Die Zeugin
aufging.
Blinzelnd rià er die Augen auf, bis er sie wieder erkennen konnte.
Sie war zurückgekehrt. Aber nicht allein. Und nicht freiwillig.
44. Kapitel
Man konnte die Uhr nach Elmo Carney stellen.
Jeden Morgen stand er um vier Uhr dreiÃig auf, trank eine Tasse Kaffee und ging dann bei jedem Wetter, ob Hagel oder Hitzewelle, in den Stall, um seine paar Kühe zu melken. Um Punkt fünf Uhr fünfundfünfzig setzte er sich in seinen Pick-up und fuhr die zwei Meilen in den Ort, wo er im Café frühstückte, das ab sechs Uhr auf war.
So verfuhr Elmo jeden Morgen von Montag bis Freitag, seit seine Frau gestorben war. Er haÃte den Samstag, an dem das Café erst um sieben Uhr öffnete, und den Sonntag, an dem er nach dem Melken den Overall aus- und seinen Anzug mit Krawatte anziehen muÃte, um in die Kirche zu gehen. Während der Andacht begann regelmäÃig sein Magen zu knurren.
Dieser Morgen begann genau wie alle anderen. Er melkte die Kühe und machte sich dann auf den Weg in den Ort, ohne auch nur im entferntesten zu ahnen, was ihn hinter der nächsten Kurve erwarten würde. Er träumte gerade von Waffeln und Würstchen, als vor seinem Kühlergrill eine Fata Morgana auftauchte.
Sie erhob sich aus dem staubigen Gestrüpp längs des StraÃengrabens, pflanzte sich mitten auf die Fahrbahn und winkte aufgeregt.
Elmo sprang praktisch mit den FüÃen auf Brems- und Kupplungspedal. Die Reifen suchten nach Halt, die alten Bremsen protestierten wie rheumatische Gelenke. Der Wagen schlitterte noch ein paar Meter und blieb kaum eine Handbreit vor dem Phantom stehen.
Elmo begann das Herz im Hals zu schlagen, als die Erscheinung zur Beifahrerseite rannte und die Tür aufriÃ. »Gott sei Dank sind Sie gekommen, Mister.«
Sie kletterte in die Kabine und knallte die Tür zu. »Ich warte schon seit Stunden«, schimpfte sie. »Hier drauÃen lebt wohl keine Laus. Und wo, zum Teufel, sind wir eigentlich? Ich wohne mein ganzes Leben in Sheridan, aber kann mich nicht erinnern, jemals in dieser Wildnis gewesen zu sein. Jedenfalls will ich nie wieder her, das steht fest!«
Sie hielt inne, sah ihn an und deutete dann auf den Ganghebel. »Worauf warten Sie denn? Drück auf die Tube, Opi. Ich muà in die Stadt, und zwar p-r-o-n-t-o.«
Elmo glotzte sie fassungslos an. Seine Hände schienen am Lenkrad festgeschweiÃt. Die Erscheinung bewegte sich und redete. Er konnte sie sogar riechen. Aber er konnte immer noch nicht glauben, daà sie aus Fleisch und Blut war.
»Na toll«, stöhnte das Phantom verzweifelt. »Als hätte ich noch nicht genug durchgemacht. Jetzt halte ich auch noch einen Schwachkopf an. Was für eine ScheiÃwoche.«
Sie wedelte mit der Hand vor Elmos glasigen Augen herum. »Juhu, Opi? Ist jemand daheim? Blinzeln Sie doch wenigstens. Tun Sie irgendwas. Was ist denn los? Haben Sie noch nie eine nackte Frau gesehen? Oder bloà keine Rothaarige?«
Â
Pepperdyne wurde von Lärm im Revier geweckt. Eine Stunde zuvor hatte er vor Erschöpfung kapituliert und sich auf das Feldbett gelegt, das die Polizei von Sheridan in seinem Büro aufgestellt hatte.
Er wollte sich eigentlich nur kurz ausruhen, weil er sowieso nicht damit rechnete, einschlafen zu können. Doch offenbar hatte er tief und fest geschlummert. Obwohl er abrupt aus dem Schlaf gerissen wurde, fühlte er sich erfrischt.
Er setzte sich auf und hatte gerade die FüÃe auf den Boden gestellt, als ein Polizist in sein Büro rumpelte. »Mr. Pepperdyne, Sie sollten mal rauskommen.«
»Was ist los? Hat man sie gefunden?«
»Sie« hätte sich dabei auf eine ganze Reihe von Menschen beziehen können, doch Pepperdyne wurde nicht deutlicher, sondern folgte dem Beamten in die Wachstube, wo ein Polizist mit einem knochigen Bauern im Overall sprach, während die anderen diensthabenden Beamten sich vor dem Fenster drängelten, das auf den Rasen vor dem Gerichtsgebäude schaute.
»Was, zum Teufel, ist hier los?«
Sein Zornesausbruch lieà alle Anwesenden zusammenzukken, den Bauer eingeschlossen, der auf ihn zueilte und unterwürfig die Baseballkappe schwenkte.
»Sind Sie Mr. Pepperdyne?«
»Der bin ich. Und Sie?«
»Elmo Carney heiÃe ich. Sie hat gesagt, ich soll reingehen und Mr. Pepperdyne holen. Niemanden sonst, hat sie gesagt. Aber ich schwöre beim Grab meiner seligen Frau, daà ich nichts
Weitere Kostenlose Bücher