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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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einmal sicher, ob ich dir den Reif überantworten soll. Ich habe mich dazu durchgerungen, weil ich glaube, dass dein persönliches Schicksal mit dem deiner Welt verbunden ist. Aber ich werde ihn dir nicht geben, sofern du ernsthaft erwägst, ihn einem Piratenanführer auszuhändigen, der damit wahrscheinlich nur größere Schätze zu erbeuten hofft.«
    »Bestimmt überlasse ich den Reif niemandem, solange Shúria und Ari nicht gerettet sind«, versprach Taramis. Das Gespräch nahm gerade eine Wendung, die ihn erschauern ließ.
    »Auch danach gehört er nicht in fremde Hände. Er ist ein heiliges Geschenk Gaos. Wenn ich ihn dir anvertrauen soll, musst du schwören, über ihn zu wachen, so wie ich es getan habe.«
    Er biss die Zähne aufeinander, merkte er doch, dass der Äonenschläfer in diesem Punkt nicht nachgeben würde. Aber wie konnte Taramis ihm gegenüber Zugeständnisse machen? Es ging schließlich um das Leben von Shúria und Ari! Trotzdem wollte er diesen Mann nicht genauso belügen, wie er sich von ihm um den Vater betrogen fühlte. Er schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich.«
    »Dann tut es mir leid«, beharrte Olam. »In diesem Fall ist es auch mir unmöglich, dir den Reif zu geben.«
    An den gelblich flimmernden Leuchtkäferschwarm über dem Esstisch hatte sich Taramis schnell gewöhnt. Er sorgte im Verlauf des etwa dreistündigen Nachtmahls für ausreichend Licht. Draußen war die Sonne längst hinter der großen Sphäre Beriths verschwunden.
    Der Sohn schlug sich den Bauch nur voll, damit der Vater ihn nicht wegschickte. Die Unterhaltung während des Essens gestaltete sich anstrengend. Alles, was Taramis erzählte, kam ihm falsch vor, weil es nur einem hinterhältigen Plan diente. Dabei sagte er lediglich die Wahrheit über sich, seine Kindheit auf Jâr’en, die Jahre mit Shúria, seine Sorgen im Hinblick auf die Zukunft der Welt …
    »Ich bin müde«, bemerkte er schließlich. »Darf ich im Haus der Sterne schlafen oder muss ich die Nacht im Wald verbringen?«
    »Immer noch so zornig?«, entgegnete Olam leise. Er wirkte bedrückt, auf seine verhaltene, beherrschte Weise. Offensichtlich plagte ihn das Schuldgefühl, seinen Sohn abermals im Stich zu lassen. Gleichwohl war er in Bezug auf den Reif der Einheit hart geblieben. »Natürlich kannst du bei mir übernachten, Taramis. Komm, ich zeige dir dein Lager.«
    Begleitet vom Leuchtkäferschwarm führte der Äonenschläfer den Besucher in die Rundhalle und von dort in eines der Gemächer, die sich ihr sternförmig anschlossen. Wie in allen Räumen des Gebäudes beschränkte sich auch hier die Einrichtung auf das absolute Mindestmaß: Es gab ein Bett.
    »Ich hoffe, das Schwirren der Vögel lässt dich schlafen. Deine Mutter hatte mehrere Nächte gebraucht, sich daran zu gewöhnen.«
    »Danke. Ich bin unter Kriegern aufgewachsen. Da ist man gewohnt, mit schwierigen Umständen zurechtzukommen.«
    »Da bin ich mir sicher. Dann leb wohl, Taramis.«
    »Wie …?«
    »Ich wollte sagen, schlaf gut.« Olam nickte ihm mit einem traurigen Lächeln zu, drehte sich um und verließ den Raum.
    Leb wohl? Taramis fragte sich, ob das wirklich nur ein zufälliger Versprecher gewesen war. Oder hatte sein Vater den Braten gerochen?
    Weil es auch hier keine Tür gab und Olam ihn möglicherweise aus der Halle sehen konnte, legte sich Taramis rücklings auf das große Bett. Die Unterlage war angenehm fest, das weiße Laken aus Wildseide kühl. Auf die Steppdecke verzichtete er, um am Ende nicht doch noch wegzudämmern.
    Er wartete, bis ihm sein Zeitgefühl sagte, dass es weit nach Mitternacht sein müsse. Im Sternenhaus herrschte Stille, abgesehen von dem nie endenden Schwirren Abertausender kleiner Flügel. Vorsichtig erhob er sich, nahm den Stab Ez und schlich in die Rotunde.
    In der großen Rundhalle war es nicht völlig dunkel, weil nach wie vor etliche Fliegende Kerzen herumschwirrten – so hatte sein Vater die gelben Leuchtkäfer genannt. Der Alabastersockel in der Mitte war leer. Vermutlich stand Olam für den normalen Nachtschlaf ein bequemeres Lager zur Verfügung.
    Die glimmenden Käfer sahen ihren Daseinszweck offenbar darin, Menschen keinesfalls im Finstern tappen zu lassen, denn einige hatten nichts Besseres zu tun, als sich über Taramis’ Kopf zu versammeln. Na wunderbar!, dachte er. Wenigstens hielt sich das Brummen der Insekten in Grenzen.
    Langsam drehte er sich um die eigene Achse. In welchem Gemach ist der Reif? Man konnte in dem Stern schnell die

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