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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Kanne Kaffee zu kochen. Während der Kaffee durch den Filter tropfte, setzte sich Gibb auf einen Küchenstuhl und legte die 30.06-Kaliber-Hirschflinte
quer über seinen Schoß. Er sah John an, der immer noch auf dem Boden saß.
    Â»Ich bin Gibb Burnwood. Wir sind uns noch nie begegnet, aber man hört in letzter Zeit so viel von Ihnen, daß ich das Gefühl habe, Sie schon ewig zu kennen. Sehr erfreut.«
    John starrte den Alten unbewegt an. Er konnte nicht wissen, daß Gibb seine Weigerung, die höfliche Begrüßung zu erwidern, als grobe Unverschämtheit empfand.
    Â»Offenbar sind Sie wenig erfreut, uns zu sehen«, meinte Kendalls Ex-Schwiegervater schmallippig. »Obwohl ich nicht recht verstehe, warum. Wir haben Sie im wahrsten Sinne vor meiner geistig verwirrten Schwiegertochter gerettet. Aber es spielt keine Rolle, ob Sie uns dafür danken oder nicht. Je feindseliger Sie sich verhalten, desto leichter wird es uns fallen, Sie zum gegebenen Zeitpunkt zu liquidieren.«
    Er schlug sich auf den Schenkel, als wäre diese wichtige Angelegenheit damit zu seiner Zufriedenheit geklärt. »Kendall, ist der Kaffee fertig?«
    Sein freundlicher Ton und sein höfliches Benehmen machten ihr weitaus mehr angst, als wenn er sich tobend und eifernd die Haare ausgerissen hätte. Mörder, die soviel Selbstbeherrschung zeigten, töteten meist ohne Gewissensbisse und Skrupel.
    Gibb wirkte vollkommen vernünftig, doch er hatte jede Verbindung zur Wirklichkeit verloren. Andere Mitglieder der Bruderschaft hatten ihren geistigen Überbau zu einer bizarren Rechtfertigung benötigt, um ihr Gewissen von den begangenen Morden und Verbrechen reinzuwaschen.
    Gibb dagegen glaubte an das, was er predigte, und zwar ohne Wenn und Aber. Er war seiner eigenen fanatischen Volksverhetzung zum Opfer gefallen, hielt sich für ein Wesen, das mit der übrigen menschlichen Rasse nichts mehr gemein hatte.
    Er war eine todbringende Gefahr.

    Kendall näherte sich ihm mit der dampfenden Kaffeetasse. Sie fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn sie den Kaffee über ihn verschüttete. Sicher würde er automatisch aufspringen. In diesem Augenblick konnte sie Kevin aus Matts Armen reißen, und John konnte sich auf Gibb stürzen. Sie warf John einen Blick zu. Er beobachtete sie genau und ahnte ihre Gedanken.
    Doch Gibb ahnte sie auch. Ohne auch nur den Kopf zu wenden oder sie anzusehen, warnte er: »Mach keine Dummheiten, Kendall.« Erst dann drehte er sich um und schaute sie an. »Du hast uns in jeder Hinsicht enttäuscht, nur in einer nicht – du bist verdammt gerissen. Zu gerissen sogar. Mit etwas weniger Neugier und Verstand wärst du wesentlich besser gefahren. Enttäusch mich jetzt nicht, indem du etwas Dummes versuchst. Weil ich ansonsten deinen Freund hier erschießen muß.«
    Â»Den kannst du ruhig erschießen.« Trotzig knallte sie den Kaffeebecher vor ihm auf den Tisch. »Er ist nicht mein Freund. Wenn ich eine Waffe gehabt hätte, hätte ich ihn selbst abgeknallt.«
    Sie musterte John voller Verachtung. »Er hat mich reingelegt, hatte bei dem Unfall sein Gedächtnis verloren; aber er hat mir nicht verraten, daß er seine Erinnerung längst wiedergefunden hat und die ganze Zeit versuchte, mir eine Falle zu stellen.«
    Johns Krücke war immer noch außer Reichweite, deshalb zog er sich an einem Stuhl vom Boden hoch.
    Â»Dad?« Matt trat vorsichtshalber einen Schritt auf John zu.
    Gibb hob die Hand. »Schon gut, Matt. Er ist wehrlos.«
    Erst jetzt meldete sich John zu Wort. »Genau, Burnwood. Ich bin wehrlos. Und das bin ich schon, seit sie mich entführt hat.« Er feixte. »Sie hat mich hierherverschleppt und mir was vorgespielt.«

    Er sah Matt an und fuhr reumütig fort: »Sie hat mir vorgemacht, ich wäre ihr Mann. Ich habe keine Ahnung, warum sie das getan hat, wo sie doch die Möglichkeit hatte, mich einfach sitzenzulassen und zu verduften.«
    Â»Sie wollte abwarten, bis die Polizei die Suche nach ihr einstellen und sich anderen Dingen zuwenden würde«, mutmaßte Gibb.
    Â»Wahrscheinlich war es so«, stimmte John zu. »Jedenfalls konnte ich keiner ihrer Geschichten widersprechen, weil ich mich an absolut gar nichts erinnerte. Und so nahm ich den Platz des Ehemanns ein. In jeder Beziehung.«
    Matt trat zornig einen Schritt vor, aber wieder hielt Gibb ihn mit einer Geste zurück.

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