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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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der Turm einstürzen.
    Nach einem bangen Moment kam er wieder zur Ruhe. Vorerst.
    Plötzlich hörte Taramis ein Husten.
    »Jagur?« Er streckte den Kopf durch die geöffnete Dachluke. In den dichten Staubschwaden erahnte er vage das Flackern der Fackeln, wo der Drachenwurm die Mauer durchbrochen hatte. Abermals vernahm er das Husten.
    »Bist du das, Jagur? Geht es dir gut?«
    »Ist mir schon mal besser gegangen«, krächzte dieser mürrisch.
    »Bist du verletzt?«
    »Ja, in meiner Ehre. Meine Lehi hat dem Flattermann fast die Flügel gestutzt. Da verwandelt er sich plötzlich in dieses Ungetüm und zerlegt das Turmzimmer – mit mir mittendrin.«
    »Warte, ich bin gleich bei dir.«
    »Das kannst du vergessen. Hier liegen überall Trümmer. Der Weg nach unten ist auch verschüttet.«
    »Dann komm zur Luke. Ich hole dich zu mir herauf.«
    »Du meinst, damit wir tiefer fallen, wenn der Turm umkippt«, brummte der Kirrie, tat aber wie ihm geheißen.
    Taramis benutzte die Gabe des Fernwirkens, um seinen Freund wie an einem unsichtbaren Seil aufs Dach zu hieven.
    »Danke«, knurrte Jagur. Er hängte seine Streitaxt in den Waffengurt, nahm den verbeulten Helm ab und pustete demonstrativ den Staub herunter. »Wenigstens hat sich die Rüstung mal als nützlich erwiesen.«
    »Du siehst aus wie frisch paniert. Sonst alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich fühle mich wie ein geprügelter Blindhund. Abgesehen davon fehlt mir nichts.« Der Kirrie deutete auf die Beine, die aus der eingestürzten Wachhütte ragten. »Ist das Gaal?«
    »Das hatte ich angenommen. Spätestens die einäugige Ätherschlange hat mich eines Besseren belehrt.«
    »Irrtum ausgeschlossen?«
    Taramis trat vor den Trümmerhaufen und lenkte seinen Willen in die Steine. Wie von Geisterhand rutschten sie auseinander und gaben den darunterliegenden Leichnam frei. »Er sieht dem König zum Verwechseln ähnlich, aber er ist es nicht.«
    »Und die Augenklappe?«
    »Damit hätte er mich fast getäuscht.« Taramis schob die Spitze des Feuerstabes unter das Halteband und streifte es dem Toten über den Kopf. Darunter kam ein unverletztes Auge zum Vorschein.
    »Was für ein Feigling!«, schnaubte Jagur. »Der König der Fischköpfe schickt für sich einen Doppelgänger in die Schlacht. Und wir gehen ihm auch noch auf den Leim.«
    »Er hat uns genarrt, so wie wir ihn getäuscht haben.«
    »Der Unterschied ist, dass wir im Recht sind und er im Unrecht. Dummerweise nutzt uns das nichts.«
    »Inwiefern?«
    »Mit einer Falle wie dieser hier kriegen wir ihn kein zweites Mal.«
    »Vielleicht ist das gar nicht nötig«, antwortete Taramis nachdenklich. »Weißt du, wovon ich geträumt habe, als ich in den Höhlen von Jâr’en verschüttet war?«
    »Mach’s nicht so spannend.«
    »Von einem schaurig schönen Weißblüter. Ich vermute, es lag daran, dass Gaal so häufig die Gestalt eines Zioraners annimmt.«
    »Weil er ein verfluchter Feigling ist.« Wütend stampfte Jagur auf.
    Der Turm begann erneut zu beben.
    »Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du deinen Ärger zügeln könntest, bis wir wieder festen Boden unter den Füßen haben«, sagte Taramis.
    »Wir bräuchten ein Seil. Dann …«
    »… fiele uns der Burgfried mit Sicherheit auf den Kopf. Bist du bereit für einen kleinen Rundflug?«
    »Ungern. Du kennst mich.«
    »Mach einfach die Augen zu.«
    Allein mit seinem Willen hob Taramis seinen Freund in die Höhe. Jagur verzog keine Miene, doch es war ihm anzusehen, wie sehr er das freie Schweben über dem Burghof verabscheute. Kurz darauf landete er sanft auf dem Wehrgang neben Pyron, Usa und Adomai.
    Nun machte sich Taramis selbst an die Überquerung des fünfzig Fuß breiten Abgrunds, indem er unter sich ein Polster aus purer Geisteskraft erschuf, das ihn auf die andere Seite trug. Auf halbem Wege zur Mauerkrone hörte er hinter sich ein Geräusch. Erschrocken drehte er sich um, und unwillkürlich sackte er ein Stück tiefer. Der Burgfried war erneut in Bewegung geraten. Das obere Ende neigte sich in Taramis’ Richtung.
    Hastig sammelte er seinen Willen und stieg wieder höher. Unterdessen geriet das Gebäude in eine immer gefährlichere Schieflage, bis die zerstörte Außenmauer das Ungleichgewicht nicht länger halten konnte. Ihm stockte der Atem. Der ganze Turm bewegte sich auf ihn zu, so als wolle er sich auf ihn stürzen. Für einen Moment erblickte er noch einmal die über das Dach rutschende Leiche von Gaals Doppelgänger. Dann brach das geschundene Bauwerk mit

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