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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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eine bizarre Situation! Mit einem Mal musste er das Drachenfeuer bändigen und nicht das Krodo. Wenn es jetzt aus ihm hervorbrach, würde es das Tier töten.
    Der Koloss sackte unvermittelt nach unten. Wollte er abtauchen, um den lästigen Reiter in die Tiefe zu ziehen? Taramis ließ sich davon nicht beeindrucken. Mit seinen Kiemen konnte er länger tauchen als das Reptil. Er lenkte weiter die mühsam gezügelte Kraft seines Geistes in den des Krodos.
    Das Wasser stieg ihm bis zum Hals hoch. Dann beruhigte sich das Tier mit einem Mal. Langsam tauchte es wieder auf. Aus seinem schlichten Bewusstsein strömte eine Stimmung durch den Feuerstab in den Sinn des Reiters. Verzeih! , schien das Krodo zu sagen. Aber ich musste erst herausfinden, wer von uns zweien der Stärkere ist.
    Der kleine weiße Hund hatte seine Vorderbeine in den Boden gestemmt und kläffte das Ungetüm todesmutig an. Einige Schritte dahinter stand sein sprachloser Herr, ein Fischer aus Ketira, und verstand die Welt nicht mehr. Da rauschte ein Krodo heran, auf dessen Rücken sieben Menschen auf einem langen Teppich saßen!
    Mit aufgerissenem Rachen glitt das Riesenreptil ans grasbewachsene Ufer. Der Gigant trieb eine schäumende Welle vor sich her, die den Vierbeiner seinem Herrn förmlich in die ausgebreiteten Arme schwemmte. Der Hund bellte unverdrossen weiter. Es schien ihm nicht in den Sinn zu kommen, dass er um ein Haar im Maul des Ungetüms gelandet wäre.
    Die Krodoreiter sprangen vom Rücken des Tieres. Im Vergleich zu den vorwiegend zierlichen Bewohnern von Samo waren sie alle riesig. Die einzige Ausnahme bildete ein Zwerg mit weißem Vollbart und Knollennase, der den Teppich zusammenrollte. An der Seite eines Hünen, der einen langen Stab trug, verließ er als Letzter das ungewöhnliche Transportmittel.
    Unter den Ankömmlingen befanden sich auch zwei Frauen, eine schöner als die andere. Sie lächelten den verblüfften Samoi und seinen Vierbeiner freundlich an. Die Blonde – auf ihrer Schulter saß ein Greifvogel – deutete auf das Netz, das er gerade geflickt hatte.
    »Du bist Fischer?«
    Er nickte scheu und hielt seinem Hund die Schnauze zu, damit endlich Ruhe einkehrte. Die Fremden kamen ihm vor, als seien sie nicht von dieser Welt. Wann hatte man je Menschen gesehen, die auf einem Krodo ritten?
    »Ich beneide dich«, sagte die Schöne mit dem Greif. »Du kannst im Einklang mit der Natur leben. Als Ganesin weiß ich das zu schätzen. Möge Gao dir stets gefüllte Netze schenken.«
    »D-danke«, stammelte der Fischer.
    »Sind wir hier richtig? Wir suchen die wandernde Stadt.«
    Er deutete hinter sich. »Heute früh lag sie noch auf der anderen Seite dieses Grashügels da.«
    »Kennt ihr zufällig einen Mann namens Marnas, der dort lebt?«
    »Ich wüsste keinen in Ketira, der ihn nicht kennt. Ihr findet ihn und seinen Diener in dem schmalen Haus am Marktplatz.«
    »Danke, ehrenwerter Freund. Dann wollen wir dich nicht länger von der Arbeit abhalten. Wir lassen dir unser Reittier da, bis wir zurückkommen. Ich hoffe, es stört dich nicht.«
    Verdattert schüttelte er den Kopf.
    Die Schöne schenkte ihm zum Abschied ein Lächeln. Ihre Begleiter nickten ihm nur stumm zu. Zuletzt kam der Zwerg vorbei und richtete das Ende des zusammengerollten Teppichs drohend auf den knurrenden Hund. »Den Kläffer solltest du besser festbinden. Unser Krodo hat noch nicht gefrühstückt.«
    Am Stadttor von Ketira, einem Gitter aus dicken, bambusartigen Schilfrohren, schlief nur ein einziger Posten. Er lehnte mit dem Rücken an der Pforte und schnarchte vernehmlich. Seine wichtigste Aufgabe bestand offenbar darin, die Tür am Zufallen zu hindern. Ohne den Mann zu wecken, betraten Taramis und seine Gefährten die wandernde Stadt.
    Vom Charakter her war diese eher ein großes Dorf. Daran änderte auch die etwa zwanzig Fuß hohe Stadtmauer aus Lehm und Schilf nichts. Wahrscheinlich hielt man damit Krodos und andere Störenfriede aus den Sümpfen fern. Eine richtige Armee mit Belagerungsmaschinen, Rammböcken und Sturmleitern hätte die Barriere bestenfalls aus dem Tritt bringen können. Immerhin war sie wohl elastisch genug, um die Wanderungen der Hauptstadt von Samo unbeschadet zu überstehen.
    Innerhalb des Schutzwalls beherrschten grüne Sumpfwiesen und reetgedeckte Hütten das Ortsbild. Offensichtlich hatte man zur Errichtung der Häuser das gleiche Material wie beim Bau der Stadtmauer benutzt: Schilf, Lehm und Holz. Es gab so gut wie keine Straßen, an

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