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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zugleich bunteste Gruppe bildeten die gewöhnlichen Konkubinen, die gelegentlich auch an verdiente Untertanen oder wichtige Staatsgäste ausgeliehen wurden. Insgesamt teilte Og sein Bett mit tausend Frauen. Shúria fragte sich, wie der fette Monarch so ein Pensum bewältigen mochte. Immerhin, er war noch jung.
    Aufgrund ihrer unvergleichlichen Schönheit und besonderen Herkunft genoss sie einen Sonderstatus. Ihr Rang war dem einer Hetäre erster Klasse gleichgesetzt. Og gestand ihr sogar eine persönliche Leibdienerin zu. Ohne Zögern hatte sie sich für Siath entschieden, und so waren die beiden nach der Verlegung aus dem Haus der Bräute Dagons zusammengeblieben.
    Dieser religiösen Einrichtung gegenüber bot der königliche Harem zwar noch mancherlei andere Vorzüge, dennoch blieb er ein goldener Käfig. Nur eine verschwindend geringe Zahl von Gespielinnen des Monarchen befand sich freiwillig hier. Da erstaunte es kaum, dass Ari auch unter den säkularen Hetären schnell viele Freundinnen fand. Nach nur drei Tagen hatte er die meisten um den Finger gewickelt.
    Die Gardisten geleiteten Shúria auf einen breiten, von Laubbäumen gesäumten Weg. Früher sei Lebesi des Öfteren in der Allee gelustwandelt, hatte der für sie zuständige Abteilungseunuch bei der Einweisung erklärt.
    Sie wankte. Das gehörte nur bedingt zu ihrer Rolle. Shúria fürchtete, es mit den giftigen Kräutern diesmal übertrieben zu haben. Der Schwindelanfall wollte gar kein Ende nehmen …
    Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrem Ellbogen. »Geht es Euch gut?«, fragte der junge Lockenkopf.
    Sie brachte ein Lächeln zustande und spielte das Dummchen. »Irgendwas ist mit mir. Ich weiß nur nicht … was.«
    »Sicher nur die Aufregung. Wie ich hörte, ist es Eure erste Nacht mit dem König.«
    Shúria senkte den Blick und nickte scheu. Sie hatte das Gefühl, wie ein Stück Kohle zu glühen.
    Vom Meer aus betrachtet glich der Palast von Peor einem großen Wagenrad: Die vier Speichen waren Gebäudeflügel, die Felgen ein umlaufender Baumring. Im Gegensatz zu seiner Mutter, die der schönen Aussicht den Vorzug gegeben hatte, befand sich Ogs Schlafgemach zu ebener Erde. So brauchte er seinen massigen Leib nicht über Treppenstufen zu wälzen.
    Die Hetäreneskorte verließ die Allee und führte ihre Schutzbefohlene auf das elfenbeinfarbene Gebäude zu. Zwei Ständer mit Feuerbecken beleuchteten die Fassade und ließen eine Reihe von verglasten Türen erkennen. Davor lag ein Ziergarten mit Blumen und großen Töpfen, in denen Orangen-, Zitronen- und Bruminenbäumchen wuchsen.
    Die romantische Beschaulichkeit der Szenerie brachte Shúrias Herz auf Trab. Sie wusste Og nicht richtig einzuschätzen. Die seltsame Szene im Hochzeitshaus war ihr noch lebhaft in Erinnerung. In einem Moment hatte er die Lage souverän beherrscht und gleich darauf schien es so, als habe Eglon Gewalt über ihn. Ihr war, abgesehen von der unvorteilhaften Kleidung, vor allem seine Überheblichkeit aufgefallen. Im Haus der Hetären erzählte man sich, er sei ein grauenvoller Liebhaber. Manchen Gespielinnen gegenüber benehme er sich wie ein übersättigtes Kind: Schon nach der ersten Nacht werfe er sie in den Ofen.
    Vor dem Schlafgemach übergab die Eskorte Shúria an eine Dienerin. Sie trug ein schlichtes, langes graublaues Kleid, das mit seinem goldenen Seidengürtel ihre weibliche Figur betonte, ohne dabei aufreizend zu wirken. Im Gegensatz zu dem Lächeln der Brautjungfern im Hochzeitshaus wirkte das dieser jungen Frau ganz ungeheuchelt. Auch ihre sonstige Erscheinung machte einen angenehm natürlichen Eindruck. Sie hatte rote Locken, Sommersprossen um die Stupsnase herum und smaragdgrüne Augen.
    »Ich bin Selvya«, stellte sich die hübsche Dienerin mit rauchiger Stimme vor. Sie war ungefähr drei Fingerbreit größer als Shúria, im selben Alter wie sie und fast so schlank. Mit einer anmutigen Geste wies sie zu der offenen Terrassentür, hinter der das Schlafgemach des Königs lag. »Bitte folgt mir.«
    »Ihr seid so anders …« Shúria wusste nicht recht, wie sie ihre Empfindungen in unverfängliche Worte fassen sollte.
    »Ihr meint, anders als die sogenannten Brautjungfern?«, fragte Selvya und verdrehte dabei ihre ausdrucksstarken Augen. Behutsam schloss sie die Tür zum Garten. »Das hoffe ich doch! Mir ist dieser Kult zuwider.«
    Das Schlafzimmer ließ es an Prunk nicht vermissen. Ein Baldachin aus Goldbrokat überdachte das viereckige Bett. Auch in dem weinroten

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