Die Zeugin
Unanständiges oder Verbotenes getan habe.
Ich war auf dem Weg zum Frühstücken, und da stand sie rumsbums mitten auf der StraÃe, pudelnackt, und hat mit den Armen rumgefuchtelt. Ich hätte fast ân Herzanfall gekriegt. Dann ist sie einfach so in meinen Truck geklettert...«
»Verzeihung. Wer? «
»Die rothaarige Lady. Sie ist ân biÃchen pummelig. Und sie hat gesagt, Sie...«
Weiter kam er nicht, denn Pepperdyne war schon auf dem Weg zur Tür. »Ist sie verletzt?«
»Ja, Sir, aber ich habâ schon gesagt, ich warâs nicht.«
»Ich brauche einen Mantel. Oder eine Jacke. Irgendwas!«
Ein Beamter kam mit einer gelben Ãljacke angelaufen. Pepperdyne
schnappte sie ihm aus der Hand und rannte aus der Wachstube. Er hastete den Gang entlang, durch die Eingangstür, die Stufen hinunter und hielt erst an, als er vor dem ausgebleichten blauen Pick-up angekommen war, der an einer Parkuhr stand.
»Wieso haben Sie so lange gebraucht?« Fauchend stieà Ricki Sue die Beifahrertür auf und rià ihm die Ãljacke aus der Hand. »Diesen Idioten sind fast die Augen rausgefallen.« Sie sah verächtlich zu den Fenstern hinauf, hinter denen immer noch ein paar glotzende Gesichter klebten.
Pepperdyne folgte ihrem Blick. Seine unheilverheiÃende Miene lieà die Gesichter sofort verschwinden. Er drehte sich wieder zu Ricki Sue um; im Grunde konnte er den Männern keine Vorwürfe machen. Pudelnackt â wie der Bauer es ausgedrückt hatte â bot sie einen durchaus sehenswerten Anblick.
Doch sobald er seine automatisch männliche Reaktion auf so viel strotzendes Fleisch überwunden hatte, kehrte sein Berufsethos zurück. Er stellte mehrere Dinge zugleich fest. Ihre FüÃe und Beine waren schlammverkrustet. Sie hatte am ganzen Leib Kratzer und blaue Flecken, und ihre Frisur war keine mehr. Jetzt floà ihr das rote Haar über die nackten Schultern und vollen Brüste, die eine professionelle Distanz gewissermaÃen erschwerten. Ihr Hinterkopf war mit einer Masse verklebt, die wie getrocknetes Blut aussah.
»Sie brauchen einen Arzt«, stellte er fest.
»Das kann warten. Wir müssen uns unterhalten.«
»Aber Sie sind verletzt.«
»Und Sie, Pepperdyne, sind ein Genie«, verkündete sie sarkastisch. Ricki Sue breitete die Arme aus und bot ihm nochmals einen ungehinderten Blick auf ihren üppigen Körper. »Ich bin sowieso keine umwerfende Schönheit. Und so früh am Morgen auch meistens noch ziemlich auÃer Form. Aber ganz schlecht
sehe ich trotzdem nie aus. Natürlich bin ich verletzt, Sie Trottel«, schnauzte sie ihn an. »Die wollten mich umbringen.«
»Die Zwillinge?«
»Ihre Jungs haben also geplaudert.«
»Ja, das haben sie.«
»Macht Sie das an, andere Leute zu beschatten, Pepperdyne? Sind Sie ein verkappter Perverser?«
»Ich habe Sie zu Ihrem eigenen Schutz observieren lassen.«
»Das hat ja wohl nicht geklappt, wie?«
»Es hätte geklappt, wenn Sie nicht zwei Fremde in einer Bar aufgelesen hätten. Wie kann man als Frau heutzutage eigentlich so dumm sein?«
»Ich wuÃte doch nicht...« Plötzlich verflog ihre Angriffslust, ihr Gesicht verzog sich, und sie begann zu weinen. »Ich wuÃte doch nicht, daà sie mir was tun würden.«
Er fingerte verlegen in seiner Hosentasche herum und förderte ein verknittertes Taschentuch zutage. Sie nahm es. »Ist es sauber?«
»Keine Ahnung.«
Es schien ihr egal zu sein. Sie wischte sich die Augen trocken und schneuzte sich. Ohne zu weinen, aber immer noch eingeschüchtert, knabberte sie an ihrer Unterlippe. Pepperdyne fand ihren Mund ohne den grellen Lippenstift viel hübscher.
»Ich könnte tot sein«, flüsterte sie bebend. »Die haben allen Ernstes versucht, mich umzubringen.«
»Wer denn, Ricki Sue?«
»Henry und Luther. Mehr weià ich nicht.« Sie erzählte ihm von dem Motel, dem Alkohol. »Ich kam zu mir, als sie mich gerade aus dem Auto schleiften. Spätestens da hätte ich es merken müssen... aber ich war zu betrunken. Jedenfalls wateten wir in den Bach. Und plötzlich haut mir einer, ich glaube Luther, einen Knüppel auf den Kopf.
Dem zweiten Schlag konnte ich ausweichen. Ich habâ mein Bein um seine Wade geschlungen und ihn umgerissen. Sie haben nicht damit gerechnet, daà ich mich wehren würde. Und das war
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