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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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aufging.
    Blinzelnd riß er die Augen auf, bis er sie wieder erkennen konnte.
    Sie war zurückgekehrt. Aber nicht allein. Und nicht freiwillig.

44. Kapitel
    Man konnte die Uhr nach Elmo Carney stellen.
    Jeden Morgen stand er um vier Uhr dreißig auf, trank eine Tasse Kaffee und ging dann bei jedem Wetter, ob Hagel oder Hitzewelle, in den Stall, um seine paar Kühe zu melken. Um Punkt fünf Uhr fünfundfünfzig setzte er sich in seinen Pick-up und fuhr die zwei Meilen in den Ort, wo er im Café frühstückte, das ab sechs Uhr auf war.
    So verfuhr Elmo jeden Morgen von Montag bis Freitag, seit seine Frau gestorben war. Er haßte den Samstag, an dem das Café erst um sieben Uhr öffnete, und den Sonntag, an dem er nach dem Melken den Overall aus- und seinen Anzug mit Krawatte anziehen mußte, um in die Kirche zu gehen. Während der Andacht begann regelmäßig sein Magen zu knurren.
    Dieser Morgen begann genau wie alle anderen. Er melkte die Kühe und machte sich dann auf den Weg in den Ort, ohne auch nur im entferntesten zu ahnen, was ihn hinter der nächsten Kurve erwarten würde. Er träumte gerade von Waffeln und Würstchen, als vor seinem Kühlergrill eine Fata Morgana auftauchte.
    Sie erhob sich aus dem staubigen Gestrüpp längs des Straßengrabens, pflanzte sich mitten auf die Fahrbahn und winkte aufgeregt.
    Elmo sprang praktisch mit den Füßen auf Brems- und Kupplungspedal. Die Reifen suchten nach Halt, die alten Bremsen protestierten wie rheumatische Gelenke. Der Wagen schlitterte noch ein paar Meter und blieb kaum eine Handbreit vor dem Phantom stehen.

    Elmo begann das Herz im Hals zu schlagen, als die Erscheinung zur Beifahrerseite rannte und die Tür aufriß. »Gott sei Dank sind Sie gekommen, Mister.«
    Sie kletterte in die Kabine und knallte die Tür zu. »Ich warte schon seit Stunden«, schimpfte sie. »Hier draußen lebt wohl keine Laus. Und wo, zum Teufel, sind wir eigentlich? Ich wohne mein ganzes Leben in Sheridan, aber kann mich nicht erinnern, jemals in dieser Wildnis gewesen zu sein. Jedenfalls will ich nie wieder her, das steht fest!«
    Sie hielt inne, sah ihn an und deutete dann auf den Ganghebel. »Worauf warten Sie denn? Drück auf die Tube, Opi. Ich muß in die Stadt, und zwar p-r-o-n-t-o.«
    Elmo glotzte sie fassungslos an. Seine Hände schienen am Lenkrad festgeschweißt. Die Erscheinung bewegte sich und redete. Er konnte sie sogar riechen. Aber er konnte immer noch nicht glauben, daß sie aus Fleisch und Blut war.
    Â»Na toll«, stöhnte das Phantom verzweifelt. »Als hätte ich noch nicht genug durchgemacht. Jetzt halte ich auch noch einen Schwachkopf an. Was für eine Scheißwoche.«
    Sie wedelte mit der Hand vor Elmos glasigen Augen herum. »Juhu, Opi? Ist jemand daheim? Blinzeln Sie doch wenigstens. Tun Sie irgendwas. Was ist denn los? Haben Sie noch nie eine nackte Frau gesehen? Oder bloß keine Rothaarige?«
    Â 
    Pepperdyne wurde von Lärm im Revier geweckt. Eine Stunde zuvor hatte er vor Erschöpfung kapituliert und sich auf das Feldbett gelegt, das die Polizei von Sheridan in seinem Büro aufgestellt hatte.
    Er wollte sich eigentlich nur kurz ausruhen, weil er sowieso nicht damit rechnete, einschlafen zu können. Doch offenbar hatte er tief und fest geschlummert. Obwohl er abrupt aus dem Schlaf gerissen wurde, fühlte er sich erfrischt.

    Er setzte sich auf und hatte gerade die Füße auf den Boden gestellt, als ein Polizist in sein Büro rumpelte. »Mr. Pepperdyne, Sie sollten mal rauskommen.«
    Â»Was ist los? Hat man sie gefunden?«
    Â»Sie« hätte sich dabei auf eine ganze Reihe von Menschen beziehen können, doch Pepperdyne wurde nicht deutlicher, sondern folgte dem Beamten in die Wachstube, wo ein Polizist mit einem knochigen Bauern im Overall sprach, während die anderen diensthabenden Beamten sich vor dem Fenster drängelten, das auf den Rasen vor dem Gerichtsgebäude schaute.
    Â»Was, zum Teufel, ist hier los?«
    Sein Zornesausbruch ließ alle Anwesenden zusammenzukken, den Bauer eingeschlossen, der auf ihn zueilte und unterwürfig die Baseballkappe schwenkte.
    Â»Sind Sie Mr. Pepperdyne?«
    Â»Der bin ich. Und Sie?«
    Â»Elmo Carney heiße ich. Sie hat gesagt, ich soll reingehen und Mr. Pepperdyne holen. Niemanden sonst, hat sie gesagt. Aber ich schwöre beim Grab meiner seligen Frau, daß ich nichts

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