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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Orientierung verlieren. Endlich meinte er den richtigen Durchgang entdeckt zu haben. Zielstrebig lief er darauf zu.
    In dem Raum befand sich eine Bibliothek.
    Er kehrte mit seinem Kerzenschwarm in die Halle zurück. Vielleicht gleich daneben?
    Wieder Fehlanzeige. Das Zimmer enthielt offenbar Erinnerungsstücke von Reisen in fremde Welten. Lauter obskure Stücke, deren Verwendungszweck sich ihm nicht immer erschloss.
    Er versuchte es auf der anderen Seite der Bibliothek, wo sich dem Geruch nach ein Stall befand. Auf dem Boden lagen Pferdeäpfel und Stroh. Es hatte den Anschein, als sei der Reif der Einheit zwar ein gutes Mittel, um etwas zu finden, ließ sich selbst aber nur schwer aufspüren.
    Nach zwei weiteren Fehlversuchen fand Taramis schließlich doch noch das Gemach mit der flachen Säule und dem hölzernen Ring. Ehrfürchtig griff er danach.
    Das samtige, in sich gedrehte Holz fühlte sich warm an. Lebendig. Was würde ihm der Reif wohl über Shúria und Ari verraten? Spontan drückte er ihn sich aufs Haupt.
    Im nächsten Augenblick überkam Taramis ein heftiger Schwindel. Um nicht umzufallen, stützte er sich rasch auf den Sockel und hielt sich mit der anderen Hand am Stab fest. Vor seinen Augen tanzten lichte Schemen, die so verschwommen waren, dass er nicht das Geringste zu erkennen vermochte. Nach kurzer Zeit verschwand das Schwindelgefühl und auch das Gewaber verblasste.
    Das war alles?, fragte er sich enttäuscht. Vielleicht musste er noch stärker an seine Familie denken, damit der Reif seinen »Sinn behüten« konnte, wie Olam sich ausgedrückt hatte.
    Er schloss die Augen, stellte sich Shúrias schönes Gesicht vor und daneben das seines Sohnes. Mit einem Mal schienen sich ihre Bilder aus seinem Bewusstsein zu lösen. Sie entschwebten gleichsam seinem Kopf, wurden dabei immer schneller und verwandelten sich schließlich in zwei leuchtende Bänder. Eines war hellorange und das andere dunkler: die Farben der Augen seiner Lieben. In weiter Ferne versponnen sich beide Fäden zu einer Schnur aus Licht.
    Im ersten Moment wusste Taramis nicht, was er damit anfangen sollte. Als er sich jedoch drehte, machte er eine erstaunliche Entdeckung. Die Lage des Leuchtbandes blieb unverändert. Er brauchte dieser sanft geschwungenen Linie nur folgen – so wie einer seiner funkelnden Fährten – und sie würde ihn zu seiner Familie führen.
    Außerdem stellte er überrascht fest, dass die Leuchtspur nicht verschwand, als er die Augen öffnete. Sie schwächte sich nur etwas ab, weil er nun wieder die Säule und den brummenden Käferschwarm wahrnahm. Erst als er seine Gedanken auf Allon richtete, veränderten sich Farbe und Ausrichtung des Bandes. Es glomm nun goldgelb und wand sich in weitem Bogen, wie er vermutete, in den nahen Wald hinein.
    Taramis trat kurz entschlossen durch die Vogelwand an der hinteren Stirnseite des Zimmers und folgte der lichten Spur. Über ihm funkelten die Gestirne klarer denn je. Die Mondsichel glaubte er fast greifen zu können. Als er den Waldsaum erreichte, überkam ihn ein Gefühl der Unruhe. Er drehte sich um.
    Vor dem Haus der Sterne stand der Äonenschläfer, das Haupt von einem großen Leuchtkäferschwarm umstrahlt. Sein Arm bewegte sich. Drohte er dem Dieb?
    Er winkt dir zu, du Narr, sagte eine Stimme in Taramis’ Kopf. Sein Herz verkrampfte sich. »Es tut mir leid, Vater. Ich kann nicht anders«, rief er zum Sternenhaus hinüber.
    »Das weiß ich, mein Sohn«, antwortete Olam. »Jetzt sind wir quitt.«
    Taramis wandte sich dem Wald zu und folgte im Laufschritt dem leuchtenden Band.
    Wie eine gigantische Wand, deren ungeheure Dimensionen sich dem Auge entzogen, breitete sich die Aura von Berith vor ihm aus. Sie zu verfehlen war schlichtweg unmöglich. Daher gestaltete sich Taramis’ Rückkehr in die Scherbenwelt weit unproblematischer als der Ausflug zum Sternenhaus. Er schwang sich auf den Schwingen seines schwarzen Hengstes in den Himmel der Paradiesinsel empor, durchpfeilte die Lufthülle und ließ sich einfach treiben.
    Auf dem Weg durch die kalte Leere von Belimáh plagte ihn das Gewissen. Hatte er wirklich das Richtige getan? Vielleicht würde er seinen Vater niemals wiedersehen. In Olams Erinnerung bliebe er damit für immer ein Dieb …
    Andererseits wollte Taramis der Versprecher des Uralten nicht mehr aus dem Sinn gehen. Leb wohl, hatte er gesagt, anstatt ihm eine gute Nacht zu wünschen. Wusste er schon zu diesem Zeitpunkt, worauf die Sache hinauslaufen musste? Hatte

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