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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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schlichter Ring aus rötlichem Holz. Er war nicht einmal auf Hochglanz poliert und kaum dicker als Aris Zeigefinger. Ein Meister der Schnitzkunst hatte ihn einer Kordel nachempfunden, die weder Anfang noch Ende besaß.
    »Das ist … der Reif der Erkenntnis?«, fragte Taramis ungläubig. Er hatte sich diesen legendären Gegenstand tatsächlich etwas spektakulärer vorgestellt.
    »Das ist der Reif der Erkenntnis«, bestätigte Olam. »Bist du enttäuscht?«
    »Nur ein wenig überrascht.« Mit einem Mal musste Taramis grinsen. »Eigentlich passt es. Die wichtigsten Erkenntnisse im Leben sind oft die einfachsten.«
    »Das stimmt. Der Reif besteht aus dem Holz des Baumes der Erkenntnis. Er stand einst in Gan Eden, dem Garten der Wonne, von dem diese Insel hier ein Überbleibsel ist. Dort bin ich von meinem Vater gezeugt worden, geboren hat mich meine Mutter Aïschah dann zwischen Disteln und Dornen. Aber ich schweife schon wieder ab. Wo waren wir stehen geblieben?«
    Taramis deutete auf den hölzernen Reif.
    »Ah ja!«, sagte Olam. »Dieser Ring also ist nicht von deiner Welt. Ich habe ihn aus meiner Heimat mitgebracht, dem Blauen Planeten, auch Erde oder Terra genannt.«
    »Planet bedeutet, dass er eine Kugel ist?«
    »Als ich die Erde zuletzt besucht habe, war sie das noch, obwohl es manche gab, die sie für eine Scheibe hielten.«
    »Muss ich das verstehen?«
    »Nein, es lenkt nur vom Thema ab.« Diesmal zeigte Olam auf den Holzreif. »Was du da siehst, ist mitnichten ein magischer Gegenstand, der aus dummen Königen weise Herrscher macht. Man nennt ihn auch den Reif der Einheit , was seiner wahren Zweckbestimmung vielleicht sogar näher kommt. Mit seiner Hilfe kann man nämlich Dinge finden, die zusammengehören.«
    »Du meinst Sachen wie Topf und Deckel?«
    »Das wäre eine sehr profane Anwendung.«
    »Nur Dinge oder auch Lebewesen?«
    »Gegenstände, Pflanzen, Tiere und Menschen – einfach alles, das irgendwie miteinander verbunden ist.«
    Taramis’ Herz begann heftig zu schlagen. »Das heißt, mit seiner Hilfe ließen sich Shúria und Ari finden?«
    »Ohne jede Frage. Allerdings nur, sofern du den Reif auf dem Kopf trägst – er muss deinen Sinn behüten.«
    »Kein Problem.«
    »Nur, damit wir uns richtig verstehen, Taramis: Er verrät dir nichts darüber, wie es deinen Lieben geht. Sie könnten im Sterben liegen oder schon lange tot sein – und du würdest es nicht merken. Außerdem macht er dich nicht zum Übermenschen. Sollten deine Frau und dein Sohn in einem tiefen Kerker sitzen, so musst du sie trotzdem aus eigener Kraft daraus befreien.«
    »Das habe ich verstanden. Er verwandelt mich weder in einen Seher noch verleiht er mir Macht …«
    »Wissen ist Macht, Taramis.«
    »Schon klar. Dann wäre es vielleicht angebracht, mich zunächst davon zu überzeugen, ob es Shúria und Ari gut geht.«
    »Wie willst du das anstellen?«
    Taramis schmunzelte vergnügt. »Weiß da der Sohn etwa mehr als der Vater? Kennst du die Seelenbäume nicht?«
    »Ah! Jetzt begreife ich, woran du denkst. Für jedes vernunftbegabte Lebewesen Beriths wächst ein Baum im Garten der Seelen, nicht wahr? Niemand vermag zu sagen, wo sein Symbiont steht oder wie genau er aussieht. Geht es dem einen schlecht, dann auch dem anderen. Du willst die Bäume von Shúria und Ari also ausfindig machen, um dich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen, nicht wahr?«
    »So hatte ich mir das vorgestellt. Die Heilige Insel liegt auf dem Weg nach Komana. Es kostet mich kaum zusätzliche Zeit, mir Gewissheit zu verschaffen. Sollte es ihnen gut gehen, taktiere ich vorsichtig. Verlieren die Bäume Blätter oder Nadeln oder sehen irgendwie kränklich aus, werde ich notfalls ganz Peor einreißen, um sie zu befreien.«
    »Nimm dich in Acht, Taramis! Gao hat dir die Macht des Drachen aus einem bestimmten Grund verliehen. So, wie ich deinen Bericht verstanden habe, kannst du sie kaum beherrschen.«
    »Noch nicht.«
    »Willst du deine Familie töten oder retten?«
    Taramis schluckte. »Ich pass schon auf. Vielleicht zeigt mir der Reif einen verborgenen Weg …« Mit einem Mal stockte er und siedende Hitze stieg ihm in den Kopf. Gerade war ihm etwas Schreckliches eingefallen.
    »Geht es dir gut, Taramis?«
    »Ich habe ein Problem. Ein großes Problem. Ich soll ja den Erkenntnisreif Jagur geben, damit er ihn sofort seinem König bringt. Im Austausch überlässt er mir das Hemd der Unsterblichkeit.«
    Olams Miene verhärtete sich. »Bis eben war ich mir nicht

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