Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung
von mir tötet?«
Taramis blickte zu dem Leibwächter auf. »Dieser Krieger ist …?«
»Mein eigen Fleisch und Blut, so wie Sakim, der von Eurer Hand starb. Würde ich Euch Timur als Führer vorschlagen, wenn ich einen Hinterhalt gegen Euch plante?«
Der Zeridianer zögerte immer noch. »Ich traue Euch nicht, Bahadur. Warum machen wir es nicht anders? Euer Sohn schwallt zu dieser Insel der gebrochenen Flügel und bringt Shúria zu mir. Solange behalte ich Euch als Geisel.«
»Falls Ihr Gaal und seinem Gefolge über den Weg laufen wollt, könnt Ihr gerne hier bei mir warten.«
»Gaal?«, stieß Taramis hervor.
»Tut nicht so überrascht. Auf dem Weg hierher wird Euch kaum entgangen sein, dass wir zum Krieg rüsten. Ich erwarte stündlich den König von Dagonis und seine Flotte.«
Mit stillem Vergnügen registrierte Bahadur den inneren Aufruhr des Zeridianers. Es war allgemein bekannt, dass Taramis seinen Erzfeind töten oder zumindest fangen wollte.
»Wir rechnen ein andermal mit ihm ab«, sagte Marnas. Der alte Recke hatte schon immer ein sicheres Gespür für den richtigen Zeitpunkt gehabt.
»Also gut«, lenkte Taramis ein. »Euer Sohn bringt uns zur Insel der gebrochenen Flügel.«
Als Timur die Zeridianer und den Zwerg aus dem Zelt geführt hatte, winkte der Khan den hageren Kubilay zu sich heran.
Der Leibwächter verneigte sich tief. »Mein Herr Bahadur.«
»Du hast alles mit angehört und wirst dir deinen Reim darauf machen.«
»Diese Männer haben unser Recht missbraucht, Herr.«
»Du sagst es. Und sie haben das Heerlager gesehen. Sorge dafür, dass sie die Sklaveninsel nicht mehr verlassen.«
»Aber Euer Sohn …«
»Ich frage mich, ob sein Herz noch ungeteilt für mich schlägt. Das Verhalten gegenüber Taramis soll seine Feuerprobe sein. Wenn Timur nicht mutig für mich kämpft, musst du ihn töten.«
29. Das Geschenk
G aal schritt erhobenen Hauptes und ohne Eile durch das Hauptlager der Kesalonier. Er wollte nicht den Eindruck eines Bittstellers vermitteln, ein Anspruch, den er mit seinem Gefolge eindrucksvoll unterstrich. Die dreihundertsechsundneunzig auserlesenen Kämpfer waren ungewöhnlich hagere und zugleich ungemein zähe Antische. Die ältesten und bestausgebildetsten ihrer Art. Mit ihren Hiebschwertern vermochten sie selbst dicke Schilde zu durchbrechen. Jeder einzelne Krieger besaß überdies ein Paar großer Fledermausflügel.
Auf dem Weg zum Zelt des Khans machten die Drachenleute dem Tross respektvoll Platz. Kinder begannen zu weinen. Pferde scheuten. Die Tiere spürten wohl am ehesten, dass da eine Naturgewalt vorüberzog. Etliche der Geflügelten waren Blitzfänger: Sie konnten die Kraft von Blitzen auffangen und damit jeden töten, der ihnen zu nahe kam.
Bahadur erwartete die Abordnung vor seiner Jurte. Ihn umgab ein wilder Haufen von Kriegern. Offenbar hatte er die Männer eilig zusammengerufen, um im Vergleich zu seinem Verbündeten nicht allzu unbedeutend zu erscheinen. »Seid willkommen in meinem Zelt«, begrüßte er den hohen Gast. Seine unbewegte Miene ließ nicht erkennen, ob er es auch so meinte.
»Danke«, antwortete Gaal und zwang sich zu einem Lächeln. »Es freut mich, dass unser Treffen erstmals hier stattfindet. Das Versteckspiel hat ein Ende. Eure Leute sehen endlich, dass im Kampf um Kesaloniens ruhmreiche Zukunft starke Bündnispartner an ihrer Seite stehen. Was machen die Vorbereitungen, Bahadur?«
»Warum besprechen wir das nicht in meinem Zelt bei einer kleinen Stärkung? Meine Frauen haben ein paar Kleinigkeiten vorbereitet.«
»Gerne«, sagte Gaal. Eigentlich hatte er keinen Hunger, wusste aber, wie wichtig den Drachenleuten ihre Gastfreundschaft war.
Beim Betreten der Jurte musste er den Kopf einziehen. Auch mit nur einem Auge fiel ihm sofort auf, dass an der gegenüberliegenden Wand ein großer Riss klaffte, der notdürftig geflickt worden war. Er ließ sich einen Platz gegenüber einem Teppichhügel zuweisen, der es dem Khan ermöglichte, sich mit ihm auf Augenhöhe zu unterhalten. Um sie herum stellten sich zwei Dutzend geflügelte Leibwächter auf, ausnahmslos Blitzfänger. Bahadur beanspruchte für sich ebenso viele Drachenmänner.
Nachdem die beiden Feldherren sich gesetzt hatten, grinste der Nomadenführer übers ganze Gesicht. »Ich habe eine Überraschung für Euch, Hoheit. Ein kleines Geschenk.« Er klatschte in die Hände.
»Das ist sehr freundlich von Euch«, erwiderte Gaal und hoffte, dass es kein Pferd war. Antische hatten
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