus Taramis herausströmte, kostete ihn fast das Leben. Zwar hatte er sie irgendwie entfesselt, vermochte sie aber nicht zu kontrollieren. Um ihn herum drehte sich alles. Er wusste nicht, ob nur der Ast wankte, an dem er hing, oder ob das heftige Schwindelgefühl von seinem geschundenen Geist herrührte. Der Innenhof und das Haus verschwammen vor seinen Augen. Er sah gerade noch, wie ein Riss das Bibliotheksgebäude in zwei Hälften spaltete und dass danach ein flatternder Schemen aus dem Loch emporstieg, in dem zuvor Bochim verschwunden war. Dann wurde es dunkel um ihn herum und eine große Ruhe kehrte ein.

17. Das Ritual
    A ri war der Liebling aller Huren. In nur sieben Tagen hatte er ihre Herzen erobert. Als einziges Kind im Haus der Bräute Dagons war ihm das nicht schwergefallen. In seiner Unbekümmertheit gab er ihren geschundenen Seelen mehr als nur eine vorübergehende Ablenkung. Er schenkte ihnen Augenblicke des Glücks, nach denen sie ebenso dürsteten wie Wüstenblumen nach Regen.
    Der Vergleich war noch in anderer Hinsicht passend, denn die Hetären gehörten zu den schönsten Frauen von Komana. Und zugleich zu den bemitleidenswertesten. Keine hatte sich freiwillig zur Zeremonie der Vermählung mit dem Großen Fisch gemeldet. Der dem Gott Dagon gewidmete Fruchtbarkeitskult, das sogenannte Ritual der Vereinigung , bereitete nur den Männern Vergnügen. Hinter vorgehaltener Hand nannten ihre Gespielinnen es das Ritual der Vergewaltigung – auf nichts anderes lief es nämlich für die meisten Tempelprostituierten hinaus.
    Shúria hatte versucht, ihren Sohn vor der schrecklichen

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